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  • Trent

mehr als 1000 Beiträge seit 24.07.2001

und Schluß :Reinigungskrise zur Beseitigung von Überinvestitionen

 In Deutschland setzte man immer noch auf friedliche Methoden zur
Garantie der Kapitalrentabilität. Und das notwendige
Wirtschaftswachstum forcierte man durch ständige Exportausweitung und 
    Bedürfnisweckung im Konsumbereich.
Doch hinter den Kulissen entstand auch bei uns wieder eine
Rüstungsindustrie, die sogar nach und nach das Ausland mit ihren
'Qualitätsprodukten' beglückte. So gewann die 
    Bundesrepublik Deutschland in den
70er und 80er Jahren immer mehr den Anschluß an die Siegermächte, die
bereits in den 50er Jahren ihre Rüstungsindustrie erneut auf
Hochtouren brachten. Selbst der damalige 
    US-Präsident und frühere
Weltkriegsgeneral Eisenhower warnte mehrfach öffentlich vor dieser
gefährlichen Verselbständigung des militärisch-industriellen
Komplexes. Aber das Kapital hatte im wahrsten Wortsinn 'Blut
gerochen', zuerst im Koreakrieg und dann an vielen anderen
Kriegsschauplätzen in der Welt bis hin zum Krieg in Vietnam, sodass
es kein Halten mehr gab.
Wie sich diese Kriege im Laufe des Jahrhunderts auf die Konjunktur in
den USA ausgewirkt haben, zeigt die Darstellung 3, die dem Buch des
amerikanischen Ökonomen Ravi Batra "Die Rezession von 1990",
entnommen ist.
Obwohl man jeden potenziellen Gegner nur einmal töten kann, reichten
die Waffenarsenale und Vernichtungskapazitäten bereits in den 80er
Jahren aus, um jeden Menschen auf der Erde 15-20mal umzubringen.  Der
Irrsinn dieses ständig wachsenden Overkills ist mit keiner Logik
erklärbar. Denn selbst wenn man sich als Militärstratege das Ziel
setzt, alle potenziellen Feinde töten zu können, welchen Sinn kann es
haben, die bereits Toten noch ein Dutzendmal umzubringen? Doch dieser
Wahnsinn hatte – wie bereits dargelegt – Methode. Er garantierte
nicht nur Tausenden von Waffenschmieden und -händlern lukrative und
staatlich abgesicherte Gewinne, sondern sorgte vor allem dafür, dass
die Zinsen in aller Welt auf einer ausreichenden Höhe blieben, was
den Rückzug des Kapitals vom Markt und damit das Zuschnappen der von
Keynes so genannten  Liquiditätsfalle verhinderte.
Die Kapitalrenditen blieben auf diese Weise zwar lange Zeit
gesichert, nicht aber der Wohlstandsanstieg der Menschen. Denn mit
den Waffen und Militäranlagen mußten sie Produkte schaffen, von denen
sie  keinerlei Nutzen hatten. Ja, diese Rüstungsgüter wurden sogar zu
einer immer größeren konkreten Bedrohung für ihr Leben. Außerdem
wurden sie für diesen Milliarden-Wahnsinn auch noch als Steuerzahler
zur Kasse gebeten.
Mit der Rüstung wird jedoch nicht nur Kapital bedient, sondern auch
gebunden, richtiger: vom Markt genommen. Würde man das in die
Rüstung, die Raketensilos, Kasernen usw. investierte Kapital im 
zivilen Sektor einsetzen, dann wäre das dort gegebene Angebot
deutlich größer. Ein größeres Angebot an Wohnungen, Konsumgütern usw.
aber würde auf die Kapitalrendite einen entsprechenden Druck ausüben.
Aufgrund  dieses Drucks müßte – wenn das Kapital nicht streiken
könnte – der Zins schließlich gegen Null heruntergehen. Da aber das
Kapital streiken, das heißt, sich vom Markt zurückziehen kann, sind
die Staaten an ständiger  Knappheit und ausreichend hohen Zinsen
interessiert, notfalls sogar unter Duldung oder Förderung von
Kriegen.
