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  • varadi

151 Beiträge seit 17.04.2021

Re: übrigens...

SeppMaier schrieb am 09.03.2024 12:21:

[...]
In der Bundesrepublik hatten die Frauen bis in die 70er Jahre ziemlich eingeschränkte Rechte. Sie durften z. B. nur mit dem Einverständnis ihres Ehemannes arbeiten.
[...]

Übrigens ... ist das nicht ganz zutreffend....

Auszug Kommentar zu § 1356 BGB, Münchener Kommentar zum BGB
9. Auflage 2022, dort II. Rechtsentwicklung:

"Nach der ab 1900 geltenden Fassung war die Ehefrau zur Leitung des gemeinschaftlichen Hauswesens berechtigt und verpflichtet, unbeschadet des dem Manne zustehenden Entscheidungsrechts in allen Angelegenheiten des gemeinschaftlichen Ehelebens. Zur Mitarbeit im Haus und Geschäft des Mannes war die Frau verpflichtet, soweit dies nach den Verhältnissen der Eheleute üblich war. Dieses Leitbild der Hausfrauenehe modifizierte das GleichberG vom 18.6.1957 (BGBl. 1957 I 609) nur insoweit, als die Ehefrau den Haushalt in eigener Verantwortung zu führen hatte. Zu einer Erwerbstätigkeit war die Frau berechtigt, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar war. Die Mitarbeitspflicht in Beruf oder Geschäft des Ehepartners erstreckte das GleichberG auf beide Ehegatten."
https://lexetius.com/BGB/1356,3

Dies wurde dann 1977 geändert.
https://lexetius.com/BGB/1356,2

Das Familiengericht konnte einer Ehefrau damals tatsächlich per Gerichtsentscheidung verbieten, erwerbstätig zu sein, aber nicht der Ehemann. Die Aussage, eine Frau durfte nur mit Einverständnis des Ehemannes arbeiten ist daher verkürzt. Der Ehemann konnte bei Gericht das Verbot beantragen und dieses hat dann über die Sache entschieden.

Fun fact aus BGH vom 10. 11. 1959 - VI ZR 201/58: "Einer besonderen Betrachtung bedarf aber die Pflicht zur Mithilfe im Haushalt bei nicht mehr im Berufsleben stehenden Personen. Das BerGer. hat daher an sich zu Recht auch zwischen der Zeit der beruflichen Tätigkeit des Kl. und der Zeit nach seiner Pensionierung unterschieden. Für die letztere ist aber wieder verkannt, daß nicht mehr tätige, aber noch rüstige Ehemänner auch in bürgerlichen Verhältnissen in besonderem Maße ihre Ehefrauen bei der Hausarbeit zu entlasten pflegen. Diese in weiten Bevölkerungskreisen bestehende Übung entspricht auch der heutigen Auffassung von der Ehe, mit der es unvereinbar ist, daß ein im Ruhestand lebender Mann seiner Frau bis ins hohe Alter alle Arbeiten allein überläßt und er selbst untätig zuschaut.

Persönlich finde ich es obskur, dass derartige Angelegenheiten durch ein staatliches Gesetz geregelt werden. Aber was solls, die Menschen lieben Regeln...

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (09.03.2024 13:12).

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