Auch hier geht es um Patienten und Angehörige, die Solidarität und Schutz verdienen. Es geht nicht nur um abstrakte Kosten, sondern um tatsächliche Menschen, die unnötig gestorben sind, weil andere sich nicht impfen ließen.
Ich habe mich stets darauf beschränkt festzuhalten, dass Impfverweigerung asozial ist, so etwas wie indirekte fahrlässige Tötung, oder wie man seine Aussage juristisch auch immer fassen will, will ich niemandem vorwerfen. Dafür im Gegensatz zu Schleim konsequent sein und nicht Impfung als das Alleinseligmachende darstellen.
Insofern diese Art von Verantwortungsdiskurs schon Eingang ins Versicherungswesen gefunden hat, ist das nicht ein Präzendenzfall mit legitimierender Wirkung, sondern ein gefährlicher Irrweg, auf dem man keinesfalls weiterschreiten sollte. Der Eigenverantwortung eignet ein gerüttelt Mass an Beliebigkeit. Die Gefahr ist gross, dass bei einmal ausgegrabenem Torpfosten dieser immer wieder und gewiss nicht zugunsten des Versicherten verschoben wird. Leicht kann man damit auch verschärfte Überwachung rechtfertigen, denn wie sonst gerichtsfest ermitteln, ob sich einer nun gerade noch verantwortlich verhalten, oder eben nicht?
Im Fall der Impfung mag das eindeutig aussehen. Wenn nun aber der Schadensfall eintritt, trotz Impfung, was bei jetzigem Stand nicht unmöglich ist, wenn auch durch die aktuellen Vakzine die Verlaufsschwere in den allermeisten Fällen sehr deutlich gemildert wird - kann man dann dennoch haftbar gemacht werden, weil etwa der Auffrischungstermin verpasst wurde? Die bekanntlich beschränkte Schutzdauer würde eine schnell ausufernde Regulierung erzwingen. Und es ist erfahrungsgemäss nicht der Patient, der am längeren Hebel sitzt, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten kommt.
Und ganz grundsätzlich - Meritokratie hat bei Versicherungen, zumindest bei existenziell relevanten, nichts zu suchen. Ich will mich nicht für volle Deckung qualifizieren müssen. Im Wesentlichen kann man darauf bauen, dass die Mehrheit sich vernünftig verhält und sich selbst nicht bewusst schaden möchte. Und den Rest muss man in Kauf nehmen. Statt durch finanzielle Nötigung muss man durch Arbeit an gesellschaftlichen Zuständen danach trachten, diesen Rest zu minimieren. Wie Schleim selbst am Ende einräumt.