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  • unbekannter Benutzer

mehr als 1000 Beiträge seit 18.03.2009

Sparen ja, aber an den richtigen Stellen

> Im Zuge der Finanzkrise haben die Regierungen nahezu aller Staaten sehr tief
> in die Taschen gegriffen, um Finanzsystem und Realwirtschaft vor dem sicheren
> Kollaps zu retten.

Da muss man sehr, sehr vorsichtig sein. Es stellt sich die Frage,
welcher Kollaps gemeint ist - und wie sicher er überhaupt ist. Es ist
ja nicht so, dass es ein homogenes Finanzsystem gibt. Da sollte man
endlich anfangen zu differenzieren: Es gibt Banken, die haben mit den
Einlagen solide gewirtschaftet, sind ihrer originären Aufgabe als
Kreditgeber nachgekommen und haben die Finger von Geschäften
gelassen, die ihnen vielleicht hohe Renditen versprochen haben, aber
mit einem viel zu hohen Risiko belastet waren. Und dann gab und gibt
es Banken, die der Zockerei anheim gefallen sind. SIE haben jetzt ein
Problem. SIE stehen vor dem Kollaps. Ob damit das gesamte
Finanzsystem den Bach runter geht, ist keineswegs sicher. Wer keine
Dreckspapiere in seinen Bilanzen hat und solide Geschäfte finanziert,
braucht sich keine Sorgen zu machen. Erstmal.

Noch eine Differenzierung: Es macht hier den Eindruck, als hätten die
Regierungen nahezu aller Staaten in die EIGENEN Taschen gegriffen.
Das Gegenteil ist der Fall: Sie sind abhängig von den Banken, die
gezockt und nicht gewirtschaftet haben - und haben nun in schamloser
Weise den Leuten und Unternehmen in die Taschen gegriffen, die solide
wirtschaften. Es ist eine erzwungene Verschuldung, die der
Realwirtschaft die Luft abdrehen könnte, nur um die Verluste der
Zockereien in Grenzen zu halten. Vor dem sicheren Kollaps gerettet
werden sollen die, die zuvor schon Unmengen Gelder in den Casinos
dieser Welt verspielt haben - mit der Gefahr des Kollapses aller
anderen.

> Heute sind die OECD-Staaten mit 43 Billionen US$ verschuldet, was fast dem
> Bruttoinlandsprodukt der gesamten Welt entspricht. Allein die Eurozone hat
> 7,7 Billionen US$ Verbindlichkeiten und täglich werden es mehr. Das 
> Staatsdefizit der Eurozonenländer hat sich seit 2007 versiebenfacht, allein
> 2009 und 2010 werden die Staatsschulden um rund 1,3 Billionen Euro steigen –
> mehr als die Hälfte des deutschen Bruttoinlandsprodukts.

Bei wem sind sie denn verschuldet? Wo tauchen die Forderungen (denn
nichts anderes sind sie auf der Gegenseite) denn auf? In wessen
Bilanzen fallen sie positiv ins Gewicht? Man ahnt es schon: Bei den
Zockern!!! In den letzten Monaten hat es eine gigantische
Umverteilung von Geldern vom öffentlichen Sektor in den privaten
gegeben. Wir haben Personen in den Regierungen, die unsere Staaten
wehrlos gegen den Angriff der Zocker gemacht haben, indem sie ihnen
freimütig unser Geld überwiesen und sich selbst damit
handlungsunfähig gemacht haben. Der Clou ist: Sie sollen ja nicht
handlungsfähig für UNS sein. Sie haben alles genau richtig gemacht,
für ihre Auftraggeber. Es ist unsere Schuld, dass wir sie nicht
frühzeitig abgewählt haben, als sie anfingen, gegen unsere Interessen
zu handeln.

> Bevor man überhaupt damit anfangen kann, bestehende Schulden zurückzahlen,
> müsste man daher erst einmal die rasant steigenden Defizite abbauen, um die
> Schuldenspirale zu stoppen.

Falsch! Die Schulden dürfen nicht zurückgezahlt werden. Der Scheck
muss platzen. Es gibt keine andere Möglichkeit, die Zocker
loszuwerden. Alles andere würde nur weiter ihr unredliches
Geschäftsmodell belohnen und auf unsere Kosten verlängern.

> Dies ist bei einer stagnierenden Konjunktur allerdings nur über die Kürzung
> von Staatsausgaben und der Erhöhung der Staatseinnahmen, also der Steuern
> möglich.

Viel zu undifferenziert. Staatsausgaben sind ja nicht gleich
Staatsausgaben. Kürzung bedeutet in erster Linie Erhöhung der
Handlungsunfähigkeit des Staates auf einem bestimmten Gebiet. Da
sollte man hinschauen, in welchen Bereichen gekürzt wird und wo
nicht. Man wird wohl kaum erleben, dass Militärausgaben oder
Subventionen für die Automobil- und Pharma-Branche gekürzt werden.
Denn dort ist der Bock bereits der Gärtner.

