Auf der einen Seite haben wir die vorgegebenen Werte, die sicherlich nicht schlecht sind. Allerdings riechen sie doch etwas... ich weiß nicht... Riechen Sie da nicht die 1 %'er? Denn es macht einen erheblichen Unterschied, wenn man nicht auf ein Auto angewiesen ist. Man kann sich hinter das Lenkrad setzen und einfach aus Spaß losfahren. Das muss wirklich Spaß machen. Es sieht jedoch anders aus, wenn man auf ein Auto angewiesen ist, das man nur aus Vergnügen fahren kann.
Auf der anderen Seite haben wir jetzt Aktionen, die sich immer gegen die arbeitende Klasse richten. Und das nicht nur einmal oder zweimal, sondern konsequent.
Es ist nicht so, dass Amazon das Lager zuklebt, sich an Privatjets festkettet oder das Ikea-Lagerhaus ohne Bahnterminal blockiert. Da würde ich kein Wort sagen. Ich wäre der Erste, der dort mit Müsliriegeln steht, im Fan-T-Shirt und die Klimakleber unterstützt.
Es ist immer und ausschließlich die Idee, dass die "Aktionen" immer direkt gegen die 1 % gehen sollen (wenn man der Presse glauben schenkt), aber komischerweise nie die 1 % treffen.
Wir können uns sicher alle einen neuen Tesla leisten. Es hat bestimmt nichts damit zu tun, dass jemand Tesla-Aktien besitzt und davon profitiert. Oder dass jemand noch nie ein gebrauchtes Auto gefahren ist, weil Papa nicht die Kreditkarte gezückt hat und man schon froh war, dass das Auto noch einmal durch den TÜV kam.
Wir sind uns alle im Klaren darüber, dass jeder jetzt und möglichst sofort eine neue Wärmepumpe braucht. Es hat nichts damit zu tun, wem die einzige Firma gehört, die solche Geräte herstellt. Ganz und gar nicht.
Wir können es uns alle leisten, nicht etwa mehr Geld für Bahnstrecken auszugeben, damit die Züge möglicherweise etwas regelmäßiger fahren, vielleicht zwei oder drei Züge mehr kaufen und für ein Jahr im Voraus bezahlen. Vielleicht sogar Raucherabteile wieder einführen, Fenster auf, Zigarette an, das war sozusagen der Luxus der Luxusklasse. Nein, was wir brauchen, ist ein 9-Euro-Ticket, um die Züge richtig voll zu bekommen.
Wir sind uns alle im Klaren darüber, dass wir eine Legalisierung von Hanf in vernünftigem Umfang brauchen, bei der jemand, der schon einmal etwas Hanf geraucht hat, nicht als Idiot betrachtet wird, der sagt: "Niemand braucht mehr als drei Hanfpflanzen." Aber wir müssen in einem Verein sein, wenn wir es anbauen wollen. Es darf nicht einfach auf dem Balkon stehen, da könnten ja Kinder rankommen. Am besten in einem Gewächshaus mit Schlüssel und Vorsitzendem, und jeder Verein braucht einen Sucht- und Präventionsbeauftragten...
Wir sind uns alle im Klaren darüber, dass Frieden und Diplomatie doof sind, denn wir dürfen nicht diplomatisch sein. Atomkraft ist doch umweltfreundlich, und Krieg ist gut für die Wirtschaft.
Verstehen Sie mich jetzt bitte richtig.
Es ist ihr vollstes Recht, sich so zu positionieren. Das dürfen sie. Es ist ja ihre Partei.
Aber es ist auch mein vollstes Recht, am Wahltag zu sagen: Was ist im letzten Jahr passiert? Haben sie irgendetwas für mich verbessert? Bin ich zufrieden mit dem, was sie getan haben? Was würde sich ändern, wenn ich zum Beispiel der Piratenpartei meine Stimme gebe? Oder ich frage meine Kandidaten, ob sie außerparlamentarische Opposition zulassen, und gebe ihnen nur dann meine Stimme, wenn sie Ja sagen?
Denn entschuldigen Sie, dass sie jetzt Angst haben und dass zu wenig getan wird, da stimme ich Ihnen zu, das ist eine legitime Ansicht. Sie können das als Wähler gerne wählen, das dürfen Sie sogar. Ihre Politiker sollten Sie vertreten. Und Sie dürfen sogar fordern, dass er Thunfischpizza mag, und wenn Sie eine Lieblingsfarbe haben, sollte er im Notfall auch Socken in dieser Farbe tragen, wenn das Ihre Wahl ist und er Ihre Stimme will.
