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mehr als 1000 Beiträge seit 16.06.2000

Wäre die Pandemie keine Bedrohung für die Masse, würde kein Staat reagieren...

... aber eben weil ein "unkontrollierter Ausbruch" eine extrem schwerwiegende Bedrohung ist, reagiert man in ausnahmslos jedem Land auf dem ganzen Erdball (siehe unten).

Auch wenn man sich also persönlich über ein Thema ärgern mag bzw. wie etwas umgesetzt wird, sollte darunter nicht die Argumentation leiden:

"Warum liegt denn die Rate vollständig Geimpfter denn erst bei 6,5 Prozent? Weshalb ist dieses gewinnorientierte Gesundheitswesen schon zu Beginn der Krise an seine Grenzen gestoßen? Wieso gibt es noch keine Programme für eine effiziente Intensivversorgung?" Und wo ist sie denn, die Anerkennung der Pflegerinnen und Pfleger, die sich für die Leidenden und Sterbenden im wahrsten Sinne des Wortes tagtäglich und allnächtlich aufopfern?

Soweit erstmal richtig. Eine Orientierung daran wäre sinnvoll gewesen.

Wie mag das Gedenken in Berlin auf jene gewirkt haben, die – noch inmitten der Seuche – Angehörige durch Suizid verloren haben, durch nicht behandelte onkologische Erkrankungen oder ischämische Leiden? Seit einem Jahr laufen Gesundheitswesen und Krankenhäuser in Notbetrieb, viele notwendige Behandlungen bleiben aus, Prävention findet kaum mehr statt. Wer zählt die Opfer der staatlichen Entscheidung, die zu dieser andauernden Notlage geführt haben, wer steht ihren Hinterbliebenen zur Seite?

Die aktuellen Pandemie-Maßnahmen sind unvermeidlich und haben damit nichts zu tun - das liegt (siehe oben), an den Versäumnissen der letzten Jahre (weltweit, nicht nur in Deutschland).

Die Bilder von den Corona-Intensivstationen und die Berichte von Ärzten sowie Pflegepersonal sind deutlich: Auch wenn die Pandemie keine Bedrohung für die Masse der Menschen ist, bleibt sie für die Betroffenen eine unberechenbare und tödliche Gefahr, angesichts derer die gesamtgesellschaftliche Verantwortung diskutiert werden muss.

Das ist falsch, die Pandemie ist eine Bedrohung für die Masse, das fällt einem aber erst bei einer wissenschaftlichen Betrachtung auf: wenn man die Pandemie ungebremst laufen lässt, werden folgende Effekte auftreten:

- Das Virus verbreitet sich massiv, was die Mutationsrate explodieren lässt.
- Auch ohne Berücksichtigung der erhöhten Mutationsrate laufen die Intensivstationen mit allen möglichen Patienten jeder Altersgruppe voll, schlicht weil dann statistisch mehr Leute von schweren Verläufen betroffen sind.
- Diejenigen, welche die Infektion überstehen und Langzeitbeeinträchtigungen haben, stehen in einer zweiten folgenden "Reinfektionswelle" mit geschwächtem Immunsystem da und werden mit noch höherer Wahrscheinlichkeit schwerere Zweitverläufe erwarten müssen. Möglich, dass hier insgesamt die Infektionsausbreitung abnimmt (aber nicht wahrscheinlich), aber man hat eine Belastung von Intensivplätzen.

Die Maßnahmen sollen genau das verhindern. Im Moment hat Indien zum Beispiel Spaß mit bis zu 260.000 Neuinfektionen am Tag.

Pathetische und moralingetränkte Schauveranstaltungen, wie sie in Berlin stattgefunden haben, verfolgen aber mindestens auch einen weiteren Zweck: die ebenso wichtige Debatte um die Folgen der Pandemie-Maßnahmen mitsamt ihrer politischen Implikationen zu verhindern und die Verantwortlichen in Konsequenz vor notwendigen Fragen zu schützen. Es ist, wenn man so will, eine Instrumentalisierung der Toten und der Trauer.

Die Politik steht im Moment zwischen "Beliebtheit" (die Maßnahmen sind nicht wirklich beliebt, das gilt auch weltweit) und "wissenschaftlicher Notwendigkeit": also dem, was Mathematik, Medizin und Biologie einfordern. So eine Pandemie ist kein Kindergeburtstag und ich schrieb hier schon mal, dass diese hier insbesondere durchaus ein beträchtliches Gefahrenpotentiel für den Homo Sapiens darstellt (ein Mikrobiologe könnte das gut ausbreiten, Faktoren sind hier ist der Befall der Lunge und die Infektiosität über Schleimhäute).

Anstatt sich in böswilligen Unterstellungen zu ergehen, sollte man insofern bedenken, dass diese Trauerveranstaltung als Ermahnung zu sehen ist, dass leider jeder zur Abwehr der Pandemie mithelfen muss - zum Beispiel indem man sich an den Maßnahmen gegen die Ausbreitung (Hygienemaßnahmen) beteiligt und Rücksicht auf andere nimmt.

MFG/Z

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (19.04.2021 17:54).

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