> Beim Lesen Deiner interessanten Ausfuehrungen, bleibt mir bislang ein
> massives Unbehagen.
> Wie soll ich mich unbefangen in Diskussionen ueber mein und unser
> Selbstbild im Zusammenhang mit Sexualitaet einlassen, solange noch
> nicht die kostbare und empfindliche "Kastanie" der Freiheit aus dem
> "Feuer" der Auseinandersetzungen ueber dieses Thema geholt ist?
Man muss hier einige Dinge unterscheiden:
1. In der Forschung, inwieweit Gewaltdarstellungen in Filmen oder
Computerspielen die Gewaltbereitschaft erhöhen wurde folgendes
festgestellt: Kinder können schon sehr früh zwischen Realität und
Fiktion unterscheiden (so c.a. mit 5 Jahre fangen sie eigenintitiativ
an, am Weihnachtsmann zu zweifeln)Ein Kind, was gewaltfrei und
liebevoll aufwächst, erkennt zwischen seinem Leben und der Fiktion in
den Filmen keinen Zusammenhang, sodaß es reine Fiktion bleibt (Die
Grimms Märchen sind auch total grausam!) und keinerlei Auswirkungen
hat. Ein Kind, was aber selber viel Gewalt erlebt hat, sieht eine
Parallele zwischen seiner Welt und der Fiktiven. In diesem Fall kann
die Fiktion als Beispiel dienen und die Gewaltbereitschaft erhöhen.
Die Ursache für Gewalt liegt also keinesfalls in der fiktiven
Gewaltdarstellung, sondern im realen Leben. Ähnlich wird es
schätzungsweise bei Pornografie sein. Ob sie schadet, hängt davon ab,
welche sexuellen Erfahrungen/Erziehung das Kind im realen Leben
gemacht hat. Für potentielle Vergewaltiger, die schon die
Bereitschaft dazu haben, kann Ponografie verstärkende Wirkung haben,
für andere nicht. Es macht also keinen Sinn es zu verbieten, nur weil
manche Menschen aus ganz anderen Ursachen, keine Pornos vertragen.
(Ich verbiete auch keine Hochhäuser, weil manche Menschen an
Höhenangst leiden) Mit einem Verbot erreicht man nur, dass es
kriminalisiert wird, aber ändert nichts an den Ursachen für sexuelle
Gewalt.
2. Es geht mir nicht darum, dass nackte Körper oder sexuelle
Darstellungen moralisch verwerflich sind. Der Knackpunkt ist die
Machtkomponente, die dort hineinspielt. Als ich mal im Dollhaus auf
der Reeperbahn war (in Begleitung eines König vom Kiez a.D., der der
Vater meiner Freundin ist), fand ich es dort gut, dass 1/3 der
Tabledanzer Männer waren und die außerdem echt akrobatische
Bewegungen ausführten. Als unser Begleiter scherzhaft meinte, er
könne uns hier sofort einen Job besorgen, sagten wir nur:"Sorry, so
gelenkig sind wir nicht!"
Warum macht es den Eindruck, als hätten Frauen einen geringeren
"Sextrieb"? Das kann man viel einleuchtender erklären, wenn man nicht
an den Sextrieb glaubt, sondern den Wunsch nach Sex als Wunsch nach
genußvoller Lust mit anderen Menschen (soziale Komponente) sieht.