Aber im gleichen Sinne habe ich jetzt Angst, dass wir gerade die Politik verkleistern wie in der Weimarer Republik. Nichts geht mehr, eine Krise nach der anderen. Da bekomme ich nun auch Angst und das Gefühl, dass für die Demokratie zu wenig getan wird. Die Politiker, die sagen: "Warum müssen wir diese Diskussion jetzt noch führen?", sollten sanft, aber bestimmt aus dem Amt getragen werden. Und im Notfall holen wir eben Fischer zurück ins Amt, er führt nicht nur die Diskussion, sondern findet auch passende Worte.
Es ist einfach so, dass wir alle verstehen, dass "nach mir die Sintflut" eine legitime Ansicht ist, wenn es gesellschaftliche Probleme betrifft. Warum sollte ich mich darum kümmern, wenn Jan sein Auto braucht, weil er morgens zwei Stunden pendelt, vom Kuhkaff in die Stadt, und am Wochenende vielleicht zwei Ster Holz fahren muss? Das ist nun mal die Realität, wenn man nicht so überprivilegiert ist.
Das Problem ist jetzt, wenn es die schutzbedürftigen Minderheiten und Randgruppen betrifft, wird uns beigebracht, dass wir Mitgefühl zeigen sollen. Ich habe vielleicht nie erlebt, wie es ist, aufgrund meiner Hautfarbe verachtet zu werden, aber ich habe Empathie und denke, dass es dem Storch schon wehtun kann. Also habe ich Mitgefühl.
Ich kann nicht für alle sprechen, da ich mich in einer privilegierten Position befinde und eigentlich kein Auto brauche... Aber ich weiß, dass vieles anders laufen würde.
Menschen, die mir sehr nahestehen, haben eine Zeit lang im Auto geschlafen. Nicht aus Spaß oder zum Vergnügen, sondern weil sie kein Zimmer hatten und es dauerte, bis sie wieder auf eigenen Beinen standen. Das richtet sich also gegen die Armen.
Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen, wo der nächste Laden mit internationalen Produkten schon mal 10 Kilometer entfernt war. Ohne Auto wäre ich vermutlich in die rechte Richtung gegangen. Ein "Autos sind schlecht" geht also schon in die falsche Richtung.
Ich habe Opfer häuslicher Gewalt gesehen, die zitternd auf einer Autobahnraststätte im Auto lagen, mit allem, was sie besaßen. Und sie haben mich angerufen. Ohne ein Auto, das sie zumindest ein Stück weiterbringt, wären sie umgebracht worden. Das fördert häusliche Gewalt.
Ich selbst wurde schon von vier Personen in einen Kombi geladen und ins Krankenhaus gefahren, weil ich einen Unfall hatte. Ohne das Auto wäre ich wahrscheinlich nicht mehr am Leben. In meiner Zeit habe ich auch hinten gesessen und Leute gehalten, die in Unfälle verwickelt waren.
Ich habe eine Schwester, die während ihrer Schwangerschaft für eine Woche ins Krankenhaus musste. Sie musste sich auf die Fahrkünste ihres Mannes verlassen, da die Krankenwagen aufgrund des Staus nicht durchgekommen wären.
Und ich weiß, das sind sehr persönliche Gründe... Aber wenn jemand mit Angst argumentiert, trifft mich das auch. Das verstehe ich vollkommen, Angst ist sehr persönlich, aber ich habe auch Angst.
Angst, dass die Generation nach mir rechtsradikal wird, weil sie kein Auto mehr fahren kann, weil sich niemand einen Tesla leisten kann.
Angst, dass die nächste Person, die in einer Beziehung misshandelt wird, nicht denkt: "Es gibt überall etwas Besseres als das", sondern sich ihrem Schicksal ergibt.
Angst, dass die nächste Generation von Politikern die Kinder der 1 % sind, die sich herausreden, indem sie sagen, dass sie persönlich nie ein Auto gebraucht haben, sondern immer mit Uber gefahren sind.
Und ganz privat habe ich auch Angst, dass es beim Bienenschutz so läuft wie beim Bienenbegehren. Jeder setzt sich für "Die Bienen müssen gerettet werden" ein, aber niemand schaut darauf, dass es gegen die Landwirte geht, während man natürlich peinlich darauf achtet, dass auf Trendlebensmittel, die um die halbe Welt transportiert werden müssen, nicht einmal ansatzweise Steuern erhoben werden.
Und dass du die Suffragetten erwähnst, hat eine gewisse Ironie. Nicht nur haben sie vorher geschickt Propaganda für den Krieg gemacht (White Feather Campaign), es waren auch erstaunlich viele Faschistinnen unter ihnen.
Die Angst nimmt schon sehr seltsame Formen an. Hoffen wir, dass sie recht haben. So richtig glauben will ich das noch nicht.