Jehles Wahrnehmung ist komplett neoliberalisiert. Schon sein erster Satz unterstellt, es gehe im Gesundheitssystem darum, eine optimale Auslastung zu erreichen. Was für Folgen ein neoliberal 'gesundgeschrumpftes' Spitalsystem in einer ausserordentlichen Lage hat, konnte man letztes Jahr trefflich in der Lombardei beobachten, wo ein Lega-Politiker die verfügbare Kapazität 'optimiert' hatte. Eine Seuche war da nicht vorgesehen, alles gewissermassen just in time ist ein Schönwetterprogramm.
Ein gutes Spitalsystem gehört zum Service Public und muss zwingend einen gewissen, natürlich nicht zufälligen Grad an Überkapazität aufweisen. Schon ein Grossbrand mit z. B. 200 Brandopfern kann sonst schon zur Übersaturierung führen.
Das Konzept Fallpauschale ist, wie fast alle 'Neuerungen' eine Übernahme aus dem angelsächsischen Raum und führt nachweislich zu einem prekären Anreizrahmen. 'Gut' bemessene Pauschalen animieren zu überflüssigen Eingriffen, schlechte zu Patientenunterversorgung. Verschlimmern kann man das durch spitalinterne Prämiensysteme, die z. B. zum selektiven Viel-Operieren ermuntern. Ärzte im Kapitalismus sind auch nur Menschen im Kapitalismus. Krankenhäuser als Profitcenter ist eigentlich eine Obszönität. For profit Spitalketten erst recht.
Das stetige Kostenwachstum hängt teils mit einer alternden Gesellschaft zusammen, aber auch mitt immer teureren Apparaturen und Medikamenten. Und einer allgemeinen gesellschaftlichen end of the pipe-Mentalität - Probleme lösen, die schon entstanden sind, kein Augenmerk auf Prävention. Die staatlichen Einnahmen der Tabaksteuer verwandeln sich in mehrfache Kosten im Gesundheitswesen. (Aber ein Kauder ist heute noch gegen ein Verbot der Tabakwerbung. Man schicke dem ehemaligen Fraktionschef der Union dann die Rechnung...) Gespart wird dann beim Pflegepersonal - mehr Arbeit, miese Löhne, dort gehts am einfachsten.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (21.07.2021 23:40).