Ansicht umschalten
Avatar von blueoctopus
  • blueoctopus

447 Beiträge seit 30.10.2017

Die Blutspur

Was in den westlichen Staats- und Propagandamedien praktisch nie zu Sprache kommt ist die geschichtliche Kontinuität dieser völkerrechtswidrigen Verbrechen. Durch die Geschichte der USA zieht sich eine lange und extrem blutige Spur von illegalen Putschen, völkerrechtswidriger Kriege und verdeckten Operationen zur Unterstützung extremer Kräfte für „ihren“ Regime Change unliebsamer Regierungen die sich weigern dem Herrschaftsanspruch Washingtons Folge zu leisten. Wenn sie den Interessen der amerikanischen Kleptokratie im Wege stehen haben Menschenrechte, (wahre) Demokratie und das Allgemeinwohl der Bevölkerung keinerlei Bedeutung mehr. Ganz im Gegenteil...

Die allermeisten Menschen haben nicht die geringste Ahnung von den schrecklichen Verwüstungen die die USA über diesen Planeten gebracht haben. Hier wird die unterste Stufe der menschlichen Evolution geradezu zelebriert. Alle Vasallen und Medien sind eingeladen an der US-Party teilzunehmen oder als (Tod)Feinde gebrandmarkt zu werden wie der Fall von Julian Assange (und vielen anderen) zeigt.

Ein besonders tragischer Fall ist der Kongo, der sich von dem blutigen CIA-Putsch und der darauffolgenden Installation eines blutrünstigen Diktators, abhängig von Washingtons Gnaden, bis zum heutigen Tage nie mehr erholte.

Am Schicksal des Kongos lässt sich alles zeigen: Wie diese Putsche ablaufen, seine Profiteure, die Drahtzieher und ihre Auftragsvasallen, die völlige Verdrehung der wahren historischen Ereignisse mithilfe der kontrollierten Massenmedien, die Dämonisierung demokratisch gewählter Staatsoberhäupter und vieles andere mehr.

Bis zum heutigen Tage hat sich nichts wesentliches an diesen Mechanismen geändert.

KONGO 1960

Patrice Lumumba floh um sein Leben. Weniger als sechs Monate zuvor, nach dem Ende der brutalen belgischen Kolonialherrschaft, zum ersten demokratisch gewählten Ministerpräsidenten des Kongos vereidigt, war Lumumba nun auf der Flucht vor denn kongolesischen Streitkräften, die von der CIA zu seiner Absetzung angestiftet worden waren. Lumumba war auf der Flucht nach Stanleyville, dem heutigen Kisangani, nachdem ihm am Abend des 27. November 1960 die Flucht aus seinem Hausarrest in der Hauptstadt Leopoldville gelang. Lumumba hoffte eine Armee aufstellen zu können in Kisangani um sein Amt zurückerobern zu können.

Die Wahl Lumumbas im Juni 1960 hatte den Kongo elektrisiert, ein Land, dass von den belgischen Kolonialherrschern versklavt und ausgeplündert worden war. Im späteren 19. Jahrhundert hatte König Leopold II aus diesem rückständigen afrikanischen Territorium ein kleines Imperium gestampft, mit Hilfe eines Zwangsarbeitssystems, dass so entsetzlich war, dass Joseph Conrad es als Vorbild für seinen kolonialen Alptraum in Herr der Finsternis benutzte. Er nannte Leopolds Vergewaltigung des Kongos „die verkommenste, beutegierigste Balgerei, die je die Geschichte des menschlichen Gewissens verunstaltet hat“. Die abgehakten Hände kongolesischen Männer, die sich weigerten, unter dem Joch der Kolonialherren zu arbeiten, wurden zu einem weltweiten Symbol der niederträchtigen belgischen Herrschaft. Nach Leopold ging die Plünderung weiter, an die Stelle von Kautschuk und Elfenbein traten als Objekte westlicher Begehrlichkeiten Gold, Diamanten, Kupfer und Zinn. Multinationale Bergbaukonzerne verwandelten das rohstoffreiche afrikanische Land in ihre private Schatztruhe, aus der in Brüssel, London und New York gewaltige Vermögen angehäuft wurden.

Patrice Lumumba bedrohte diese lange Herrschaft der Gier.