Frauen machen eben oft keine lustvollen Erfahrungen mit Sex. Die
Entjungferung ist schon schmerzlich. Manche Männer interessiert es
überhaupt nicht, ob die Frau auch Spaß daran hat, sie kennen nicht
einmal die tatsächlichen errogenen Zonen von Frauen. Jede Frau, auch
wenn sie selber noch nie betroffen war, weiß, dass jederzeit die
Gefahr besteht, an den Falschen zu geraten, denn sexuelle Gewalt, von
meistens Männern gegen Frauen, ist leider immer noch eine alltägliche
Tatsache. Ist es da ein Wunder, dass Frauen verhaltener sind? Eine
Frau, die überwiegend lustvolle Erfahrungen mit Sex genacht hat und
keine entwürdigenden, wird genauso lustvoll sein, wie ein Mann. Dazu
kommt noch die Erziehung, die immer noch bei Frauen den moralsichen
Zeigefinger mehr hoch hält, als bei Männern. Frauen wurde sogar lange
die sexuelle Empfindung ganz abgesprochen. Eine Frau, die Lust dabei
verspürte, galt als krankhaft. (Hinzu kommt noch, dass im zweifel die
Frau die Dumme ist, wenn sie schwanger wird)
Was mich an Pornografie stört, ist nicht die Darstellung von Sex an
sich, sondern, dass meistens nur Frauen als sexuelle Ware feilgeboten
werden (siehe die 0190-Spots im Fernsehen). Letztens mailte ein Kunde
meinem Arbeitskollegen ein Bild. Abgebildet war darauf eine blonde,
nackte Wuchtbrumme und eine Fernbedienung. Auf den Knöpfen der
Fernbedienung stand z.B.: Putzen, bügeln, ficken, von hinten, blasen
u.s.w. Stellen sie sich dasselbe mit einem Schwarzen anstatt mit
einer Blondine vor. Jeder würde sich davon sofort wegen Rassismus
distanzieren. Mit Frauen kann man es aber anscheinend machen!
Kürzlich stand im Spiegel, dass deutsche Unosoldaten sich ein
Taschengeld nebenher verdienen, fern der Heimat, indem sie in
Geschäfte mit Zwangsprostitution (auch Minderjährige) verwickelt
sind.....Von unserer Regierung wird es verharmlost. Scharping sagte
dazu: Man solle es in den Medien nicht aufbauschen, aus Rücksicht auf
die Ehefrauen der Soldaten (tolles Argument!). Es werden immer noch
Frauen verschleppt und "eingeritten", um sie zu Prostitierte zu
machen....u.s.w. Darum geht es, wenn Emanzen sich gegen Pornos
wehren, nicht um Prüderie! Dass auf diesen Zug auch immer
lustfeindliche Moralapostel mit aufspringen, läßt sich nicht
vermeiden. Es geht um die Verbindung von Sex und Macht. So werden
auch im Krieg zur Demütigung des Gegners, dessen Frauen vergewaltigt.
Dabei geht es mit Sicherheit nicht um sexuelle Lustbefriedigung
(siehe auch die Texte zum Thema "Trieb"-Täter) , sondern um die
Befriedigung von Machtgelüsten, wofür Frauenkörper immer noch
herhalten müssen.
> Somit ist also die Freiheit (hier die des Pornokonsums und der freien
> Partnerwahl) in die Naehe einer moralisch minderwertigeren freien
> Konsumgueterwahl gerueckt. Das erfuellt mich mit groesster Sorge,
> ergeben sich doch hier gute Ansatzmoeglichkeiten zusammen mit einer
> "PorNO"-Kampagne eine konservative Moral- und Zensurkampagne zu
> lancieren. Schliesslich waere sexuelles Beduerfnis nur eingebildet
> oder angelernt und somit durch Eigen- oder Fremdeinfluss
> manipulierbar.
Es geht hier nicht um Moral im Sinne der Vertäufelung des Sexuellen,
sondern um Ersatzbefriedigung.
Noch einmal kurz zwischen geschoben: Unterschiede zwischen
Nahrungstrieb (Hunger) und Sex: Wenn ich die Nahrung verweigere und
man mir deshalb zwangsweise den Magen mit Essen vollpumpt, bin ich
danach mit Sicherheit satt, also der Nahrungstrieb ist befriedigt.
Wenn ich lange keinen Sex hatte und vergewaltigt werde, dann wird
dadurch mein sexuelles Lustbedürfnis sicher nicht befriedigt, sondern
im Gegenteil vergeht mir da alles 8früher ging man vielleicht ins
Kloster, da war man sicher). Niemand prahlt damit, dass er viele
Sahnetorten verschlingen kann, aber damit, dass er Erfolg beim
anderen Geschlecht hat, prahlt es sich gerne (Man sagt nicht: "Ich
hab das Essen so richtig geil in mich hineingeschlungen" aber man
sagt: "Der hab ich es so richtig geil besorgt".) Geht es dabei nicht
um mehr, als nur das Körperliche, nämlich um menschliche Anerkennung?
