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Avatar von auf_der_hut
  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: Danke! Das ist die Wahrheit.

Es wird immer gefährlich, wenn die Bestrafung und Mundtotmachung von Andersdenkenden im Namen der "Wahrheit" gefordert wird.

Ich bezweifle, dass man mitten in einem laufenden Krieg so eindeutig Wahrheit von Lüge und Gut von Böse unterscheiden kann. Das lässt sich in aller Regel, wenn überhaupt, erst in der Rückschau bewerten. Die Widerstandskämpfer des 20. Juli galten zu ihrer Zeit wohl den meisten Deutschen als Verräter und feige Attentäter, heute sind Straßen und Kasernen nach ihnen benannt.

Kolenda stellt hier eine Meinung zur Diskussion, er behauptet nicht "die Wahrheit" zu kennen. Zitat: "Es gibt in der internationalen Politik nicht nur "Schwarz" oder "Weiß", nicht nur "die Guten" und "die Bösen" ..." - nur um dann selbst undifferenziert das sattsam bekannte "Sündenregister" der USA herunterzubeten um sie als mindestens ebenso "böse" wie Russland darzustellen. Dass auch Russland in dem fraglichen Zeitraum mehrere (und teils sehr opferreiche) Kriege führte, fällt ganz unter den Tisch. Es läuft ein wenig darauf hinaus "der Westen zündelt die ganze Zeit und kaum machen die Russen auch mal ein bisschen was sind sie gleich die Bösen". Sorry, aber dieses Niveau ist zur Erklärung politischer Zusammenhänge ein bisschen reichlich dünner Tee.

So eine Argumentation ist fruchtlos, denn sie entschuldigt Russland nicht und bügelt die gewaltigen Unterschiede zwischen den Militäroperationen gnadenlos platt. Die amerikanischen Interventionen lassen sich vielleicht entfernt mit dem russischen Einsatz in Syrien vergleichen. Der "Bruderkrieg" in der Ukraine, wo Putin sich auf die engen historischen Verbindung mit dem ukrainischen Volk beruft, ist etwas völlig anderes. Die Russen sehen darin eine innere Angelegenheit und halten die westliche Unterstützung der Ukraine für Einmischung. Die USA hatten aber niemals vor, Vietnam, Serbien, den Irak oder gar Afghanistan zu einem Bundesstaat der USA zu machen, geschweige denn Amerikaner dort anzusiedeln. Der Ukrainekrieg ist ein Eroberungskrieg alten (sowjetischen) Stils. Es geht nicht nur um Kontrolle, sondern um vollständigen und dauerhaften territorialen Besitz - das prägt das Verhalten Russlands in den besetzten Gebieten, das Abhalten von Referenden, die Annexion unter feierlicher Beschwörung von Großrussland, die Russifizierung. Das Vorgehen weist viele Parallelen zu den Kriegen Stalins gegen Finnland und Polen vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion auf.

Fest steht für mich, dass Russland die Ukraine angegriffen hat, ohne selbst angegriffen worden zu sein. Bis jetzt hat Russland keinen stichhaltigen Grund für den Angriff genannt, der völkerrechtlich ausschließlich in der Abwehr eines unmittelbar bevorstehenden Angriffs durch die Ukraine hätte bestehen können, auf den es keinerlei Hinweis gibt. Dass Russland "Sicherheitsinteressen" hat und die Ukraine gerne aus der NATO heraushalten möchte ist vielleicht ein legitimes politisches Ziel, aber kein Kriegsgrund. Dass in der Ukraine angeblich "Nazis" regieren, geht Russland nichts an. Für den behaupteten "Genozid" hat Russland keine Beweise geliefert und von der UN kein Mandat für eine humanitäre Intervention erhalten und sich auch gar nicht darum bemüht. Russland wurde im Gegenteil von der UN-Generalversammlung zum sofortigen Rückzug und zur Respektierung der ukrainischen Grenzen aufgefordert.

Es ist bleibt fraglich, ob der Krieg durch zu aggressives oder durch zu nachgiebiges Auftreten gegenüber Russland verursacht wurde. Es ist jedenfalls plausibel, dass der Angriff wohl nicht erfolgt wäre, wenn die Ukraine zu Beginn des Krieges schon die Waffen gehabt hätte, über die sie jetzt verfügt und Putin den Kriegsverlauf hätte vorhersehen können. Die Möglichkeit einer Niederlage scheint in den Planungen nie eine Rolle gespielt zu haben. Wirklich wissen wird man es erst, wenn in ein paar Jahrzehnten die russischen Archive geöffnet werden.

PS: Die von Scheer zitierten Mininukes gab es mal in den 50er Jahren, die haben die Amerikaner aber längst abgeschafft. Seit 1993 ist die Entwicklung und Herstellung von Mininukes in den USA ausdrücklich verboten. Die USA nehmen die Mininukes als Bedrohung wahr und nicht als Möglichkeit zur eigenen Kriegführung. Sie befürchten, dass Terroristen so etwas in die Finger kriegen könnten.

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