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  • jozi59

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Re

marasek schrieb am 23. Juli 2007 2:40

> Auf der einen Seite bin ich tendenziell ein Law & Order-Typ, der eher
> ein konservatives Menschenbild hat - sprich Menschen müssen bisweilen
> auch durch Gewalt zur Ordnung gerufen werden (Gewalt im weiteren
> Sinne). Wenn jemand gegen Gesetze verstösst, muss darauf eine
> Konsequenz folgen, möglichst einheitlich.

Das Problem ist, das dahinter vielfach der Glaube steckt, Menschen
würden eine Tat nicht begehen, wegen der Bestrafung. Diese These ist
aber nicht haltbar, weil Kriminelle davon ausgehen, nicht erwischt zu
werden. Die Strafe hat also keine abschreckende Wirkung.
Weiter sollte man einmal sehen was alles unter Strafe steht. Bei
einem Teil stellt sich mit die Frage, ob eine Bestrafung überhaupt
legitim ist. Etwa bei Mundraub, Totalverweigerern, Abtreibung,
Meinungsäußerungen gem. $90, Betrügereien im Umfeld des
Ausländerrechts, Körperverletzungs in Folge eines Unfalls, etc.
Diese "Straftaten" geschehen in aller Regel aus Not,
Gewissenskonflikt und/oder Verkettung unglücklicher Umstände.

Und wer erlebt hat, daß Menschen nur wegen eines Verdachts, der sich
dann später als unbegündet herausstellte, ihren Job verlieren,
Mobbing und anderen Repressalien ausgesetzt sind, der muss sich im
Umkehrschluß auch die Frage nach der Wiedergutmachung im Falle von
staatlichen und gesellschaftlichen Übergriffe stellen.

> Manche Menschen meinen, sie
> können immer durchkommen und das sei noch besonders clever, das
> erhebt sie dann noch über die anderen; ich finde es legitim, wenn man
> denen das beizeiten abgewöhnt. Auch muss man sehen, dass es
> erhebliche Folgen auf jemanden haben kann, wenn man ihn
> zusammenschlägt, die Wohnung ausräumt oder ihm ein Messer unter das
> Kinn hält; der hat damit auch einige Jahre, wenn nicht sein Leben zu
> kämpfen, insofern ist es nur gerecht, wenn die Täter dann eine
> angemessene Strafe zu tragen haben.

Vor allem sollte die Wiedergutmachung (soweit das überhaupt möglich
ist) und Resozialisierung im Vordergrund stehen, und nicht die Rache
der Gesellschaft oder des Opfers.

> Andererseits bin ich dagegen, die Täter unnötig leiden zu lassen,
> etwa durch härteren Vollzug. Das sind dann wirklich nur noch
> Rachephantasien, die letzlich keinen Effekt bringen - eine härtere
> Strafausübung wird vermutlich nicht abschreckender wirken und nur
> eine weitere Vermurksung von Tätern zur Folge haben. Resozialisierung
> muss dennoch Teil des Gesamtkonzepts bleiben.
ACK.

> Letzlich ist es eine meiner Hauptforderungen, dass eine Strafe
> "unemotional" sein muss, in allen Lebensbereichen. Komponenten wie
> "Du hast mich enttäuscht" oder "Das zahle ich Dir heim" haben in
> einer modernen Strafjustiz keinen Platz, weil sie den Konflikt nur
> weiterführen. Dem Delinquenten muss die Möglichkeit gegeben werden,
> seine Strafe in Ehren zu akzeptieren und danach in Ehren
> zurückzukehren in den Kreis der Gesellschaft. Alles andere verursacht
> eher Trotzreaktionen, die der gewünschten Charakterentwicklung nicht
> förderlich sind.

Naja. Die Bestrafung kann nicht das Ziel sein. Das Ziel muss es sein,
das der Täter seine Tat als falsch erkennt und er wieder als normales
Mitglied dieser Gesellschaft einzugliedert werden kann. Ihm muss
einfach deutlich werden, das er für seine Taten auch verantwortlich
ist, und damit auch die Konsequenzen wie Wiedergutmachung, Änderung
seines Verhaltens etc. zu ziehen hat. 

Ich weiß. Es ist ein hoher moralischer Anspruch, der eben nicht so
einfach zu erfüllen ist, wie eine Bestrafung.  Und es ist lediglich
meine Meinung.

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