Die Politik der letzten Jahre war nun mal leider nicht gut. Zum Glück ist der Mensch leidensfähig: werden die passenden "Leckerlis" präsentiert, kann man sich auch mit einem sinkenden Lebensstandard abfinden. Soll heißen: Solange das Festhalten am Status Quo (und damit am Trend nach unten) einfacher und/oder profitabler erscheint, als der Versuch gewisse Verhältnisse zu ändern, werden keine Steine in den Weg gelegt. Diese Bequemlichkeit ist nicht grundsätzlich verwerflich, kann das darunterliegende Problem aber natürlich nicht lösen.
So wie der Mehrheit der Bevölkerung also ihr Abstieg dämmert (gegen den sie nichts unternimmt, siehe oben), so dämmert den Regierenden, dass sie irgendwann keine Leckerlis mehr zum Verteilen haben werden und das System in aktueller Form nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Auch hier schlägt die genannte Bequemlichkeit zu Buche, denn Änderungen sind manchmal aufgrund in der Vergangenheit selbst oder durch bequeme Vorgänger geschaffener Verhältnisse schwer bis unmöglich in der Umsetzung und gelobt wird man hinterher auch nicht - oder womöglich erst nach dem eigenen Tod, was auch nicht jedem schmeckt.
Ist der Kipppunkt erreicht (aka: die Leckerlis gehen endgültig aus oder das Interesse daran versiegt aufgrund zu großer äußerer Probleme) ändert sich das System zwangsläufig. In welche Richtung es kippt ist leider unvorhersehbar und eigentlich auch kaum beeinflussbar. Der genaue Zeitpunkt des Kipppunktes ist ebenfalls nicht vorhersehbar, so wie man nicht vorhersagen kann, wie lange die Wartung einer Brücke ausgesetzt werden muss bis sie endlich aus irgendeinem Grund einstürzt. Die ausbleibende Wartung wird aber durchaus in interessierten Kreisen (aus unterschiedlichen Gründen) wahrgenommen.
Eigentlich der natürliche Lauf der Dinge wenn man sich Geschichtsbücher ansieht. Die Angst der Beteiligten nährt sich aus dieser Ungewissheit, ähnlich wie der Ausgang eines Glücksspiels. Ausreden und Sündenböcke sind aber gute Leckerlis, weil sie wenig kosten und systembedingt (Medien) leicht verabreicht werden können. Also nimmt man die Mittel, die einem noch zur Verfügung stehen.