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mehr als 1000 Beiträge seit 10.09.2002

Re: Grundlagen aus Deutschland

Neuro-Schachcomputer
Spekulationen über zukünftige Generationen schachspielender Automaten
Dr. Reinhard Munzert, 1988
https://computerschach.de/neuro-schachcomputer
Meines Wissens war dies weltweit der.erste Artikel, der sich mit Schach, Neuronalen Netzen und Neuro-Computern befasst
hat. DeepMind und AlphaZero haben es dann Jahrzehnte später verwirklicht – natürlich ohne diese grundlegende Arbeit zu nennen.
Auszug:
Intuition und Kreativität

Bekanntlich fehlen Computern wesentliche Aspekte menschlichen Denkens bzw. menschlicher Leistungsfähigkeit, vor allem Intuition und Kreativität, wie sie die Spielweise von erfolgreichen Schachspielern häufig auszeichnet. Zweifellos finden, d.h. berechnen auch Computer „kreative“ Züge, aber im allgemeinen auf völlig andere Weise, als dies bei vielen Schachspielern der Fall ist, die gute Möglichkeiten oft intuitiv entdecken. Natürlich lassen Computer auch die Berücksichtigung und Anwendung psychischer bzw. psychologischer Aspekte (siehe Munzert 1988) außer Acht…
Kommen wir nun endlich zu den angekündigten Entwicklungstendenzen der Computertechnologie, die auf lange Sicht auch zu fundamentalen Veränderungen im Computerschach führen könnten.
Neueste Entwicklungen in der Computerwissenschaft lassen erwarten, dass in den nächsten Jahren –oder besser Jahrzehnten – manche Computer bezüglich ihrer Hardware menschenähnlicher werden, was auch starke Veränderungen der Software mit sich bringen wird. Dies könnte zu Schachcomputern führen, die zumindest teilweise hinsichtlich ihrer Informationsverarbeitung ähnlich funktionieren wie menschliche Gehirne.
Als „neuronale Architektur“ wird die Hardware bezeichnet, die dem Aufbau des menschlichen Nervensystems bzw. Gehirns entsprechen soll. In diesen Strukturen wird Informationsverarbeitung nach dem Vorbild menschlichen Erkennens, Erinnerns und Problemlösens ablaufen. Solche Prozesse beruhen auf der Verwendung von Schaltkreisen mit neuronenähnlichen Bauelementen (zu den komplizierten theoretischen und technischen Grundlagen siehe die Arbeiten von Kinzel & Decker 1988 sowie Tank & Hopfield 1988).
Neuro-Schachcomputer mit assoziativem Speicher könnten ähnlich arbeiten: Eine bestimmte Schachposition führt unter den im assoziativen Speicher bewahrten Mustern zur Suche nach den ihr ähnlichsten Stellungstypen. Dabei müsste das Kunststück vollbracht werden, zu erkennen, ob die Abweichungen zwischen der vorliegenden und der gespeicherten Konstellation vernachlässigbar oder wesentlich sind.
Schließlich könnten ebenfalls zu dieser Position gespeicherte mögliche Vorgehensweisen für beide Seiten abgerufen werden. Auf dieser Grundlage könnten dann durch Parallelrechner weiterführende Variantenberechnungen erfolgen. Assoziative Speicher sollten auch in der Lage sein, auf der Basis bestimmter Positionsmerkmale (z.B. spezieller Bauernkonfigurationen) alle gespeicherten Positionen abzurufen, in denen die gleiche Konstellation vorliegt.
Wenn es gelingt, neue Positionen und die damit gemachten Erfahrungen einzuspeichern, würde dies zu einer besonderen Art von Lernfähigkeit führen. Durch verbesserte Mustererkennung von Schachcomputern könnte – langfristig betrachtet – sogar etwas erreicht werden, was man beim Menschen als Intuition bezeichnet…“ (soweit 1988).
Hauptsache es funktioniert!
Computerpionier Prof. Konrad Zuse ist es ja ähnlich ergangen. – Er hat sich bei einer Tagung für meinen Ansatz sehr interessiert und mein Exemplar von Computerschach.und Spiele freundlich erbeten.

Dr. Reinhard Munzert

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