Statt das Geld mit geldpolitischen Mitteln zu veranlassen, sich ggfs.
auch bei niedrigeren oder ohne Zinsen der Wirtschaft zur Verfügung zu
stellen, sorgen die Staaten auf diese Weise also für die
geldstreikvermeidende Knappheit von Kapital. Vergleichbar ist das mit
der Praxis der EG-Agrarmarktpolitik. Auch hier sorgt man bei
allzuguten Ernten durch künstliche Verknappung des Angebotes (sprich
Vernichtung) für weiter hochbleibende Preise, um Streiks der Bauern
aus dem Weg zu gehen. 7. Kapitalvernichtung in sogenannten
Reinigungskrisen    
In der wissenschaftlichen Literatur gibt es für den Vorgang der
Kapitalvernichtung den Begriff "Reinigungskrise zur Beseitigung von
Überinvestitionen". Gemeint ist der Zustand, bei dem der 
Investitionsumfang so groß geworden ist, dass er den Zins unter jene
Grenze drückt, bei der es zu Geldzurückhaltungen und damit
deflationären Rezessionen kommt. Auch ohne Krieg und ohne Rüstung
werden in solchen Rezessionen durch Unternehmens- und
Privatbankrotte, durch Verschleudern oder Verderben von
"Überproduktionen" bereits Vermögenswerte aus dem Verkehr gezogen.
Mit dieser "Reinigung" – sprich Kapitalvernichtung – wird dann wieder
eine ausreichende Knappheit erzeugt, die über höhere Zinsen das
Kapital wieder aktiv werden läßt.
Durch ständige Ausweitung marktferner Investitionen – von der
Raumfahrt bis zur Rüstung – kann man die Notwendigkeit solcher
"Reinigungskrisen" zwar eine Zeitlang hinausschieben, aber kaum auf
Dauer. Irgendwann wird eine große "Reinigung" unausweichlich. Und
dazu ist ein Krieg nicht nur durch den erhöhten Waffenverbrauch und
die angerichteten Schäden unübertreffbar wirkungsvoll. Auch durch die
Vernichtung der Geldvermögen, die meist mit dem anschließenden
Staatsbankrott verbunden sind, verschwinden riesige Kapitalpolster
aus der Welt. Die Gewinner solch großer "Reinigungen" sind
diejenigen, die rechtzeitig in Sachvermögen umgestiegen sind,
möglichst außerhalb der Kriegsgebiete. Noch besser ist natürlich die
Anlage in das unzerstörbare Bodenkapital. Den so "Überlebenden" der
Kapitalvernichtung wird jedenfalls ein ganz enormer Reichtumsanstieg
beschert.
John Maynard Keynes, als Zeuge über alle Zweifel erhaben, hat die
Zusammenhänge in etwas komplizierterer Sprache beschrieben:
"Jedesmal, wenn wir das heutige Gleichgewicht durch vermehrte
Investitionen sichern, verschärfen wir die Schwierigkeit der
Sicherung des Gleichgewichtes von morgen." Und als Notausgänge aus
diesem Dilemma zählt Keynes auf "das Bauen von Pyramiden und
Kathedralen,  Erdbeben, selbst Kriege", denn, so schreibt er weiter,
"zwei Pyramiden, zwei Steinhaufen für Tote sind doppelt so gut wie
einer, aber nicht zwei Eisenbahnen von London nach York." [6]
Mit dieser etwas schwer verständlichen Darlegung bestätigt Keynes,
dass ständig vermehrte Investitionen im zivilen Bereich das
'Gleichgewicht' gefährden, sinnlose Bauten, Erdbeben und Kriege es
dagegen auf Dauer sichern können.
