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  • venice12

mehr als 1000 Beiträge seit 20.09.2015

Re: Kabul in den 60ern ...

Ein Freund von mir war in den 60ern an der Uni in Kabul. Hier ein Bericht aus seiner Sicht von 1964:

http://library.fes.de/gmh/main/pdf-files/gmh/1964/1964-11-a-650.pdf

Daraus ein kleiner Ausschnitt:

"Das führt uns zu der entscheidenden sozialen Problematik in einem rückständigenLand, dessen politische Elite Entwicklung wünscht. Die Probleme entstehen aus dem Wi-derspruch zwischen den Ansprüchen der rationalen Arbeitswelt und den traditionellenDenkgewohnheiten. Der Afghane, der in der sachlichen Kategorie der Leistung denkt,setzt sich unweigerlich in Widerspruch zu den grundlegenden Regeln der Tradition, nachder man sich für das Gebet und den Gast jede Zeit nimmt. Gerade die Verwurzelung inden traditionellen Werten der Gastfreundschaft, der Tapferkeit, der Frömmigkeit ist es,die gar nicht den Gedanken aufkommen läßt, daß man durch eine Verbesserung der Pro-duktionsmethoden Zeit gewinnen könne für die Pflege dieser Werte. Denn Produktions-methoden und Gütererzeugung sind nicht wert, daß man an sie Gedanken verschwendet.Diesem traditionellen Denken tritt nun, durch den Kontakt mit den Ausländern, diewestlich-dynamische Vorstellung von der Verbesserung des Lebensstandards, der Befrie-digung neuer Bedürfnisse, der Gewährung größerer Freiheit entgegen.
.....
Wir müssen verstehen, daß nicht die Armut das Problem ist, das den Menschen in den rückständigen Ländern heute am meisten zu schaffen macht. Denn die Armut haben sie jahrhundertelang auf eine elende Weise bewältigt. Das Problem liegt in der Erkennt-nis, daß der Armut abzuhelfen ist, und in den neuen Verhaltensweisen, die dazu plötz-lich zu lernen sind. Wir Europäer haben viele Generationen Zeit gehabt, um uns damit abzufinden, daß und wie die Welt veränderbar ist. Von den Leuten in Afghanistan wird verlangt, daß sie das alles von heute auf morgen begreifen."

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