Der zweite Absatz aus "Was ist Aufklärung":
Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung freigesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen. [...] Nachdem sie ihr Hausvieh zuerst dumm gemacht haben und sorgfältig verhüteten, daß diese ruhigen Geschöpfe ja keinen Schritt außer dem Gängelwagen, darin sie sie einsperreten, wagen durften, so zeigen sie ihnen nachher die Gefahr, die ihnen drohet, wenn sie es versuchen, allein zu gehen. Nun ist diese Gefahr zwar eben so groß nicht, denn sie würden durch einigemal Fallen wohl endlich gehen lernen; allein ein Beispiel von der Art macht doch schüchtern und schreckt gemeiniglich von allen ferneren Versuchen ab.
Ich bin kein großer Kant-Kenner, aber dieser Teil ist bei mir hängen geblieben. Die Schulpflicht in dem Sinne, gerade als zentralisiertes Kontrollelement, ist auch kein Ersatz für das eigenständige Denken. Nicht falsch verstehen, Schule kann nett sein, aber ich werde meinen Kindern erklären, dass die meisten Lehrer selber nur rückgratlose Mitläufer sind, auf die man sich in der Not nicht verlassen kann. Oder eben Hindernisse bzw. Torwächter, die man überwinden und mitunter anlügen muss, ohne sich selber innerlich zu verbiegen. Auch, dass es nicht wert ist sich mit solchen Leuten zu streiten. Gleichzeitig ist es so, dass man zwar auf die offiziellen Scheine angewiesen ist, die aber nur zur Befriedigung gewisser Leute dienen, aber jenseits dessen keinen Wert haben.
Lehrer haben es sicherlich auch nicht einfach, aber das scheint teilweise selbstverschuldet. Ich habe den Eindruck, dass es sich gerade in den niedrigeren Schulformen bei vielen Lehrern um Studienabbrecher handelt, die ihr Hauptstudium nicht gepackt haben und dann eben auf Lehramt umschenken mussten, ohne zu wissen worauf sie sich einlassen, auch im Bezug auf gewisse soziale Realitäten. Auch durch deren Unfähigkeit sich richtig in Problemschüler hineinversetzen zu können, zum Beispiel durch grundlegende Unterschiede in der persönlichen Sozialisierung bzw. Übersozialisierung und persönliche Schwäche (viel blabla). Die Kompensation dafür ist dann teilweise der Schwenk in die andere Richtung, wo manche meinen nun den harten Hund markieren zu müssen und dann einen passiv-aggressiven Rachefeldzug fahren und sich dabei selber kaputt machen.
Ich glaube längerfristig besteht die Notwendigkeit sich vom klassischen Frontalunterricht zu emanzipieren und diesen und dessen Dynamiken als überholt anzuerkennen. Oder halt durch ein eigenes Engagement überflüssig zu machen.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (11.06.2022 05:27).