 8. Die Kriege am Golf   
Seit fast 50 Jahren hat es in Europa keinen Krieg mehr gegeben und
darauf sind die meis-ten Politiker bei uns stolz. In Wirklichkeit ist
es uns nur gelungen, die "ungeheure Capitalzerstörung" durch Kriege,
die zum Erhalt der Kapitalrendite früher nötig war, bislang durch
eine ungeheure Naturzerstörung und Überrüstung überflüssig zu machen.
Doch wenn sich irgendwo in der Welt Möglichkeit zur kriegerischen
Kapitalzerstörung bot, waren Europa und die USA immer dabei, als
Lieferant der Todeswaffen ebenso wie hinterher beim
kapitalverschlingenden Wiederaufbau. Diese "Stellvertreterkriege"
waren außerdem die beste Möglichkeit, neue Waffen in der Praxis
vorzuführen und weitere Kunden zu gewinnen.
Wenn man bedenkt, dass "die fünf ständigen Mitglieder des
Weltsicherheitsrates der UNO (Großbritannien, UdSSR, USA, Frankreich,
China), die den Weltfrieden sichern sollen, die größten
Waffenlieferanten der Entwicklungsländer sind", (terre des hommes,
Dez. 1991), braucht man sich über nichts mehr zu wundern.
Die ganze Skala aller "Nachkriegskriege" daraufhin noch einmal
durchzugehen, würde zu weit führen. Auch wäre es ein fruchtloses
Unterfangen, für einen dieser "Stellvertreterkriege"  – sieht man von
den Kapitalprofiten ab – nachträglich einen Sinn zu konstruieren.
Hier soll darum nur noch einmal an die beiden Golfkriege erinnert
werden, die uns, trotz schnelllebiger Zeit und täglich neuer 
 Kriegsschauplätze, wohl noch gegenwärtig sind.
Der erste, acht Jahre lange Golfkrieg zwischen Irak und Iran war das
bisher größte "Nachkriegsgeschäft" für die waffenliefernden Länder.
Dabei lagen die westlichen Industrienationen immer an der Spitze. Vor
allem verstanden sie es vorzüglich, gleich beide kriegführenden
Seiten zu beliefern. Und da es sich bei beiden Ländern aufgrund der
reichen Bodenschätze in Form von Öl um zahlungskräftige Kunden
handelte, war der Dauer dieses Krieges fast kein Ende gesetzt. Doch
aufgrund der großen Zerstörungen in den Ländern und des allgemeinen
Leistungsrückgangs kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem man wieder
aufbauen muß, wenn die Zahlungsfähigkeit erhalten bleiben soll.
Außerdem verspricht sich das Kapital bei einem bestimmten Ausmaß der
Zerstörung vom Wiederaufbau noch lukrativere Geschäfte. So schrieb 
"Die Zeit" am 18.10.1987, noch vor Beendigung der Kämpfe: "Eine
größere Zahl deutscher und japanischer Finanzvertreter harrt in
Teheran aus. Sie setzen auf die Zeit des Wiederaufbaus nach dem Ende
des Krieges.  Wirtschaftsschäden von über 300 Milliarden habe der
Krieg verursacht. Da winkt, so hoffen die Geschäftsleute, mancher
dicke Investitionsauftrag." Doch nicht nur die Lieferung ziviler
Ausrüstungen zum Wiederaufbau hilft die Kapitalrendite zu sichern,
sondern ebenfalls die dazu gewährten Kredite.
Auch beim zweiten Golfkrieg, bei dem es vordergründig um die
Befreiung Kuweits ging, spielten Geld und Geschäft eine entscheidende
Rolle. Denn der Irak war unter Saddam Hussein jahrelang – vor und im
ersten Golfkrieg – einer der Spitzenkunden für die westlichen und
östlichen Waffenlieferanten. Dass es sich bei Hussein um einen der
übelsten Diktatoren handelt, hat dabei keinen Politiker gestört. Sie
finanzierten seine Käufe auch gern mit gut verzinsten Krediten im
voraus."
Text geht noch weiter auf
http://www.sozialoekonomie.info/Zeitschrift_fur_Sozialokonomie/LesePr
oben/Page12177/page12177.html


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