Am 30. Juni fand ihm fahnengeschmückten Nationalpalast in Leopoldsville die förmlichen Unabhängigkeitsfeier des Kongos statt. König Baudouin von Belgien hielt eine alberne Rede , in der er seinen königlichen Vorgänger dafür pries, der primitiven Nation das „Gewebe der Zivilisation“ geschenkt zu haben. Der König schien sich der schändlichen Vergangenheit des Landes nicht bewusst zu sein. Als Lumumba dem König ans Mikrofon folgte, musste er ihn zurechtweisen. Die Kolonialgeschichte des Kongos, sagte der neue Premierminister, sei „viel zu schmerzlich, um vergessen zu werden“. Lumumba sprach leidenschaftlich vom Kampf seines Volkes gegen die „erniedrigende Knechtschaft, die uns aufgezwungen wurde“ - Jahre, die von „Tränen, Feuer und Blut erfüllt“ gewesen seien. Aber er endete Hoffnungsvoll. „Wir werden der Welt zeigen, was die Schwarzen erreichen können, wenn sie in Freiheit arbeiten, und wir werden den Kongo in den Stolz Afrikas verwandeln.“

Die Vertreter des Westens und der König fühlten sich von den offenen Worten des Premierministers beleidigt. Lumumba hatte „die Zeremonie getrübt“,schnaubte die New York Times.

Nach Lumumbas Unabhängigkeitsrede begannen Offizielle der Sicherheitsräte in Washington und Brüssel – die den Aufstieg des charismatischen kongolesischen Führers bereits wachsam verfolgten – ihn als ernsthafte Bedrohung westlicher Interessen in der Region anzusehen.

Lumumbas Weigerung, sich von den multinationalen Konzernen, die Kongos Reichtum kontrollierten, kaufen zu lassen, besiegelte sein Schicksal. In Reden an seine Anhänger gab Lumumba Einblick in die korrupten Hinterzimmergeschäfte, die in afrikanischen Hauptstädten der neokolonialen Ära weiter blühten. Die Vereinigten Staaten, erklärte er, rieben sich schon die Hände über Kongos Uranlagerstätten – dieselben Lagerstätten, die den Rohstoff für die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki geliefert hatten. Vor den Gästen eines Abendessens bei einer politischen Veranstaltung im Oktober 1960 erwähnte Lumumba, dass er Millionen von Dollar hätte machen können, wenn er bereit gewesen wäre, die „nationale Souveränität zu verpfänden“.

Dulles, Doug Dillon (damals Staatssekretär im Außenministerium) und William Burden, der US-Botschafter in Belgien, sorgten innerhalb der Eisenhower-Administration dafür, Lumumba erst zu dämonisieren und dann zu beseitigen. Alle drei Männer hatten finanzielle Interessen im Kongo. Die Investmentbank der der Dillon Familie besorgte die Ausgabe kongolesischer Staatsanleihen. Dulles alte Anwaltskanzlei vertrat die American Metal Company (später AMAX), einen Bergbaugiganten mit Interessen im Kongo, und Dulles war mit dem Vorstand des Unternehmens, Harald Hochschild, sowie mit dessen Bruder und Nachfolger Walter befreundet, der während des Krieges beim OSS diente. Botschafter Burden war ein Direktor des Unternehmens gewesen, und Frank Taylor Ostrander jr., ein ehemaliger US-Geheimdienstmitarbeiter, diente den Hochschild-Brüdern als politischer Berater.

Die zunehmend militante Politik der Eisenhower-Administration gegenüber Lumumba nahm bei den Cocktails an Orten mit Klubatmosphäre wie dem Africa-America Institue und dem Council on foreign Relations Gestalt an. Die Männer, die diese Politik forcierten, brachten wenig Gefühl für das Leid oder die Sehnsucht des kongolesischen Volkes auf. Botschafter Burden war ein Vanderbilt-Erbe – ein großer, dickbäuchiger High-Society-Schluckspecht, der mit all dem Schwachsinn und den Vorurteilen seiner Klasse vollgestopft war; er mochte Juden nicht und behandelte die Legionen seiner namenlosen Dienerschaft wie Schuldknechte. Nicht besonders hell im Kopf, repräsentierte er das, was seine Enkelin Wendy später das „tote Ende des Genpools“ nannte.

