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  • Niccus

895 Beiträge seit 27.06.2005

Polen zur Zeit des 2. Weltkrieges

Bedaure, vielleicht sind mit mir verbal die Pferde durchgegangen.

Zeugin ist mein Mutter. Der ist es selbst passiert. Ein paar Wochen nach dem Einmarsch der Deutschen.

Wo Sie aber definitiv recht haben: Polen, die (freiwillig, nicht als Zwangsarbeiter) nach Deutschland kamen, wurden i.d.R. sehr gut aufgenommen. Das ist ein Fakt. Aber nur wenn sie sog. "Volksdeutsche" waren. Volksdeutsch war man allerdings sehr schnell. Da genügte schon mal eine Großmutter mit dem Vornamen Gretel, um vom Führer herzlich begrüßt zu werden.

Ich sprach allerdings davon, wie sich die deutschen Privatmenschen in Polen aufgeführt haben. Die spielten gerne mal den germanischen Herrenmenschen. Nicht alle, klar. Aber manche schon. Das waren meistens Geschäftsleute mit ihren Familien. Alles feine Leute, die dann Rohstoffhandel betrieben, Fabriken oder Läden geführt haben (deren Vorbesitzer sich unerklärlicher Weise in Luft aufgelöst hatten) etc. Ach und es gab zwielichtige Gestalten, die mit Raubgütern handelten, darunter Kunst, Schmuck etc. aus den Ghettos. Die deutschen Sittenverbrechen wurden dann nicht unter Einfluss von Vodka im Hauseingang vollzogen, sondern, unbeobachtet und fern der Heimat, ganz brav mit einem Lächeln auf den Lippen z.B. im Kinderzimmer der freundlichen Gastgeber oder in einem Séparée des Konzentrationslagers.

Die Städte waren voll mit diesen Leuten, sie saßen in Cafés, fuhren mit großen Limousinen herum und wurden teilweise, aber durchaus nicht immer (!), sogar von der polnischen Aristokratie (wo es viele Verwandtschaften gab) empfangen. Die Bourgeoisie war da weniger enthusiastisch, allerdings auch kommunistenfeindlich. Die mochten weder Russen noch Deutsche.

Das Tragische ist doch: Die Deutschen waren oftmals sehr gebildet, gepflegt und die Verständigung war leicht, weniger weil in Polen die (ob ihrer Aggressivität eher verhassten) Polendeutschen lebten, sondern weil ein großer Teil des Bürgertums auf deutsche Schulen gegangen war (polnische Teilung). Fast jeder Mensch mit höherer Schulbildung sprach selbstverständlich Deutsch. Man teilte dieselben Schulinhalte.

Als dann die Deutschen den Krieg verloren und die Kanonen der Russen tatsächlich zu hören waren, haben sich viele Polen eher in der Rolle der Deutschen gesehen.

Dann gab es da noch die polnischen Nationalisten, die im Untergrund kämpften. Diese waren nicht so deutschfreundlich eingestellt. Hassten aber auch Russen. Und natürlich Juden.

Das ist aber alles gar nichts. Hat alles nur die Oberfläche berührt, denn bei Polen jüdischer Abstammung kamen nicht in den Genuss der White Collar Behandlung. Am Ende waren rund 3.000.000 von ihnen tot. Das waren alles polnische Staatsbürger!!! Wie kann man da noch die Behauptung aufrechterhalten, der Russe sei schlimmer gewesen als der Deutsche?

Soviel zu "Der primitive Russe kommt" und dem feinen Deutschen, dessen gründliche Propaganda anscheinend bis heute durchschlägt.

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