Darum, dass man von anderen attraktiv gefunden wird und meine Nähe
für den anderen erstrebenswert ist? Geht es nich viel mehr um das
miteinander Spaß haben, als um körperliche Funktionen?
Ein unsympatischer Mensch, den keiner leiden kann, aber der viel Geld
hat, wird sich seine Freunde kaufen (oder er nimmt sich alle
Vergnügungen mit Gewalt, weil er die Macht dazu habe, andere für sich
dienlich zu machen). Das ist traurig, aber völlig sinnlos, es ihm zu
verbieten. Wer keine Frau in freier Wildbahn ins Bett bekommt, geht
ins Bordell und sowohl Prostituierte haben es drauf (als auch die
Blicke und Körperhaltung in Pornos), den Eindruck zu erwecken, als
würde der Typ sie richtig geil machen. Das gehört zum Geschäft. Sie
geben ihm also vermeindlich Anerkennung, für die er aber in
Wirklichkeit bezahlt hat. Es ist nicht moralisch verwerflich, sondern
traurig! Wenn ich eine feste Bindung eingehe, dann lernt der andere
auch meine ganze Persönlichkeit kennen. Wenn er mich mag, dann mag er
mich vollständig. Wenn ich den Kontakt zu anderen auf kurze Abenteuer
beschränke, laufe ich nicht Gefahr, dass der andere mich nicht mehr
mag, wenn er mich erst mal ganz kennt. Der Nachteil ist aber, dass er
mir nur insoweit Anerkennung gibt, mit mir eine Nacht zu verbringen.
Toll genug, um mit mir einen Teil meines/seines Lebens zu verbringen,
findet er mich vielleicht nicht. Ich bekomme also nur oberflächliche
Anerkennung, wo gegenseitiges Vertrauen, füreinander Einstehen und
meine charakterlichen Qualitäten keine Bedeutung haben. Das deckt
sich mit der oberflächlichen Ersatzbefriedgung, die man auch durch
Konsumgüter hat. Ich werte mich auf, indem ich ein schickes Auto
fahre, oder Markenklamotten trage. Die "arme Wurst" an Mensch, die
ich vielleicht wirklich bin, verberge ich damit. Anstatt mich einem
anderen Menschen vollkommen Preis zu geben in meiner ganzen
Persönlichkeit, gebe ich mich damit zufrieden, mir Wixvorlagen zu
kaufen und mir einzubilden, dass die darauf abgebildete Frau, die
sich mir hingibt, mich für einen tollen Typen hält. Ich finde es
traurig, aber nicht moralisch anrüchig. Ich denke, es hat viel mit
der allgemeinen Anonymisierung und Vereinsamung in unserer
Gesellschaft zu tun. Wieviele alten Leute verdrängen ihre Einsamkeit
mit Fernsehkonsum? Aus welchen Gründen auch immer, das wäre ein
anderes interessantes Thema, ist das soziale Gefüge in unserer
Gesellschaft ziemlich im Eimer. Der Frust wegen fehlender
menschlicher Nähe und Zuneigung wirkt sich bestenfalls in
Ersatzbefriedigung aus und schlimmstenfalls, dass ich mir mit Gewalt
nehme, was ich brauche, ungeachtet dessen, dass man menschliche Nähe
nicht erzwingen kann. Die These, dass Machtmenschen (z.B. Hitler) in
Wirklichkeit arme frustrierte, ungeliebte, komplexbeladene
"Verlierer" sind, ist schon sehr alt und ich denke nahezu
unbestritten.
Gegen Sex als Mittel der Machtausübung sollte man m.E. auf jeden Fall
Zeichen setzen und es nicht billigen. Gegen Ersatzbefriedigung
vorzugehen, macht keinerlei Sinn, sondern da müßte man sich um die
Ursachen kümmern.