Es war Burden, der angesichts des Aufstiegs Patrice Lumumbas, den die Belgier erst gestern noch einen „dreckigen Affen“ genannt hatten, nun aber als „Satan“ verdammten, in Washington als Erster Alarm schlug. Schon lange vor der Wahl Lumumbas fing Botschafter Burden an, Dulles aufgeregte Telexe zu schreiben, in denen er nahelegte, die wachsenden Hoffnungen des kongolesischen Volkes seien von der Sowjetunion inspiriert, und darauf drängte, energische Maßnahmen zu ergreifen, um Unruhen in Afrika zu ersticken.

„Lieber Allan [sic]“, schrieb Burden in einem Telex vom November 1959. „Hat deine Behörde und [das] Verteidigung [sminsterium] in letzter Zeit eingehend die Art von Unruhen untersucht, die in den verschiedenen Länder Afrikas auftreten oder auftreten könnten [und] in welchem Maß neue Waffen, wie einige neuere Gase, es ermöglichen könnten, solche Schwierigkeiten zu kontrollieren“? Im folgenden Sommer telegrafierte Burden nach Washington, die Regierung Lumumbas als Bedrohung „unserer elementarer Interessen im Kongo...zu vernichten“

Dulles machte sich die Idee Lumumbas als diabolischen Agenten kommunistischer Subversion rasch zu eigen. In Wahrheit hatte Lumumba mit Moskau weniger zu tun als irgendein afrikanischer Führer. Er schwor dass der Kongo „nie ein Satellitenstaat Russlands oder der Vereinigten Staaten“ würde.

Doch in der Weltsicht Dulles gab es so etwas wie Neutralität nicht; jeder, der solche Ansichten aüßerte, gehörte ins Lager des Feindes.

Doug Dillon stellte sich vehement hinter Dulles wirre Einschätzung Lumumbas als Komplizen der Sowjets. Es war eine alarmistische Sicht, um Eisenhower zu überzeugen, dass der afrikanische Führer eliminiert werden musste. Wie sich herausstellte, brauchte der Präsident wenig Überredung. Auf einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats im August 1960 gab Eisenhower dem CIA-Direktor die direkte Genehmigung Lumumba zu „eliminieren“.

Im Lauf der nächsten Monate fädelte die CIA in Zusammenarbeit mit ihren Verbündeten im belgischen Geheimdienst einen Militärputsch unter Führung eines großspurigen, skrupellosen neunundzwanzigjährigen Oberst namens Joseph Mobutu ein, der Lumumba aus dem Amt zwang und ihn unter Hausarrest stellte. Aber das war der CIA noch nicht genug. Lumumba werde „eine ernste Gefahr bleiben“, sagte Dulles am 21. September 1960 im Nationalen Sicherheitsrat, „solange er noch nicht beseitigt ist“. Drei Tage später machte Dulles klar, dass er Lumumbas dauerhafte Beseitigung wünsche. „Wir möchten jede mögliche Hilfestellung geben“ telegrafierte er der CIA-Station in Leopoldsville, „jegliche Möglichkeit einer Rückkehr Lumumbas in eine Regierungsposition zu eliminieren.“

Um zu verhindern, rekrutierte die CIA in Europa zwei Auftragsmörder aus der Unterwelt, denen sie die Codenamen QJ-WIN und WINROUGE gab. Bei dem Killerpärchen handelte es sich um derart abscheuliche Persönlichkeiten, das selbst ihre CIA-Führungsagenten sie „widerwärtig“ fanden. ROUGE war die Art von moralisch gestörten Persönlichkeit, „die alles mindestens einmal ausprobiert“, ohne von „Gewissensbissen“ behelligt zu werden, wie sein CIA-Aufseher sagte. Während sich ROUGE daranmachte ein „Exekutionskommando“ zur Ermordung Lumumbas aufzustellen, konzentrierte sich WIN darauf, den schützenden Ring von UN-Soldaten zu durchringen, der das Haus umgab, in dem der kongolesische Führer gefangen gehalten wurde. QJ-WIN war mit einer Tube vergifteter Zahnpasta ausgerüstet, die der CIA-Station Leopoldville von Sidney Gottlieb geliefert worden war, dem Giftgenie des Geheimdienstes.

