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501 Beiträge seit 23.03.2006

Re: Absetzerscheinungen indizieren keine Sucht

Emrymer schrieb am 14.02.2024 15:16:

Ja, es gibt bei allerhand Medikamenten Absetzerscheinungen (auch bei Blutdruck-Medikamenten z.B.).
Aber nur weil es die andererseits auch bei Suchtmitteln gilt, indiziert ihr Auftreten dennoch keine Sucht. Es bedeutet nur, daß der Körper so schnell nicht "umsteuern" kann, wenn ihm zugeführte Wirkstoffe plötzlich nicht mehr im "gewohnten" Umfang zur Verfügung stehen.

Für Akademiker mag diese feine Unterscheidung zwischen Rebound-/Absetzerscheinungen und Sucht/Abhängigkeit von Interesse sein, für Betroffene eher nicht. Die merken nur, dass sie massive Verschlechterungen im Befinden erfahren, sobald sie "ihr" Medikament nicht mehr einnehmen

Wenn jemand nach dem "Ausschleichen" sein Antidepressivum heftig vermisst, könnte das daran liegen, daß es ihm tatsächlich geholfen hat. Auch das wäre dann keine Sucht, sondern einfach nur verringerte Lebensqualität.

Verringerte Lebensqualität mit Symptomen, die viele Betroffene vor der Einnahme des Medikaments nicht hatten. Stromschlagähnliche Empfindungen nach Absetzen eines SSRI mit kurzer Halbwertszeit sind sicherlich kein wiederkehrendes Symptom der ursprünglichen Depression oder wogegen auch immer das Medikament eingenommen wurde.

Oder genitale Taubheit (deswegen werden SSRI von manchen Urologen gegen vorzeitige Ejakulation verschrieben) oder das genaue Gegenteil, extreme Ejaculatio praecox.

Ich kenne Betroffene, die "ihr" Medikament nur noch deswegen einnehmen, um eben diese (und diverse andere) "Absetzerscheinungen" (in meinen Augen ein unangebrachter Euphemismus) zu vermeiden.

Wie gesagt, die medizinische Definition von Abhängigkeit mag vielleicht nicht vollständig zutreffen. Das ist aber IMHO Wortklauberei, um Antidepressiva in besserem Licht dastehen zu lassen.

Ich würde mich mit Händen und Füßen dagegen wehren, sollte ein Arzt meinen Kindern so etwas andrehen wollen. Klar, die Patienten sind anschließend quasi Dauergäste bei ihm. Da steht dann sicherlich ein nicht unerhebliches wirtschaftliches Interesse hinter der Verschreibungspraxis.

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