> massives Unbehagen.
> Wie soll ich mich unbefangen in Diskussionen ueber mein und unser
> Selbstbild im Zusammenhang mit Sexualitaet einlassen, solange noch
> nicht die kostbare und empfindliche "Kastanie" der Freiheit aus dem
> "Feuer" der Auseinandersetzungen ueber dieses Thema geholt ist?
Man muss hier einige Dinge unterscheiden:
1. In der Forschung, inwieweit Gewaltdarstellungen in Filmen oder
Computerspielen die Gewaltbereitschaft erhöhen wurde folgendes
festgestellt: Kinder können schon sehr früh zwischen Realität und
Fiktion unterscheiden (so c.a. mit 5 Jahre fangen sie eigenintitiativ
an, am Weihnachtsmann zu zweifeln)Ein Kind, was gewaltfrei und
liebevoll aufwächst, erkennt zwischen seinem Leben und der Fiktion in
den Filmen keinen Zusammenhang, sodaß es reine Fiktion bleibt (Die
Grimms Märchen sind auch total grausam!) und keinerlei Auswirkungen
hat. Ein Kind, was aber selber viel Gewalt erlebt hat, sieht eine
Parallele zwischen seiner Welt und der Fiktiven. In diesem Fall kann
die Fiktion als Beispiel dienen und die Gewaltbereitschaft erhöhen.
Die Ursache für Gewalt liegt also keinesfalls in der fiktiven
Gewaltdarstellung, sondern im realen Leben. Ähnlich wird es
schätzungsweise bei Pornografie sein. Ob sie schadet, hängt davon ab,
welche sexuellen Erfahrungen/Erziehung das Kind im realen Leben
gemacht hat. Für potentielle Vergewaltiger, die schon die
Bereitschaft dazu haben, kann Ponografie verstärkende Wirkung haben,
für andere nicht. Es macht also keinen Sinn es zu verbieten, nur weil
manche Menschen aus ganz anderen Ursachen, keine Pornos vertragen.
(Ich verbiete auch keine Hochhäuser, weil manche Menschen an
Höhenangst leiden) Mit einem Verbot erreicht man nur, dass es
kriminalisiert wird, aber ändert nichts an den Ursachen für sexuelle
Gewalt.
2. Es geht mir nicht darum, dass nackte Körper oder sexuelle
Darstellungen moralisch verwerflich sind. Der Knackpunkt ist die
Machtkomponente, die dort hineinspielt. Als ich mal im Dollhaus auf
der Reeperbahn war (in Begleitung eines König vom Kiez a.D., der der
Vater meiner Freundin ist), fand ich es dort gut, dass 1/3 der
Tabledanzer Männer waren und die außerdem echt akrobatische
Bewegungen ausführten. Als unser Begleiter scherzhaft meinte, er
könne uns hier sofort einen Job besorgen, sagten wir nur:"Sorry, so
gelenkig sind wir nicht!"
Warum macht es den Eindruck, als hätten Frauen einen geringeren
"Sextrieb"? Das kann man viel einleuchtender erklären, wenn man nicht
an den Sextrieb glaubt, sondern den Wunsch nach Sex als Wunsch nach
genußvoller Lust mit anderen Menschen (soziale Komponente) sieht.