Am Ende zog die CIA das Zahnpastakomplott nicht durch, anscheinend aus der Überlegung heraus, dass die Vergiftung eines populären, unter dem Schutz der UNO stehenden Politikers in seinem eigenen Haus eine zu schamlose Tat wäre – die, könnten man sie zum Geheimdienst zurückverfolgen, zu unangenehmen internationalen Verwicklungen führen würde. Es wäre klüger, beschloss die CIA, Lumumba an seine mörderischen Rivalen im Kongo auszuliefern und die Arbeit ihnen zu überlassen. Und so floh Lumumba aus dem Hausarrest – oder ihm wurde erlaubt zu fliehen - , schaffte es wundersamerweise nicht nur an den ihn schützenden UNO-Soldaten vorbei, sondern auch an Mobutus feindseligen Streitkräften, und eilte Richtung Stanleyville.

Während Lumumbas Flucht folgten ihm kongolesische Soldaten unter Führung von Hauptmann Gilbert Pongo, Mobutos berüchtigtem Sicherheitschef. Pongo selbst flog in einem Hubschrauber hinter Lumumbas Gruppe her, den freundlicherweise Clare Timberlake zur Verfügung gestellt hatte, der adrette, Schnäuzer tragende US-Botschafter, der eng mit der CIA-Delegation im Kongo zusammenarbeitete. Wenn Lumumbas Verfolger zu dicht aufschlossen, verzögerten die Dorfbewohner ihr Fortkommen, indem sie Straßensperren errichteten und Brücken einrissen. Am Abend des 1. Dezember erreichten Lumumbas Gruppe das kleine Dorf Lodi am Westufer des Sankuru-Flusses. Dieser breite, schlammige Fluss war das letzte Hindernis, das zwischen der Gruppe und ihrer Zuflucht in Stanleyville lag. Die andere Seite des Flusses war eine Bastion der Nationalisten, die hinter Lumumba standen. Es gab nur ein Boot. Lumumba und einige seiner höchsten Berater setzten als erste über. Als sie aus dem Einbaum stiegen, drang der Lärm eines Aufruhrs vom anderen Ufer zu ihnen. Mobutus Soldaten hatten die Zurückgelassenen eingeholt, darunter Lumumbas Frau und Kind. Lumumbas Landsleute baten ihn, nicht über den Fluss zurückzukehren, denn „das Leben der ganzen Nation steht auf dem Spiel“. Doch er ertrug es nicht, die Schreie seiner Frau zu hören. „ Wer für sein eigenes Land Kämpft“ sagte er, als er zurück ins Boot stieg, „muss mit einem tragischen Ende rechnen“. Als Lumumbas Boot zurück ans andere Ufer glitt, wateten die Soldaten ins Wasser und ergriffen ihn. Lumumba versuchte, Mobutus Männer auf seine Seite zu ziehen. Eine Weile schien die Magie seiner Worte zu wirken – die Soldaten waren bereit, sich der Sache der Freiheit anzuschließen und mit ihm nach Stanleyville zu marschieren. Aber Hauptmann Pongo schritt ein und erinnerte seine Soldaten an die schlimmen Konsequenzen für sie und ihre Familien, wenn sie ihrer Pflicht nicht nachkämen. Sie lenkten ein und begannen sofort, auf ihn und sogar seinen kleinen Sohn einzuschlagen.

Lumumba wurde in Pongos Helikopter verfrachtet und nach Leopoldsville geflogen, wo er ins gleißende Scheinwerferlicht gezerrt wurde, um vor laufenden TV-Kameras abermals von Mobutos Schlägern brutal misshandelt zu werde. Während der ganzen Zeit bewahrte Lumumba die gelassene Würde des Märtyrers, der er bald werden würde. „Auf Lumumbas benommenen Gesicht lag der Ausdruck eines Mannes, der noch nicht glauben kann, dass er sich das Schicksal der Gerechtigkeit für sein Volk entgegenstellen könnte“, bemerkte Andree Blouin, die schöne „schwarze Passionsblüte“ des kongolesischen Unabhängigkeitskampfes und Protokollchefin von Lumumbas Regierung. „Sein weißes Hemd war mit Blut bespritzt, aber er hielt den Kopf noch aufrecht. Er verkörperte das Beste der Menschen der schwarzen Rasse, die nie wieder Sklaven sein würden.“

