Beleuchtet man die gewünschte Resozialisierung von Straftätern, erweist sich die lebenslange Freiheitsstrafe zudem als inhuman.
Klingt geradezu paradox, eine Resozialisierung von Straftätern vor dem Hintergrund einer lebenslangen Freiheitsstrafe als gewünscht zu bezeichnen, weil der Anspruch sozusagen geschriebenes Gesetz ist.
Aus dem verlinkten Bericht im Grundrechte-Report 1998 der Humanistischen Union unter dem Titel »Die lebenslange Freiheitsstrafe - eine Strafe zum Tod«:
Zwar ist im Strafvollzugsgesetz von 1977 als zentrales Ziel die Resozialisierung festgeschrieben worden. Aber das doppelte Paradoxon des Resozialisierungsziels ist nicht zu verkennen. Die Inhaftierten sollen just in einer „totalen Institution“ lernen, sich ohne Aggressionen, frei und selbständig zu bewegen, einer Institution also, die unterdrückt und gängelt. Außerdem sollen sie just in jene unveränderten Verhältnisse besser „sozialisiert“ zurückgeschickt werden, die u. a. mit daran schuld gewesen sind, daß sie auch subjektiv schuldig wurden. Im größten Widerspruch zum Resozialisierungsziel steht die Behandlung derjenigen Personen, die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Sie werden der Perspektivlosigkeit anheimgegeben und systematisch desozialisiert. Eine Lern- und Wandlungsfähigkeit wird ihnen schon durch den grundrechtswidrigen § 211 selbst abgesprochen: „Mörder ist, …“ Und so wird der Täter dann auch gesehen und behandelt, als gefährlicher, zur Wiederholung der Tat neigender Un-Mensch, der dauerhaft von der Gesellschaft ausgeschlossen gehöre.
Gelingt die gewünschte Resozialisierung abgesehen beim offensichtlichen Dilemma hinsichtlich lebenslanger Freiheitsstrafe?
Buchtipp, zur Beleuchtung der Resozialisierung, die ~2017 als unverzichtbarer Beitrag zur Reform des Strafrechts deklarierte damalige Neuauflage des Handbuchs „Resozialisierung“:
„Ein resozialisierender Strafvollzug ist keiner, der allein den Anspruch in seinem Leitbild trägt, sondern eine Institution, der letztlich die Resozialisierung, die Wiedereingliederung, die Integration gelingt.“ (Heinz Cornel)
> https://www.fritz-bauer-forum.de/unverzichtbarer-beitrag-zur-reform-des-strafrechts/
Morgen am 11. Mai 2023 stellt Rechtsanwalt Thomas Galli seinen neuen Podcast »Schuld Strafe Recht?« für das Fritz Bauer Forum vor.
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