Rechtsextremismus, Sprachgesetz

Suicido schrieb am 01.11.2022 10:29:

Nach dem Kommentar muss ich feststellen, dass du zwar radikal bist, aber alles andere als links!

Wenn du anfängst, den Neonazismus der Ukraine kleinreden zu wollen, obwohl er sich mittlerweile in der Staatsideologie festsetzt - siehe Sprachengesetz - dann sprichst du dir selbst ab, links sein zu können.

Die wiederholte Bezeichnung der russischen und ukrainischen Regierung als "Faschisten" oder als "faschistisch" bzw. "faschistoid", je nach dem, für welche Kriegspartei im Ukraine-Krieg Partei ergriffen wird, ist inakzeptabel und hat einen langen Bart. Begonnen hat damit ausgerechnet 68er-Protestbewegung in Deutschland, die politische Gegner und ganze Weltanschauungen mit dem Adjektiven "faschistisch" bzw. "faschistoide" versahen und diesen damit die Eigenschaft des absolut Bösen zuwiesen - ausgerechnet die 68er-Protestbewegung tat das, obwohl sie sich selber verpflichteten, wirkungsvoll gegen Altnazis in Staatsorganen und Universitäten zu handeln.

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Zwei Gründe, warum mir beispielsweise die inflationäre Verwendung des Begriffes Faschismus auf den Keks geht:

- Sobald ein Deutscher äußert "xyz sei faschistisch", dient das gleichzeitig auch der Entlastung von deutscher Schuld - bzw. präziser: der Entlastung von deutscher Verantwortung. Mit dieser Wortwahl implizieren wir Deutschen vieles, aber immer auch genau dieses: "Seht her, da ist ein Mensch, der ist mindestens genauso schlimm wie wir Deutschen in der Vergangenheit waren."
Mit einer sinnvollen Aufarbeitung der deutschen Geschichte hat das gar nichts gemeinsam.

- Die Ukraine hat (bzw. hatte) eine Bevölkerung von ca. 41 Millionen Menschen. Nach den vorliegenden Zahlen (Quelle: Rosa-Luxemburg-Stiftung) sind mindestens 30.000 Ukrainer Mitglieder in den unterschiedlichen rechts-nationalen, faschistischen und neo-nationalsozialistischen Organisationen.
Zum Vergleich:
In der BRD werden ca. 35.000 Deutsche als Mitglieder in unterschiedlichen neo-nationalsozialistischen Organisationen gezählt bei einer Bevölkerung von ca. 84 Millionen Menschen. Dabei fließt in diese Rechnung die Zahl der ca. 29.000 Parteimitglieder der AFD nicht ein!
Bedingt könnte jetzt behauptet werden: Das Problem des Rechtsradikalismus in der Ukraine ist doppelt so groß, als im Vergleich zu Deutschland. Doch anders als in Deutschland existiert in der Ukraine derzeit kein einziger rechtsradikaler Parlamentarier!

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Da Du als einziges Argument das neue Sprachgesetz in der Ukraine aufgeführt hast, daß seit 2019 gültig ist:

Nach der Statistik der Akademie der Wissenschaften in der Ukraine sprechen 41,2% der Befragten Russisch und Ukrainisch. 39,9% der Befragten sprechen ausschließlich Russisch. Die Zahl der Befragten, die ausschließlich Ukrainisch sprechen, liegt bei 18%.

Nach 1991 gab es in der Ukraine plötzlich keine lingua franca mehr: Russisch vorlor seine offizielle Stellung. Das ist ein ziemlich haarige Situation, denn in den folgenden Jahrzehnten nahm der Anteil der Bevölkerung zu, der nicht mehr in der Lage war, miteinander zu kommunizieren, weil diese Bevölkerungsteile nur eine der beiden Sprachen beherrschten.

Es macht also Sinn, eine Amtssprache festzulegen. Ja, es hätten auch zwei Amtssprachen sein können. 2014 sah es für eine kurze Zeit so aus, als drohte die Aufhebung des Sprachgesetzes von 2012 und damit die Einstellung der Förderung von Minderheitssprachen. Übergangspräsident Turtschynow legte sein Veto ein - die Sache war vom Tisch. Den Protesten in der Ost-Ukraine hat das allerdings erheblichen Zulauf gebracht, war also ein krasser innenpolitischer Fehler.
Das aktuelle Sprachgesetz in seiner Fassung von 2019 verbietet den Gebrauch der russischen Sprache nicht. Amtspersonen ist es weiterhin erlaubt, mit Kunden in russischer Sprache zu reden, wenn sie darum gebeten werden.

Nun:
Verfranse Dich einmal mit Deinem Auto ohne Navi oder Straßenkarte in einem Gebiet, wo die Menschen nur den westfälischen oder schwäbischen Dialekt sprechen und frage diese Menschen nach den Weg. Ich kann Dir garantieren: in dieser Situation wirst Du Dein Fahrziel nicht erreichen.

MFG