Während die Symbolfigur des afrikanischen Freiheitskampfes in einem Militärgefängnis südlich von Leopoldville schmachtete, wurde ihr Schicksal in den folgenden Wochen zum Gegenstand eines bewegten internationalen Dramas. Ausländische Staatschefs – darunter Chrutschows, Nasser und der ghanaische Präsident Kwame Kkrumah – plädierten leidenschaftlich für seine Freilassung, wobei der Sowjetführer versprach, dass die „Kolonialisten ein für allemal aus dem Kongo geworfen“ würden. Lumumbas Anhänger beteten, dass er bis zur Amtseinführung Kennedys, dessen Wahl der Kongolese gepriesen hatte, überleben würde.

Aber in Leopoldville arbeiteten amerikanische und belgische Agenten fieberhaft daran, dass es dazu nicht kam. Der Mann im Zentrum der Intrige war Lawrence R. Devlin, der CIA-Stationschef im Kongo, ein Harvard-Mann, der von seinem Dekan Mac Bundy für den Spionagedienst persönlich empfohlen worden war. Devlins aggressive Kampagne gegen Lumumba trug ihm die Bewunderung der CIA-Führung ein, auch die von Dulles. Ende November, als Mobutus Soldaten Lumumba auf den Fersen waren, war Devlin nach Rom geflogen, um sich dort mit Richard Bissell zu treffen, den Dulles mit der Ermordung Lumumbas betraut hatte. Die CIA war noch immer entschlossen Eisenhowers Mordbefehl auszuführen. Aber Devlin und seine CIA-Vorgesetzten wussten, dass die Zeit knapp wurde.

Mobutus Herrschaft war noch wacklig, die kongolesische Politik ein Chaos, daher ließ sich Lumumbas Haft, wie Devlin erkannte, nicht in alle Ewigkeit gewährleisten.

Unterdessen stand Dulles und seinem Kongo-Team klar vor Augen, dass der Präsidentenwechsel in Washington ihre Lumumba-Operation gefährdete. Kennedy, dessen Amtseinführung für den 20. Januar angesetzt war, hatte bereits signalisiert, dass er die amerikanische Politik zugunsten afrikanischer Nationalisten wie Lumumba ändern würde.

Kennedy kündigte an, dass die neue Administration sich mit der „Bewegung für Freiheit und Selbstbestimmung“ des Kontinents verbünden würde, und drückte große Sympathie für Lumumba aus. Ted Kennedy ging später noch weiter, rief zur Freilassung Lumumbas auf und gab zu verstehen, dass sein Bruder diese Position teilte.

Der um Lumumbas Schicksal tobende Kampf schwappte auf die amerikanische Presse über, als CIA-Aktivposten in den Medien drastische Konsequenzen vorhersagten, falls der kongolesische Führer an die Macht zurückkehren sollte. Als die Kongo-Krise ihren Höhepunkt erreichte, tauchte ein neuer Korrespondent der New York Times in Leopoldville auf, der entschieden gegen Lumumba eingenommen war. Paul Hofman war ein kleinwüchsiger, kultivierter Österreicher mit einer schillernden Vergangenheit. Während des Kriegs hatte er in Rom als Übersetzter des deutschen Luftwaffengeneralleutnants Kurz Mälzer gearbeitet, der später wegen des Massakers in den Adreatinischen Höhlen zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Hofman wurde einer der führenden Auslandskorrespondenten der New York Times, übernahm schließlich das römische Büro und flog gelegentlich zu internationalen Brennpunkten wie dem Kongo. War die Berichterstattung der New York Times über die Kongo-Krise auch schon zuvor wenig schmeichelhaft, so war Hofmanns Kongo-Berichterstattung über den abgesetzten Premier derart feindselig, dass sie wie ein Teil der „psychologischen Kriegsführung“ des US-Geheimdienstes wirkte. Hofman porträtierte Lumumba als gefährlichen Finsterling, einmal als „verschlagenen“ Verschwörer, dann wieder als geistig derangierten Hanswurst („der wirrste Charakter in einer Art Alice im Wunderland“). Selbst hinter Gittern führe Lumumba sein unheilvolles Werk fort, schmiede Komplotte zur Ermordung Weißer und hole Massen sowjetischer Waffen ins Land, während er im Militärgefägnis ein Luxusleben „mit drei Haus-Boys zu seinen Diensten“ führe. Die Botschaft hinter Hofmans unerbittlichem Trommelfeuer war klar: Trotz der von der Sowjetunion über Lumumbas Elend vergossenen „Krokodilstränen“ verdiente kein Mensch Gnade, der so heimtückisch war wie er.

