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  • Bassasdi

369 Beiträge seit 19.07.2013

Wolf Schneider: der Ausbilder

(Weniger langatmig habe ich es nicht hinbekommen.)

Mein Arbeitgeber hatte meinen Kollegen und mir das zweifelhafte
Vergnügen bereitet, bei Wolf Scheider ein zweitägiges Seminar zu
absolvieren. 

https://de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Schneider

Zunächst ließ sich die Sache spaßig an: Er las missglückte Passagen
aus unseren Texten vor und kommentierte sie. Da wir ein gutes Team
waren, lachten wir viel und jeder bekannte sich zu seinen Perlen
(„Mist, jetzt hat er mich am Wickel!“, „Dein Mist stinkt aber nicht
so schlimm wie meiner!“).

Dann stellte sich Schneider persönlich vor, beginnend mit diesen
Worten: „Ich bin rechts liberal.“ Das war eine überflüssige
Infomation für Schreiblinge in einem Unternehmen, das sich mit IT
beschäftigt. Es folgte seine Biographie um eher uncharmante Anekdoten
bereichert. Dann waren wir an der Reihe: Als alle Kollegen ihren
Tätigkeitsbeschreibungen Worte wie „ich bin Rechtsträger“, „ich bin
Christ und auch sonst mäßig begabt“ oder „ich bin zwei Linksabbieger“
voranstellten, mochte er uns nicht mehr. Vielmehr war ihm die
Zornesröte ins Gesicht gestiegen.

Der Rest des Seminars war ein Kampf zwischen ihm und uns. Selbst
interessierte Nachfragen zu seinen Erläuterungen, beantworte er mit
einer eleganten Beschimpfung (in dieser Hinsicht konnte man wirklich
etwas lernen). Ein derartig autoritäres Gehabe war mir noch nie
begegnet. Er verhielt sich töricht (töricht = seine
Lieblingsvokabel).

Dieser Mann hat mittels der Henri-Nannen-Schule eine ganze
Journalistengeneration „ausgebildet“. Fraglos ist Schneider eine der
vielen Kapazitäten auf dem Gebiet der Formulierung. Er steht aber
auch für eine Geisteshaltung, die im Widerspruch und Zweifel das zu
Zerstörende erkennt. Dem Kreativen lässt das wenig Raum.


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