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  • Guckstu

mehr als 1000 Beiträge seit 18.03.2024

Re: Ballistik ist immer bogenförmig

_TomB_ schrieb am 19.11.2024 18:32:

Zirkon schrieb am 19.11.2024 16:13:

Ich frage mich allerdings tatsächlich, wie man auf diese Entfernung mit ungelenkter Munition auch nur halbwegs genau treffen will. Da hilft auch keine "flache Flugbahn" (die bei maximaler Reichweite sicher nicht mehr flach ist).

Außer man schießt halt mitten in eine Stadt. Irgendwas trifft man da immer.

Naja, keiner erwartet einen direkten Treffer, sagen wir mal auf ein Objekt von der Größe eines Panzers, bei indirektem Beschuss auf mittlere und große Entfernung. Ist auch nicht die grundsätzliche Aufgabe in dem Fall.

Wenn man wie Lange annimmt, dass das gegen gehärtete Ziele treffen soll, braucht es einen Streukreis unter 5 Metern. Du willst dann Bunkereingänge und dergleichen treffen.

Grob könnte man es mit einer Todeszone beim Flak Beschuss des WK2 vergleichen. Man erwischt Bomber mit Direkttreffern, aber häufiger ist der Treffer durch Splitter, die müssen auch den Bomber nicht zum Absturz bringen, es reicht, wenn er seinen Auftrag nicht fortführen kann.

Bomber sind kein gehärtetes Ziel.

Gegen ungehärtete Ziele braucht Russland keine Spezialausrüstung, die haben schon genug Streumunition.

Deswegen hat man auch die Time On Taget Methode entwickelt, mit aktuellen Haubitzen auch durch eine durchführbar.
Man überrascht den Gegner außerhalb geschützter Stellungen mit voller Salve. Was natürlich seine Verluste erhöht, dazu werden Gräben umgepflügt, Feldkabel und andere Kommunikationsverbindungen zerstört, ungepanzerte Teile auf Fahrzeugen werden erwischt, Verwirrung tritt auf, was auch immer. Und manchmal wird auch ein Fahrzeug durch Direkttreffer in die Luft geblasen. Man kennt ja die Bilder.

Ist gegen gehärtete Ziele nicht wirklich nötig.
Entweder trifft man, dann ist der Gegner tot und etwaige Verwirrung spielt keine Rolle, oder man trifft nicht, dann sind noch so viele Schüsse praktisch wirkungslos.

Und auch heute verzichtet man nicht auf Artillerie Beobachter, die das Feuer korrigieren.
Das ist weiterhin sehr wirksam, wenn sich zwischen 2 Schüssen die Faktoren nicht signifikant ändern. So kann man sich mit wenigen Schüssen herantasten und wirklich ein Fahrzeug oder Bunker treffen.

Auf 50 km Entfernung wird das mit der Artilleriebeobachtung langsam schwierig. Die Drohnen haben da nicht mehr so die Aufenthaltsdauer, die Akkus reichen sind unbedingt so weit.

Wobei auch hier man erst paar Einzelschüsse feuert und nach dem Auftreffen in vorher festgelegtem Umkreis die Salve kommt. Das Problem ist, dass in der Regel schon in der Zeit die Gegenbatterie das Feuer eröffnet, mit Daten, welche durch Firefinder Radar ermittelt wurden. Und ja, es gibt auch Radargeräte, welche die Flugbahn der Geschosse verfolgen und so die Korrektur vornehmen, trotzdem ist ein Beobachter besser. Man fällt nicht so auf.

Drohnen fallen mehr auf als ein Beobachter auf der Hügelkuppe ;-)

Und natürlich setzt das voraus, dass die Fertigung der Waffensysteme und Munition an sich schon genau ist.
Mit der Fertigung haben die Russen Probleme, die haben tatsächlich nur 2 so um 2017 aus Österreich importierte Fertigungsmaschinen, mit welchen man Rohre in guter Qualität herstellen kann.

Soweit ich weiß, ist die koreanische Technik irgendwo auf dem Stand der 50er.
Das könnte NOCH schlechter als die russische Technik sein.

Während bei der NATO man das Ergebnis mit einem Zug erreichen kann, brauchen die Russen eine Batterie. Das erklärt auch die Unmengen an verfeuerter Munition.
Mit moderner Sensorik und Digitalisierung erhöht man natürlich die Treffergenauigkeit. Es ist schon unglaublich, was für Daten vor jedem Schuss verarbeitet werden. Von Temperatur im Rohr und außerhalb, Windstärke und Richtung, Druck, Krümmung des Rohres durch Temperatur und Abrieb, bis zu der Anzahl der verfeuerten Geschosse durch das Rohr. Es sind zig Datensätze. Und für all diese Daten gibt es eine vorprogrammierte Ausrichtung.

Was sie alle nicht messen können: Die Luftbewegungen auf den 90 Kilometern zwischen Kanone und Ziel.
Auf die Entfernung spielt das eine wirklich gewichtige Rolle.

Deshalb sind ja die selbstlenkenden Artilleriegeschosse so wichtig, die messen unterwegs die Drift und korrigieren nach.

Dazu kommt, dass die Geschosse auch durch Induktion beim Abschuss programmierbar sind und man sie z.B. hinter spezifischem Hindernis noch in der Luft zur Explosion bringt.

Den Zündzeitpunkt legt man noch vor dem Abschuss fest.
Die induktive Programmierung braucht es wirklich nur, um die Messungen der Schussdynamik in das Geschoss einzuspeisen. Man kann bei der Gelegenheit noch ein paar mehr Daten reintun, aber wirklich wichtig ist das nicht.
Das wird gern unterschätzt, wie wenig Daten man in den paar Sekundenbruchteilen noch übermittelt kriegt, die das Geschoss an der Mündung durchrauscht, es würde mich absolut nicht wundern, wenn der größte Teil in der Zeit zwischen Verriegeln und Abfeuern übermittelt wird.

Und das Ding, besonders mit reichweitengesteigerter Munition, ist für Seoul Beschuss von der Demarkationslinie gedacht. Nicht mehr und nicht weniger.

Wenn das der Fall ist, dann ist das einfach nur ein weiteres Werkzeug für das Massenbombardement aus der Entfernung und der Artikel ist viel zu alarmistisch.

Ich neige dieser Einschätzung durchaus selber zu ;-)

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