In ihrem explosiven Bericht über die CIA-Mordkomplotte gegen ausländische Staatsführer sprach die Church Kommission 1975 den Geheimdienst von der Verantwortung für den Tod Lumumbas frei.“ Aus den Beweisen ergibt sich in keiner Weise, dass die Vereinigten Staaten in die Tötung verwickelt waren“, folgerte der US-Senatsauschuss. Diese Behauptung wurde zu einem bequemem Mythos, der immer noch routinemässig in der Presse wiederholt. Die Wahrheit ist weniger tröstlich.

Zahlreiche neuere Forschungsarbeiten legen offen, dass die CIA, Lumumbas gewaltsames Ende sicherstellte, indem sie dafür sorgte, dass er in die Hände seiner Todfeinde ausgeliefert wurde. Unter seinen Peinigern in seinen letzten Lebensstunden, befanden sich Schläger im Sold der CIA. Devlin, der CIA-Mann im Kongo, gab später im Bezug auf Lumumba den Ahnungslosen, ja er stellte sich als einen Menschen hin, der Mord moralisch abstoßend fand. Forscher Stephen Weissman kommt freilich zu einem anderen Urteil: „Die CIA war kein unschuldiger Zaungast und ihre Agenten im Kongo waren nicht die Paradebeispiele moralisch sensibler Professionalität, die sie zu sein vorgaben. Insbesondere Devlin war entscheidend an dem Beschluss der Regierung im Kongo beteiligt, Lumumbas tödliche Auslieferung zu billigen.“

Tatsächlich scheint Devlin eher eine treibende Kraft hinter den Ereignissen gewesen zu sein, die zu Lumumbas Tod führten, als nur ein Tatbeteiligter. Am 17. Januar 1961 – drei Tage vor Kennedys Amtseinführung – wurde Lumumba aus seiner Gefängniszelle geholt und in ein belgisches Charterflugzeug verfrachtet. Die kongolesischen Behörden ergriffen diese Maßnahme auf starken Druck Devlins, den Königsmacher hinter Mobutus Regime. Mit Devlins vollem Wissen wurde Lumumba dann nach Katanga geflogen, eine rohstoffreiche Provinz, die sich vom Kongo abgespalten hatte und von gewalttätigen Feinden Lumumbas beherrscht wurde. Der CIA-Stationschef gab später zu, dass Lumumbas Transfer nach Katanga auf eine Todesstrafe hinauslief. „Ich glaube, als wir erfuhren, dass er nach Katanga geschickt worden war, ging man allgemein davon aus, dass er erledigt war“, sagte Devlin Jahre später vor dem Church-Komitee aus.

Devlin wusste am 14. Januar von Lumumbas kurz bevorstehender Verlegung, drei Tage vor dem Abtransport. Aber er unternahm nichts, um Washington bis zum 17. Januar zu informieren.

Lawrence Devlin war kein krimineller Geheimagent – er war ein aufstrebender Geheimdienstler, dessen Unternehmungen im Kongo ihm daheim im CIA-Hauptquartier dicke Pluspunkte einbrachten. Die Entscheidung des Staatschefs im Kongo Schicksal Lumumbas zu verschweigen, bis es zu spät war, um irgendetwas dagegen zu unternehmen, fiel eindeutig in Absprache mit seinen Vorgesetzten. Devlin wurde für seine Unternehmungen im Kongo nicht getadelt, vielmehr entwickelte sich seine Karriere im Geheimdienst nach Lumumbas Tod prächtig. Bevor er sich 1974 aus der CIA zurückzog, um in der lukrativen Diamantenindustrie es Kongos zu arbeiten, stieg er in der CIA zum Leiter der Afrikaabteilung auf.