Frauen machen eben oft keine lustvollen Erfahrungen mit Sex. Die
Entjungferung ist schon schmerzlich. Manche Männer interessiert es
überhaupt nicht, ob die Frau auch Spaß daran hat, sie kennen nicht
einmal die tatsächlichen errogenen Zonen von Frauen. Jede Frau, auch
wenn sie selber noch nie betroffen war, weiß, dass jederzeit die
Gefahr besteht, an den Falschen zu geraten, denn sexuelle Gewalt, von
meistens Männern gegen Frauen, ist leider immer noch eine alltägliche
Tatsache. Ist es da ein Wunder, dass Frauen verhaltener sind? Eine
Frau, die überwiegend lustvolle Erfahrungen mit Sex genacht hat und
keine entwürdigenden, wird genauso lustvoll sein, wie ein Mann. Dazu
kommt noch die Erziehung, die immer noch bei Frauen den moralsichen
Zeigefinger mehr hoch hält, als bei Männern. Frauen wurde sogar lange
die sexuelle Empfindung ganz abgesprochen. Eine Frau, die Lust dabei
verspürte, galt als krankhaft. (Hinzu kommt noch, dass im zweifel die
Frau die Dumme ist, wenn sie schwanger wird)
Was mich an Pornografie stört, ist nicht die Darstellung von Sex an
sich, sondern, dass meistens nur Frauen als sexuelle Ware feilgeboten
werden (siehe die 0190-Spots im Fernsehen). Letztens mailte ein Kunde
meinem Arbeitskollegen ein Bild. Abgebildet war darauf eine blonde,
nackte Wuchtbrumme und eine Fernbedienung. Auf den Knöpfen der
Fernbedienung stand z.B.: Putzen, bügeln, ficken, von hinten, blasen
u.s.w. Stellen sie sich dasselbe mit einem Schwarzen anstatt mit
einer Blondine vor. Jeder würde sich davon sofort wegen Rassismus
distanzieren. Mit Frauen kann man es aber anscheinend machen!
Kürzlich stand im Spiegel, dass deutsche Unosoldaten sich ein
Taschengeld nebenher verdienen, fern der Heimat, indem sie in
Geschäfte mit Zwangsprostitution (auch Minderjährige) verwickelt
sind.....Von unserer Regierung wird es verharmlost. Scharping sagte
dazu: Man solle es in den Medien nicht aufbauschen, aus Rücksicht auf
die Ehefrauen der Soldaten (tolles Argument!). Es werden immer noch
Frauen verschleppt und "eingeritten", um sie zu Prostitierte zu
machen....u.s.w. Darum geht es, wenn Emanzen sich gegen Pornos
wehren, nicht um Prüderie! Dass auf diesen Zug auch immer
lustfeindliche Moralapostel mit aufspringen, läßt sich nicht
vermeiden. Es geht um die Verbindung von Sex und Macht. So werden
auch im Krieg zur Demütigung des Gegners, dessen Frauen vergewaltigt.
Dabei geht es mit Sicherheit nicht um sexuelle Lustbefriedigung
(siehe auch die Texte zum Thema "Trieb"-Täter) , sondern um die
Befriedigung von Machtgelüsten, wofür Frauenkörper immer noch
herhalten müssen.
> Somit ist also die Freiheit (hier die des Pornokonsums und der freien
> Partnerwahl) in die Naehe einer moralisch minderwertigeren freien
> Konsumgueterwahl gerueckt. Das erfuellt mich mit groesster Sorge,
> ergeben sich doch hier gute Ansatzmoeglichkeiten zusammen mit einer
> "PorNO"-Kampagne eine konservative Moral- und Zensurkampagne zu
> lancieren. Schliesslich waere sexuelles Beduerfnis nur eingebildet
> oder angelernt und somit durch Eigen- oder Fremdeinfluss
> manipulierbar.
Es geht hier nicht um Moral im Sinne der Vertäufelung des Sexuellen,
sondern um Ersatzbefriedigung.
Noch einmal kurz zwischen geschoben: Unterschiede zwischen
Nahrungstrieb (Hunger) und Sex: Wenn ich die Nahrung verweigere und
man mir deshalb zwangsweise den Magen mit Essen vollpumpt, bin ich
danach mit Sicherheit satt, also der Nahrungstrieb ist befriedigt.
Wenn ich lange keinen Sex hatte und vergewaltigt werde, dann wird
dadurch mein sexuelles Lustbedürfnis sicher nicht befriedigt, sondern
im Gegenteil vergeht mir da alles 8früher ging man vielleicht ins
Kloster, da war man sicher). Niemand prahlt damit, dass er viele
Sahnetorten verschlingen kann, aber damit, dass er Erfolg beim
anderen Geschlecht hat, prahlt es sich gerne (Man sagt nicht: "Ich
hab das Essen so richtig geil in mich hineingeschlungen" aber man
sagt: "Der hab ich es so richtig geil besorgt".) Geht es dabei nicht
um mehr, als nur das Körperliche, nämlich um menschliche Anerkennung?
