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29 Beiträge seit 13.11.2001

Semiten & Zionismus -> klärende Fakten anstelle ideologischer Verbrämung

Sehr geehrter Molodyez,



mir ging und geht es einzig um eine Sprachebene und damit
einhergehend einen sauberen Sprachgebracuh..
Alles andere, was hier an Vorwürfen und Unterstellungen geäußert
wurde, erscheint mir dagegen eher aus einer ideologisch gefärbten
Brille gesehen.
Daher noch einmal die mir bekannten Fakten:

Semiten sind eine uneinheitliche Völkergruppe, die sich eine
gemeinsame Sprache (mit unterschiedlichen Dialekten) teilt.
Der Name ist auf einen der 3 Söhne Noahs zurückzuführen: Sem.
Wie die genaue Entwicklung verlief, ist historisch nicht eindeutig
rekonstruierbar.
Soweit aber ist bekannt:
Die ältesten (bekannten) Semiten stammen aus Mesopotamien.
Als Ostsemiten gehörten zu ihnen die Akkader, Babylonier und Assyrer. 
Die zweite (kanaanäische) semitische Schicht trat um die Mitte des 3.
Jahrtausends v. Chr. in Erscheinung. Zu ihr gehörten die Amoriter,
Phönizier und Israeliten. 
Aus der letzten großen Welle des Semitentums sind die Araber und
somit auch Palästinenser hervorgegangen.

Wenn man diese rein historischen und ideologisch noch unverbrämten
Fakten zur Grundlage nimmt, um den israelischen Vorwurf des
Anti-Semitismus zu bewerten, erkennt man, daß es sich hierbei um eine
reine Begriffsverwirrung durch unzulässige Vereinahmung handelt (dazu
zählt auch der Begriffsmissbrauch durch eine faschistoide Ideologie).


Zum Zionismus eine (gekürzte) Darstellung:

Dieser hat mehrere Wurzeln: die nie ganz abgerissene Verbindung zum
Land Israel, die Verheißungen der Bibel, die "Zionssehnsucht" der
verfolgten osteuropäischen Juden und vor allem die Entfaltung der
verschiedenen nationalen Bewegungen im Europa des 19. Jahrhunderts. 
Den Gedanken einer eigenen jüdischen Staatsbildung und der
Auswanderung nach Palästina vertraten u. a. Moses Heß ("Rom und
Jerusalem" 1862) und Leo Pinsker ("Autoemanzipation" 1882). 
Seit den 1880er Jahren kam es zu ersten größeren
Auswanderungsbewegungen. Den organisierten politischen Zionismus
begründete ohne Kenntnis der Vorläufer Theodor Herzl mit seiner
Programmschrift "Der Judenstaat" 1896 und mit dem von ihm
einberufenen ersten Zionistenkongress 1897. 
Als Ziel proklamierte die dort gegründete Zionistische Organisation
die Schaffung einer "öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte" für
das jüdische Volk in Palästina. Diese Ideen fanden starken Widerhall
bei den unterdrückten Juden Osteuropas, stießen jedoch auf
verbreitete Ablehnung bei den weitgehend assimilierten Juden Mittel-
und Westeuropas sowie der USA, die im Judentum nur eine
Religionsgemeinschaft sahen und sich als Bürger der Länder fühlten,
in denen sie lebten. In diesen Ländern hing stets nur eine Minderheit
der Juden dem Zionismus an.
Herzl versuchte erfolglos, den türkischen Sultan sowie europäische
Herrscher und Politiker für die Pläne des Zionismus zu gewinnen. Vor
Beginn einer Ansiedlung sollten politische Garantien für die
jüdischen Heimstätte und die Rechte der jüdischen Volksgruppe erlangt
werden. Diesem "politisch-diplomatischen Zionismus" trat schon bald
ein "praktischer Zionismus" gegenüber, der die sofortige Errichtung
von Siedlungen in Palästina betrieb und damit auch erste Erfolge
erzielte (z. B. 1909 die Gründung von Tel Aviv als jüdische Stadt).
Der wichtigste Repräsentant dieses "praktischen Zionismus" wurde
Chaim Weizmann. Er erreichte im 1. Weltkrieg von Großbritannien die
Balfour-Deklaration. Mit ihr verpflichtete sich die britische
Regierung, die Ziele des Zionismus in Palästina zu unterstützen. Die
Deklaration war zwar von zweifelhaftem Wert, da Großbritannien
zugleich den Arabern das Land versprochen hatte; doch wurde sie
Bestandteil des 1922 an Großbritannien übertragenen Völkerbundmandats
über Palästina, das die Errichtung einer "jüdischen nationalen
Heimstätte" einschloss und somit die Grundlage für die weitere
zionistische Siedlungstätigkeit bildete.

Im Zionismus bildeten sich früh unterschiedliche Parteien heraus. Der
"Pionierzionismus" der großenteils aus Osteuropa stammenden Siedler
war sozialistisch geprägt; einer seiner führenden Repräsentanten war
David Ben-Gurion. Daneben gab es eine bürgerlich-liberale und eine
religiöse Richtung. In den 1920er Jahren begründete Vladimir
Jabotinsky den zionistischen Revisionismus, der die von Weizmann
vertretene Politik der Mäßigung und der Zusammenarbeit mit
Großbritannien ablehnte, den Begriff "Heimstätte" verwarf und offen
die sofortige Staatsgründung anstrebte. Aus diesen Gruppierungen,
zwischen denen es zahlreiche Nuancen und Überschneidungen gab (z. B.
hinsichtlich der Stellung zu den Arabern), sind die heutigen
israelischen Parteien hervorgegangen.

Mit der Gründung des Staates Israel 1948 war das Ziel des Zionismus
erreicht, wenn auch die Existenz des jüdischen Staates noch lange
bedroht blieb. Die Zionistische Organisation besteht weiter. Sie
sieht ihre Hauptaufgabe darin, die Verbindung zwischen den Juden in
aller Welt und in Israel aufrechtzuerhalten und zu fördern.



Ich hoffe, mit diesen Darstellungen können wir vom semantischen
Dreckwerfen auf ideologischen Ebenen wieder zur reinen Sach- und
Sprachebene zurückkehren, denn diese war Ausgangspunkt meiner
''Randbemerkung''

Mit freundlichem Gruße
Ârjanuel




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