Während seiner letzten Stunden auf Erden durchlitt Lumumba ein schreckliches Martyrium. Er wurde während des Fluges nach Katanga blind geschlagen, ihm wurden Haarbüschel ausgerissen. Als die Maschine gelandet war, wurde er von bewaffneten Wachen ergriffen, die Moise Tschombe geschickt hatte, der Herrscher Katangas, und von diesen weiter misshandelt. Unter den auf ihn eintrommelnden Schlägen bewahrte er ein resigniertes Schweigen. Er wurde zu einem Jepp geschleift und zu einer entlegenen Farm gebracht, wo eine Gruppe von Männern mit Verbindungen zum amerikanischen und belgischen Geheimdienst ihn zu Tode prügelte, eine Orgie des Sadismus, die sich über mehrere Stunden hinzog. Laut einer Darstellung erschienen selbst Tschombe und seine Minister, um sich an Lumumbas Folter zu beteiligen, und schlugen und traten auf den nahezu leblosen Körper ein.

Kennedys Weißes Haus blieb einen ganzen Monat nach dem Mord im Dunklen über Lumumbas Schicksal. Es war einer der bestürzendsten Momente seiner kurzen Amtszeit.

Nun da Afrikas strahlendstes Licht verlöscht war, glitt der Kongo in einen endlosen Albtraum der Tyrannei und Korruption ab. Gestützt von den USA, begann Mobuto eine zweiunddreißigjährige Diktatur, die den Reichtum des Kongos plünderte und das Land in Ruinen zurückließ. In seiner zügellosen Raubgier ahmte Mobuto König Leopold nach. So überheblich war der Diktator in seiner Herrschaft mit eiserner Faust, dass er Lumumba zum Nationalhelden erklärte, ein kranker Witz, über den zu lachen er sich nur leisten konnte.

(Als Vorlage - ab Kongo 1960 - diente mir das Buch von David Talbot: Das Schachbrett des Teufels, S. 340ff; Verlag: Westend)

Auch in Afghanistan ging es natürlich nie um Demokratie oder Menschenrechte. Das Land sitzt auf gewaltigen Bodenschätzen - genau wie der Kongo auch - Eisen, Kupfer, Gold, Lithium, seltene Erden, Kohle, Öl, deren Wert insgesamt auf mehr als drei Billionen Dollar geschätzt wird.

Die westliche Kriegsmaschine hat schreckliche Kriegsverbrechen in Afghanistan begangen.

So belegt ein im Herbst 2020 veröffentlichter Untersuchungsbericht, dass Angehörige australischer Spezialkräfte mindestens 39 Afghanen gänzlich willkürlich umbrachten. Auf einem Video ist beispielsweise dokumentiert, wie ein australischer Soldat einen wehrlos in einem Kornfeld liegenden afghanischen Zivilisten mit drei Schüssen aus nächster Nähe ermordete. Dem Untersuchungsbericht zufolge handelt es sich bei diesen Morden an unbewaffneten Zivilisten außerhalb jeglichen Kampfgeschehens um ein Initiationsritual, mit dem neue Mitglieder der australischen Spezialeinheit ihre angebliche soldatische Eignung unter Beweis stellen mussten. Die Praxis wurde demnach "blooding" genannt.[9] Morde außerhalb des Kampfgeschehens werden auch US-Soldaten vorgeworfen. So berichtet der Militärhistoriker Neitzel, laut Berichten deutscher Militärs seien "selbst hartgesottene Soldaten des KSK" (Kommando Spezialkräfte) "erschüttert" gewesen, "als ihnen Amerikaner nonchalant davon berichteten, wie sie gefangene Taliban exekutierten".[10] Auch für Morde britischer Spezialkräfte an afghanischen Zivilisten liegen klare Hinweise vor.[11] Konsequenzen hatten die Willkürmorde für die westlichen Soldaten fast nie.

https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8687/

Auch die CIA hat in Afghanistan schlimm gewütet. Das beste Beispiel hierfür ist der berühmt-berüchtigte NDS, der afghanische Geheimdienst, der nach Beginn des „War on Terror“ in Afghanistan von der CIA geschaffen wurde und für zahlreiche Massaker an Zivilsten verantwortlich war.

https://www.nachdenkseiten.de/?p=58076

Bewerten
- +
Ansicht umschalten