Darum, dass man von anderen attraktiv gefunden wird und meine Nähe
für den anderen erstrebenswert ist? Geht es nich viel mehr um das
miteinander Spaß haben, als um körperliche Funktionen?
Ein unsympatischer Mensch, den keiner leiden kann, aber der viel Geld
hat, wird sich seine Freunde kaufen (oder er nimmt sich alle
Vergnügungen mit Gewalt, weil er die Macht dazu habe, andere für sich
dienlich zu machen). Das ist traurig, aber völlig sinnlos, es ihm zu
verbieten. Wer keine Frau in freier Wildbahn ins Bett bekommt, geht
ins Bordell und sowohl Prostituierte haben es drauf (als auch die
Blicke und Körperhaltung in Pornos), den Eindruck zu erwecken, als
würde der Typ sie richtig geil machen. Das gehört zum Geschäft. Sie
geben ihm also vermeindlich Anerkennung, für die er aber in
Wirklichkeit bezahlt hat. Es ist nicht moralisch verwerflich, sondern
traurig! Wenn ich eine feste Bindung eingehe, dann lernt der andere
auch meine ganze Persönlichkeit kennen. Wenn er mich mag, dann mag er
mich vollständig. Wenn ich den Kontakt zu anderen auf kurze Abenteuer
beschränke, laufe ich nicht Gefahr, dass der andere mich nicht mehr
mag, wenn er mich erst mal ganz kennt. Der Nachteil ist aber, dass er
mir nur insoweit Anerkennung gibt, mit mir eine Nacht zu verbringen.
Toll genug, um mit mir einen Teil meines/seines Lebens zu verbringen,
findet er mich vielleicht nicht. Ich bekomme also nur oberflächliche
Anerkennung, wo gegenseitiges Vertrauen, füreinander Einstehen und
meine charakterlichen Qualitäten keine Bedeutung haben. Das deckt
sich mit der oberflächlichen Ersatzbefriedgung, die man auch durch
Konsumgüter hat. Ich werte mich auf, indem ich ein schickes Auto
fahre, oder Markenklamotten trage. Die "arme Wurst" an Mensch, die
ich vielleicht wirklich bin, verberge ich damit. Anstatt mich einem
anderen Menschen vollkommen Preis zu geben in meiner ganzen
Persönlichkeit, gebe ich mich damit zufrieden, mir Wixvorlagen zu
kaufen und mir einzubilden, dass die darauf abgebildete Frau, die
sich mir hingibt, mich für einen tollen Typen hält. Ich finde es
traurig, aber nicht moralisch anrüchig. Ich denke, es hat viel mit
der allgemeinen Anonymisierung und Vereinsamung in unserer
Gesellschaft zu tun. Wieviele alten Leute verdrängen ihre Einsamkeit
mit Fernsehkonsum? Aus welchen Gründen auch immer, das wäre ein
anderes interessantes Thema, ist das soziale Gefüge in unserer
Gesellschaft ziemlich im Eimer. Der Frust wegen fehlender
menschlicher Nähe und Zuneigung wirkt sich bestenfalls in
Ersatzbefriedigung aus und schlimmstenfalls, dass ich mir mit Gewalt
nehme, was ich brauche, ungeachtet dessen, dass man menschliche Nähe
nicht erzwingen kann. Die These, dass Machtmenschen (z.B. Hitler) in
Wirklichkeit arme frustrierte, ungeliebte, komplexbeladene
"Verlierer" sind, ist schon sehr alt und ich denke nahezu
unbestritten.
Gegen Sex als Mittel der Machtausübung sollte man m.E. auf jeden Fall
Zeichen setzen und es nicht billigen. Gegen Ersatzbefriedigung
vorzugehen, macht keinerlei Sinn, sondern da müßte man sich um die
Ursachen kümmern.