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  • KarlderEinfaeltige

982 Beiträge seit 01.12.2020

Re: Hätte Breschnew das nur 1979 gesagt

Bartträger schrieb am 19.03.2021 12:22:

Tja. Ähnlich hart gings bei der französischen Revolution zu.

Mir fällt auf, dass viele der Texte um Verständnis für die Anti-Kommunisten werben und bei den Kommunisten trocken bis skandalisierend die Verhafteten und Toten angekreidet werden.

Wenn's dem Fortschritt dient, dann kommt's auf ein paar tausend (oder auch mehr) Tote mehr oder weniger auch nicht an? Das deckt sich ja dann mit der Ideologie der afghanischen Kommunisten (die von den Sowjets alles anderes als für gut befunden wurde):

https://books.google.de/books?id=N8Qxf-33dxMC&pg=PT76

Taraki maneuvered Afghan communist rivals into exile. He had confided at a Kabul reception for a KGB delegation that he saw himself directly following Lenin’s example, forswearing any compromises with noncommunist Afghans and seizing the early period of his revolution to establish a “dictatorship of the proletariat, based on the Soviet model.” The murders of political prisoners under way in Kabul jails might be severe, Taraki once told his KGB handlers, but “Lenin taught us to be merciless towards the enemies of the revolution and millions of people had to be eliminated in order to secure the victory of the October Revolution” in the Soviet Union in 1917.

Die afghanischen Kommunisten haben nicht ein fremdes Land überfallen, sondern bäumten sich gegen ihrer eigenen Modernisierungsverweigerer auf, die mit der Tötung des Parteiführers die Eskalation initiiert hatten. Sie hatten auch schon zuvor beim König und bei dessen Vetter Widerstand geleisteten.

Es ist bis heute ungeklärt, wer für das Attentat auf Khyber verantwortlich ist.

https://de.wikipedia.org/wiki/Saurrevolution

Zum Auslöser des Putsches wurde die Ermordung von Mir Akbar Khyber, eines kommunistischen Ideologen des Partschamflügels, am 17. April 1978 durch bis heute nicht identifizierte Attentäter. Die Regierung machte Hizb-i Islāmī unter Führung von Gulbuddin Hekmatyār für den Tod Khybers verantwortlich. [...] Taraki beschuldigte nach der Machtübernahme der DVPA das Daoud-Regime, für den Mord an Khyber verantwortlich zu sein. Nachdem Karmal nach Amins Tod Präsident wurde, erklärte dieser, dass Amin die Brüder Siddiq und Arif Alamyar mit der Ermordung Khybers beauftragt hätte. Karmal ließ die Brüder im Juni 1980 hinrichten.

Die Kommunisten haben sich dann auch tatsächlich gegen diese Modernisierungsverweigerer "aufgebäumt":

https://www.zeit.de/zeit-magazin/2019/14/massaker-kerala-afganistan-mudschahedin-taliban-kommunisten

Am 20. April 1979 wurden afghanische Regierungstruppen angewiesen, in dem Dorf Kerala alle Männer zu erschießen. Das Massaker mit 1.260 Toten gilt als der Beginn des bis heute andauernden Bürgerkriegs.

Dass ausgerechnet der Westen mit den fundamentalistischen Islamisten sympathisiert, hat immer mein Misstrauen erregt und tut das jedes Mal wieder, wenn ich Texte lese, die sich auf die Seite der Hardcore-Mullahs schlagen.

Gibt's diese Texte so häufig? Die Unterstützung des Westens für die Islamisten wird doch überall völlig zu recht hart kritisiert.

Grundsätzlich denke ich, dass bei allen Revolutionen die Hälfte der Toten auf die Besitzstandswahrer geht und die andere Hälfte auf die Revoluzzer. Die Situation war eben so verfahren und übel, dass sie nur blutig verändert werden konnte. Wie gesagt, in Afghanistan gab es schon viele Jahre etliche Versuche.

Diese blutige Politik hat überhaupt dazu geführt, dass sich der Widerstand so breit etablieren konnte. Die Sowjets haben im Laufe des Jahres 1979 immer wieder versucht, die DVPA zu einer moderateren und weniger gewalttätigen Politik zu veranlassen – zur Frustration der Sowjets mit wenig Erfolg. Andrei Kirilenko während der Sitzung des Sowjet-Politbüros am 18. März 1979 zur Krise in Herat:

„Wir haben ihm [Taraki] alles gegeben. Und was hat es gebracht? Nichts ist dabei herausgekommen. Sie haben Erschießungen völlig unschuldiger Menschen angeordnet und zu ihrer Rechtfertigung gesagt, daß wir angeblich zu Lenins Zeiten auch Menschen erschossen hätten. Da seht ihr, was das für Marxisten sind.“

Dass die Bevölkerung sich eher fügen würde, wenn ihr Gutes getan wird, nehmen ich als selbstverständlich. Dass die Besitzstandswarer sich alles mögliche aus der Nase ziehen, wie dass die Bevölkerung so sehr empört war, dass alte Menschen lesen lernen sollten, dass sie zum blutigen Aufstand schritten, ebenso. Wem solche Erklärungen genügen, der soll sie nehmen.

Hat denn irgendwer so argumentiert?

https://books.google.de/books?id=FApipiENsgwC&pg=PA96

However, it was finally the policy of repression undertaken by the authorities which alienated the governing class, the non-communist intelligentsia and, before long, the entire population. Going beyond anecdotal explanations and immediate causes of the uprising, if was the violence of the state rather than its reforms that lay the root of the crisis. As often with revolutionary movements, a degree of paranoia on the part of those in control unleashed a cycle of increasingly violent repression. When the doctrinaire vision of the Khalqis which in any case contrary to their own system of patronage, failed to arouse any social response, they were obliged to impose their reforms through a widespread resort to violence.

https://books.google.de/books?id=6OMcBQAAQBAJ&pg=PA25

The Khalq approach to politics had two dimensions: a promulgation of radical policies, and an assault on those who found the policies offensive or unpalatable. Ruling by decree, the regime sought to implement wide-ranging land reforms, and a reordering of gender relations. The land reform package was totally unrealistic in that it ignored both the needs of nomads and the importance of water and seed supplies; while the decree relating to women was seen as atheistic meddling in key Islamic rituals. None of these areas was immune to well-designed and carefully implemented reforms: it was above all the ‘Big Bang’ approach of the Khalqis that raised a storm.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (19.03.2021 18:36).

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