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  • spintronic

973 Beiträge seit 02.10.2015

Wunschdenken ersetzt seriöse Forschung: Wissenschaft in der Krise?

Eine weitere Studie, bei der man den Eindruck bekommt, dass deren Autoren des Artikels mehr Wert auf Ideologie und Wunschdenken als auf eine seriöse Darstellung des Themas legen.

Ein solches System kann letztlich auch mit ehrenamtlichen Fahrern betrieben werden ...

Hier darf man ruhig "durch" mit "muss" ersetzen. Alleine die aufgrund des Zeitbedarfs notwendige Vielzahl der Fahrer macht diese Idee wirtschaftlich total untragbar. Selbst die Autoren der "Studie" räumen diesen Sachverhalt, wenn auch etwas verklausuliert, selbst ein. Und wie so oft werden erst tatsächliche Probleme benannt:

Der Güterverkehr trägt erheblich zur Umweltverschmutzung und Verkehrsüberlastung sowie der Abnutzung der Verkehrsinfrastruktur bei.

Dann eine mögliche Lösung des tatsächlichen Problems skizziert:

Während im Fernverkehr zunehmend batterieelektrische Lkw von speziellen Umrüstern und verstärkt auch von den klassischen Lkw-Herstellern zum Einsatz kommen, ...

Aber bereits hier wird klar, dass technische, ökonomische und betriebswirtschaftliche Probleme völlig ausgeblendet und durch viel Fantasie und reines Wunschdenken ersetzt werden. Nein, es ist gegenwärtig keinesfalls absehbar, dass zukünftig Elektro-Lkws den Warentransport dominieren werden. Es ist viel mehr so, dass große Logistikunternehmen aktuell feststellen, dass die Akkus ihre Elektro-Fahrzeug-Flotten, nach nur 6 Jahren im Einsatz, so stark nachgelassen haben, dass die Fahrzeuge ihre Aufgaben kaum noch erledigen können. Die Lösung des Problems war in diesem Fall Deaktivierung der Fahrzeugheizung! Je größer und schwerer das Fahrzeug ist, und Lkws sind nun mal per Definition schwer, desto ausgeprägter wird das Akku-Problem. Insbesondere im Winter, haben ja auch diverse Verkehrsbetriebe gemerkt, dass sie mit Elektrobussen die Linien nicht bedienen können. Aber eben, das ist ja alles kein Problem. Weiter geht es im Text:

Ein Schwachpunkt dieser Dienste sind die Personalkosten, die einen wirtschaftlichen Betrieb nur schwer möglich machen.

Erster diskreter Hinweis, dass das vorgeschlagene Konzept auch Schwächen hat. Die Lösung des nicht ganz unwesentlichen Problems haben wir ja schon erfahren. Ehrenamtliche Mitarbeiter sollen das erledigen. Es wird wenige Idealisten geben, die sich unter diesen Bedingungen bereit erklären, bei jedem Wetter mit dem schwer bepackten Lastenrad den Berg hoch zu radeln.

In größeren Städten sind Fahrradbotendienste und spezialisierte Lastenfahrrad-Dienste bereits seit Längerem erfolgreich im Einsatz.

Ja, das ist sicherlich richtig. Ich vermute mal, dass die Autoren der Studie genau in einem solchen Umfeld wohnen und von ihrer "kleinen Welt" auf das große Ganze schließen.

Das (Lasten)-Rad kann eine alternative Lösung für unterschiedlichste Transportanforderungen bieten. Eine coole und innovative Idee, die die Menschen dazu bringt, ihr bestehendes Mobilitätsverhalten zu überdenken, könnte letztendlich zu einem neuen unternehmerischen Ansatz führen. Und mehr Lebensqualität in die Kleinstädte bringen

Es liest sich wie ein Hochglanz-Werbeprospekt. Ja, die Autoren "verkaufen" ihre Weltanschauung gut. Was sind das nur für Defätisten, die an die Probleme des Konzeptes denken?

Die Forschenden im Projekt Lamore möchten diese bestehende Lücke bei der letzten Meile auf dem Land schließen und prüfen, ob Lastenfahrraddienste in ländlichen Regionen erfolgreich sein können.

Das mag in der Norddeutschen Tiefebene teilweise richtig sein, aber man kann das noch nicht so pauschal sagen und die Topografie der Region einfach ignorieren. Es gibt große Gebiete, wo das nicht möglich sein wird. Aber weiter.:

unter Einsatz von Optimierungsmethoden und gegebenenfalls künstlicher Intelligenz

Darauf habe ich gewartet, wer hätte das gedacht, wir müssen die im Text unterschlagenen, bzw. lediglich ganz grob angedeuteten Probleme dieser Super-Idee vom Lastenfahrrad einfach "intelligent" lösen. Na dann, wir schaffen das, es wird alles gut werden.

Das (Lasten)-Rad kann eine alternative Lösung für unterschiedlichste Transportanforderungen bieten. Eine coole und innovative Idee, die die Menschen dazu bringt, ihr bestehendes Mobilitätsverhalten zu überdenken, könnte letztendlich zu einem neuen unternehmerischen Ansatz führen. Und mehr Lebensqualität in die Kleinstädte bringen

Es liest sich wie ein Hochglanz-Werbeprospekt. Ja, die Autoren "verkaufen" ihre Weltanschauung gut. Was sind das nur für Defätisten, die an die Probleme des Konzeptes denken? Wer kann nur gegen mehr Lebensqualität sein? Aber wer denkt an den Fahrer des Lastenrades im Alpenvorland? Vielen Einwohnern von Großstädten halten dieses Szenario wohl für vernachlässigbar.

Nicht zuletzt will das Forschungsteam mit Lamore aufzeigen, wie der motorisierte Individualverkehr weiter reduziert werden kann, auch um die Luftqualität zu verbessern. Damit verbundene positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen in der Region und das Klima sollen ebenfalls herausgearbeitet werden.

Ja, genau darum geht es den Autoren und um nichts anderes. Insofern erachte ich diesen Artikel als wenig seriös. Es wäre erforderlich gewesen gegenwärtig verfügbare Transportwesen zu analysieren, nach Stärken und Schwächen abzuklopfen und sowohl die zahlreichen volkswirtschaftlichen Vorteile, wie auch die Nachteile der Systeme zu benennen. Aber es werden nur die - zugegeben vorhanden - Schwächen des Bisherigen benannt, das (alte) Konzept des Lastenfahrrades vorgestellt und mit einer flut von wohlklinkenden Adjektiven beworben. Was fehlt ist ein multidimensionales gegeneinander Abwägen der Konzepte.

Für Deutschland, wo derzeit immer mehr Menschen nach einfachen Lösungen streben, auch wenn diese letztlich nicht belastbar sind, erscheinen eher komplexe Projekte wie Lamore wohl noch für längere Zeit keine Option darstellen zu können.

Und am Ende erfolgt noch eine Immunisierung gegen jede Kritik an der "Studie". Nein, es handelt sich nicht um (etwas überspitzt) "Bullshit-Science", die Defätisten denken einfach unterkomplex und suchen nach einfachen Lösungen. Genau, daran wird es liegen, wenn das super duper Konzept am Ende an der Wirklichkeit scheitert.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.12.2024 13:34).

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