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  • deFunes

210 Beiträge seit 04.05.2023

Mehr vom Alten, nur teurer

Tusk dürfte leider für viele europäische Staatschefs sprechen.
Sie sind ideologisch verbohrt und unwillens und unfähig, die Entwicklung der Beziehungen zu Russland der letzten Jahrzehnte ernsthaft und selbstkritisch zu reflektieren.

Putins deutliche Kritik am Verhalten der Nato und des Westens allgemein auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 wurde nicht nur arrogant und leichtfertig abgetan, sondern nur wenige Monate später wurde auf dem Nato-Gipfel in Bukarest im April 2008 trotzig das genaue Gegenteil getan: Bush und seine Hardliner forderten die beschleunigte Aufnahme von zwei weiteren Grenzstaaten ins Bündnis.
Der Georgienkrieg war eine Antwort auf diesen Affront, die fahrlässig überhört wurde, nur um 2013 die Krise in der Ukraine zum regime change zu nutzen.
Die Annexion der Krim und die Unterstützung der Aufstände im Donbas war die russische Antwort darauf, welche die Nato wiederum, vom eigenen Erfolg besoffen, für ein weiter-so instrumentalisierte.
Russlands Vorschlag für eine Neujustierung der Nato-Russlandbeziehungen vom Dezember 2021 wurde erneut brüsk zurückgewiesen und der sich abzeichnende Krieg wurde letztlich in Kauf genommen, um "hirntot" das eigene Gesicht zu wahren.

Wenn heute in der EU Krokodilstränen wegen einer russischen Bedrohung vergossen werden, ist das pure Heuchelei: man hätte mindestens 15 Jahre Zeit gehabt, die Sicherheit in Europa zu verbessern.
Diese Zeit wurde nicht genutzt, die USA dürften ihren Anteil dabei gehabt haben. Aber auch die Europäer wurden übermütig und haben im Vertrauen auf den großen Schulhof-bully aus Übersee ihre Klappe zu weit aufgerissen.

Jetzt ist die Panik groß, weil die USA eben sind wie sie sind: notorisch egozentrisch und unberechenbar, letzteres zunehmend in dem Maße, wie ihre Demokratie dysfunktional wird.
Letztlich geht es "nur" um viel Geld, aber das in einer Zeit multipler Krisen, viele davon ebenso vernachlässigt und teils selbst provoziert.

Wer jetzt den Bevölkerungen zusätzliche Lasten abverlangen will, und als "Belohnung" dieser Mühen nur das Nichteintreten einer imaginierten Katastrophe anbieten kann, muss tief in die Trickkiste der Propaganda greifen und Bedrohungen aufblasen und Horrorszenarien entwerfen, die diejenigen des Kalten Kriegs übertreffen dürften.

Das ist es, was Tusk hier versucht. Und die Presse in ihrer Geschichtvergessenheit und ihrer falschverstandenen Staatstreue macht es ihm leicht.
Andere werden folgen. Das wird medial noch richtig blöd und ekelhaft werden.

Tusk hat letztlich recht: die Kriegsgefahr wächst in dem Maße, wie wir glauben, dass diese Krise mit Russland nur militärisch zu lösen ist.
Auch die deutsche Gesellschaft war hier schon mal weiter.

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