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  • Frank Furter

277 Beiträge seit 24.11.2012

Re: Schweden ist ohne hin ein Failed State

@ Grober_Unfug

Das angeblich "dünnbesiedelte Schweden" ist eine Mär, die durch Wiederholung nicht richtiger wird. Vielmehr ist die Urbanisierungsrate dort mit 87,4% merklich höher als bei uns.

Der Unterschied der von Ihnen genannten 1,16 Covid-Tote pro 10000 für Deutschland und den knapp 1,47 für Schweden ist nicht so erheblich, dass man daraus den Vorwurf eines Failed State ableiten könnte. Das ist vielmehr grober Unfug – Nomen est Omen. Den Vorwurf müssen Sie lange vorher an Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Portugal oder Belgien mit ihrer wesentlich höheren Sterblichkeit, bei teils sehr harten Restriktionen, richten. Von Ländern wie Tschechien, Polen, Ungarn ganz zu schweigen. Auch Nachbarstaaten wie die Schweiz oder Österreich haben etwas schlechtere Zahlen als wir.

Trotz der heftigen ersten Welle, war in 2020 die schwedische Übersterblichkeit geringer als bei uns!

Die einzige Altersgruppe, die überdurchschnittliche Verluste zu beklagen hatte, waren die über 90jährigen. Bei den sehr Alten und Gebrechlichen hatte es allerdings in den beiden Vorjahren, aufgrund eines Ausbleibens von Grippewellen, wie sie damals die skandinavischen Nachbarstaaten heimsuchten, eine ausgeprägte Untersterblichkeit gegeben.

Im Übrigen lassen Sie die Kollateralschäden völlig außer Acht. Mir sind zwei Betroffene persönlich bekannt, bei denen wegen der Pandemie die medizinisch notwendige Behandlung solange verschoben wurde, bis sie wegen Ablebens nicht mehr erforderlich war. Ein dritter Fall ist der Verwandte einer Freundin, den es bei einem Auslandsaufenthalt erwischte. Diese drei Menschen sind letztendlich, wegen Besuchsverboten der Angehörigen, einsam und verlassen im Krankenhaus bzw. Altersheim gestorben. Neben vielen medizinischen Behandlungen wurden auch zahllose Vorsorgeuntersuchungen verschobenen oder aus Angst vor Ansteckung unterlassen. Viele lebensgefährliche Erkrankungen daher nicht erkannt. Mit tödlichen Folgen.

Todesopfer wie diese wurden hierzulande leider nicht erfasst. Sie dürften jedoch der Grund dafür sein, dass im letzten Jahr die Übersterblichkeit in Deutschland höher war als in Schweden.

Die für die gesundheitliche Verfassung wichtigen körperlichen Aktivitäten wurden insgesamt über einen langen Zeitraum eingeschränkt. Erwachsene über 30 Jahren haben während der Pandemie durchschnittlich um 4,5 Kilo an Gewicht zugenommen, was sie langfristig anfälliger für Herz- und Kreislauferkrankungen sowie für Krebs macht. Diese Faktoren werden in den kommenden Jahren in Deutschland zig Millionen Lebensjahre kosten.

Hinzu kommen zahlreiche vernichtete Existenzen, viele zusätzliche Suizide, die Opfer häuslicher Gewalt durch Misshandlung und Totschlag während des Lockdowns, als bei vielen Landsleuten die Nerven blank lagen. Zurzeit liegt wohl eine besonders große Zahl von Kindern mit klassischen Atemwegserkrankungen in den Klinken. Die Corona-Quarantäne hat ihr Immunsystem geschwächt. Daher gibt es nun eine ungewöhnliche Häufung von Atemwegsinfekten, auch mit gefährlichen Erregern wie dem Respiratorische Synzytial-Virus (RSV).

Bei Kindern sind infolge des Lockdowns die Fälle von Depressionen, Angstzuständen, Einsamkeit und sogar Selbstgefährdung stark gestiegen. Ich weiß jedoch auch von etlichen Erwachsenen, die sich teilweise in Panik dauerhaft von der Außenwelt isoliert haben oder ihre Angehörigen an den Rande der Verzweiflung bringen. Dauerhafte psychische Schäden werden da wohl nicht ausbleiben.

Ausgehend von einer sehr schwierigen Ausgangslage, waren die zurückhaltenden und intelligenten Maßnahmen der Schweden geeignet, die zweite und dritte Welle zu beherrschen. In diesem Punkt waren sie eindeutig erfolgreicher als die Deutschen, die, bei günstigerer Ausgangslage – trotz oder gar wegen der harschen Corona-Maßnahmen - in der zweiten und dritten Wellen mehr Tote zu beklagen hatten. Mehr Freiheit und bessere Lebensqualität gab es bei den Skandinaviern obendrein.

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