Interessant, dass du im Brustton der Überzeugung die Qualität der Daten bei Corona vs der Kriminalstatistik einordnen kannst. :)
Beide bedürfen Kenntnisse, wie sie erhoben wurden, welche Faktoren da mit rein spielen, wie man sie deshalb interpretieren muss.
Bestes Beispiel ist bei beiden der langfristige Kontext: Bei Corona waren alle aus dem Häuschen, als 10, 20, 50 Menschen pro Tag an Corona starben. Wichtig war dabei zu wissen, dass am Tag normalerweise 3000 Menschen sterben.
...und so ist es auch bei der PKS: Die Zahl der Morde pro Einwohner hat sich seit Mitte der 90er in D (und in anderen westeurop. Ländern) halbiert. Sprich: Wenn wir 1995 650 Mordopfer hatten, 2021 250 (und das wäre normiert pro Einwohner noch ein etwas stärkerer Rückgang, weil die Bev. in D leicht gewachsen ist), dann ist ein 10 oder 20-prozentiger Anstieg (kenne die PKS 2023 noch nicht) halt von 250 auf 275 oder 300.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mord_(Deutschland)#Polizeiliche_Kriminalstatistik
Solche Schwankungen von Jahr zu Jahr gibt es immer, siehe die Tabelle.
Und beurteile dann mit diesem Wissen den Anstieg vs der Hysterie, wenn man nur die Schlagzeilen liest - selbe Geschichte wie bei Corona.
Ich habe extra Mord genommen, weil es eine eindeutige Kategorie ist, sich die Anzeigebereitschaft nicht ändert, sehr oft verfolgt und aufgeklärt wird.
Das bringt uns auch zu deinem Einwand: Zahl der Mordopfer ist ein harter Fakt. Wie viele Teffer in eine rSuchmaschine "Messerangriffe" bringt, ist dagegen subjektiv: Wenn ich Freunde frage, wie sie die Kriminalitätsentwicklung seit den 90ern einschätzen, kann ich sie beliebig manipulieren, indem ich bspw als Auswahl "gestiegen um 5/10/20%" gebe, oder "gestiegen um 20/50/100%". Bei zweiter Auslegung schaffe ich es, die meisten auf 50% zu bringen, einige auch 100%.
Richtig ist, dass die Gesamtkrinimalität um 30% gesunken ist, Schwerkriminalität wie Morde oben gesehen, aber auch Sexualmorde und Vergewaltigungen nochmal deutlich stärker.
Unsere Wahrnehmung ist wie bei vielen anderen Themen eklatant falsch, extrem leicht beeinflussbar und praktisch wertlos für Delikte, die man nicht wöchentlich oder täglich selbst (/= irgendwo online lesen) miterlebt und aufgrund dessen ein Gefühl für Zahlen bekommen könnte.