> Da der Staat jedoch nicht im luftleeren Raum operiert, haben derlei
> fiskalische Verschiebungen jedoch immer auch eine Auswirkung auf die
> Konjunktur.

Falsch! Fiskalische Verschiebungen KÖNNEN eine Auswirkung haben,
MÜSSEN aber nicht. Es kommt ganz drauf an, in welchen Bereichen der
Geldhahn zugedreht wird. Passiert dies z.B. bei den Zockern, hat das
erstmal gar keine Auswirkungen auf die Konjunktur. Es werden ja keine
realwirtschaftlichen Geschäfte beeinträchtigt. Die Schwierigkeit
besteht nur darin zu unterscheiden, wo "normale" Kreditvergabe
aufhört, die für eine gesunde Realwirtschaft unabdingbar ist, und wo
reine Zockerei anfängt.

> Wenn es beispielsweise heißt, man müsse die Personalausgaben des Staats
> senken, bedeutet dies ganz konkret, dass zusätzliche Polizisten oder Lehrer
> nicht eingestellt werden und die Bezüge der Staatsbediensteten im besten
> Falle stagnieren.

Das Problem ist die rein ökonomische Betrachtungsweise. Natürlich
kosten zusätzliche Polizisten, Finanzbeamte oder Lehrer und
Professoren den Staat erstmal Geld. Aber wenn sie dazu eingesetzt
würden, die Zockereien zu verfolgen, die auf unsere Kosten
durchgeführt werden, wenn die Lehrer und Professoren eine moralische
Bildung in den Vordergrund stellen würden, würden wir weniger Gefahr
laufen, das Geld an korrupte Politiker und ihre Verbrecherkomplizen
zu verlieren. Die Frage ist also nicht, ob wir als Staat Geld
ausgeben oder nicht, sondern WOFÜR!!!

> Die meisten Ausgabenkürzungen haben somit eine negative Auswirkung auf die
> Konjunktur.

Das ist keineswegs der Fall. Es kommt darauf an, welche Ausgaben
gekürzt werden. Wenn damit Zockereien auf Kosten aller verhindert
werden, kann sich das sogar positiv auf die wirtschaftliche
Entwicklung auswirken: Es wird weniger Geld an den Börsen verbrannt
und steht für Investitionen in die Realwirtschaft zur Verfügung. Es
geht ja nicht um die lächerlichen Subventionen für Bauern. Es geht um
die Subventionen der unseriösen Geschäftsmodelle von Banken und
Versicherungen oder im Pharma-Sektor. Wir könnten allein 30 Mrd. Euro
einsparen, wenn es ein Positivlistengesetz für Medikamente gäbe.
Jährlich!!!

> Wollen wir uns totsparen?

Nein, nicht UNS. Wir wollen die ZOCKER totsparen. Wir müssen ihnen
endlich den Geldhahn zudrehen. Sonst reißen sie uns alle mit in den
Abgrund. Aber das Gegenteil ist der Fall: Momentan wird alles getan,
um es ihnen so leicht wie möglich zu machen. Die Vereinbarung der
EURO-Staaten zur Stabilisierung ihrer Währung ist eine Lachnummer in
den Vorstandsetagen von Goldman Sachs und Co. Man könnte sagen: Die
Staaten haben ihre Karten offengelegt, obwohl sie keine Ahnung über
die Spielregeln haben. So gewinnt man kein Poker-Spiel. Oder für die
Verbraucher unter Ihnen: Die Rettungspakete werden bei den Zockereien
nun eingepreist. Sie ändern nichts an der Tatsache, dass die Staaten
die Handlungsfähigkeit verloren haben.

> Eine Ausgabenkürzung bewirkt auch immer eine Schwächung der Einnahmeseite in
> der Zukunft.

Falsch! Es kommt drauf an, wo die Ausgaben gekürzt werden. In vielen
öffentlichen Bereichen könnte damit sogar die Handlungsfähigkeit
wieder gewonnen werden. Aber warum auch? Das SOLL doch gar nicht
sein. Wir haben die Staaten (und damit uns selbst) den Zockern längst
auf dem Silbertablett serviert.

> Vollkommen unabhängig von der Staatsverschuldung sorgt ein "Sparen" somit vor
> allem dafür, dass die Wirtschaftsentwicklung abgewürgt wird und die
> fiskalische Situation sich nicht etwa verbessert, sondern verschlechtert.

Falsch! Es kommt drauf an, an welcher Stelle gespart wird. Die HRE
hätten wir uns z.B. locker "sparen" können. Mit dem "Argument" diese
Bank sei "systemisch", wurden dem Steuerzahler Millarden entzogen und
in private Taschen gefüllt - und schlechtem Geld noch gutes
hinterhergeworfen. Wenn wir Politiker hätten, die unsere Interessen
und nicht die der Finanzindustrie vertreten würden, hätten sie die
HRE pleite gehen lassen. Das hätte eine deutliche Warnung an alle
Zocker abgegeben und das ganze System wesentlich mehr stabilisiert.
So aber wurde deutlich gemacht: "Alles klar, wir lassen den
Steuerzahler für Eure Zockereien bluten. Macht ruhig weiter so."

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