Ich fand schon die Vergabe des Friedensnobelpreises an Barack Obama irgendwie schräg. Ein besonderes Friedenswerk hatte er damals nicht vollbracht; entscheidend schien für das Komitee einzig das Potenzial gewesen zu sein, das man Obama damals zuschrieb, sich für eine friedlichere Politik einzusetzen. So schlimm wie Bush war er dann auch nicht, lange nicht, aber für einen Preis hätte es auch später nicht gereicht. Dafür muss man schon was leisten. (Und sollte es sich verkneifen, z.B. die Präsidentenmaschine eines souveränen Staates zur Notlandung zu zwingen, um sie auf Staatsfeinde untersuchen zu können). Nachvollziehbar war die Vergabe des Preises an Obama natürlich schon: Man glaubte wohl, durch die Vorschuss-Lorbeeren den US-Präsidenten moralisch in die Pflicht nehmen zu können und auf diese Weise die Politik zu beeinflussen. In meinen Augen ein klarer Fall von Missbrauch, der dem Friedensnobelpreis nicht gutgetan hat.
Und jetzt Dylan. Für Literatur! Nun mag es ja stimmen, dass Dylans Texte mit Nachdruck den Frieden preisen und dass seine Musik dazu derart ist, dass sie viele Menschen anspricht und daher auch gut als Träger der Botschaft taugt. Aber der Preis ist nun mal ein Preis für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Literatur, nicht für eine bestimmte politische Haltung oder für Popularität. Und Dylans Songtexte sind nun mal keine große Kunst, Dichtung auf dem Niveau kriegen auch viele andere hin.
Auch diesmal wieder Preis-Missbrauch. Ehrlich gesagt, ich hätte es besser gefunden, wenn der Friedensnobelpreis und nicht der Literaturpreis an Dylan gegangen wäre. Da hätte man diese Begründung (Einsatz für den Frieden / Botschafter des Friedens / hat viele Leute angesprochen und für das Thema sensibilisiert / hat damit die Friedensbewegung vorangebracht / usw.) auch gut fahren können, und eine bessere Wahl als Obama wäre Dylan allemal gewesen.