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  • Andre B. (1)

582 Beiträge seit 26.12.2020

Fragwürdige Quellen, die keine Rückschlüsse zulassen

"Einzelne Beiträge widmeten sich gelegentlich gleichwohl dem Thema, so der Deutschlandfunk in einem Beitrag Anfang Februar.

In der Sendung wurde daran erinnert, dass eine Sars-CoV-2-Infektion auch Monate nach der akuten Covid-Phase noch Probleme bereiten kann. So zeigten zum Beispiel sowohl eine Untersuchung an über 150.000 US-Veteranen als auch Befunde aus Australien, dass Herzmuskelentzündungen durchaus um das Fünffache ansteigen können."

Der Deutschlandfunk berichtet von Studien, aber gibt keinerlei Quellen an. Zudem wäre es interessant (wichtig!) zu erfahren, wieviele von den 150.000 Veteranen nach oder vor deren "Erkrankung" (steht das nur für einen positiven Test?) "geimpft" wurden.

"Akademische Studien deuten darauf hin, dass mehr als zehn Prozent der mit Sars-CoV-2 infizierten Personen sich nicht vollständig erholen und/oder neue Symptome entwickeln."

Ich bitte um valide Quellenangaben, die diese Aussagen untermauern!

"Auffällig: Dabei ist der Anteil neurologischer und/oder psychiatrischer Erkrankungen hoch. Angesichts von über 500 Millionen bestätigten Covid-19-Fällen weltweit, darunter mehr als 360 Millionen in den USA und Europa, erkennt man dieses Problem zunehmend als beachtenswerten gesundheitlichen Krisenfall, da Millionen von Menschen betroffen sind."

500 Millionen bestätigte Covid-19 Fälle also, die genau wie bestätigt wurden und durch was? Ein RT-PCR-Test oder gar Antigen-Test ist dazu weder in der Lage noch dafür zugelassen!

"Nun scheint es, was die neuropsychiatrischen Syndrome als Folgen von Covid-19 angeht, dass es einen validen Erklärungsansatz gibt. Wie der Kölner Stadt-Anzeiger in seiner Printausgabe Anfang der Woche schrieb, weckt bei etwa jedem Vierten Betroffenen die Coronainfektion ein im Körper schlummerndes Virus. Mit Potenzial für beachtliche Probleme."

Ich bitte Sie, in der Printausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers? Wie soll jener Beitrag denn von Ihren Lesern (ohne Abo oder örtliche Nähe zur Stadt Köln) nachgelesen und überprüft werden können?

"Da allein in Deutschland ca. 1,2 Millionen Menschen betroffen sind, ist schon angezeigt, wie groß der Bedarf an einer möglichen Therapie sein mag."

Betroffen von was und wie genau wurde dies denn ermittelt?

"Die Untersuchung, an der 22 Autoren beteiligt waren, trägt den Titel (in dt. Übersetzung): Benjamin Charvet et al: Sars-CoV-2 induziert die Expression des Hüllproteins des humanen endogenen Retrovirus vom Typ W in Blutlymphozyten und in Geweben von Covid-19-Patienten.

Das Autorenteam macht geltend, dass das Sars-CoV-2-Spikeprotein ein Hüllprotein (ENV) aktiviert, das von einem humanen endogenen Retrovirus (Human Endogenous Retrovirus-W, HERV-W) kodiert wird."

Der zitierte Preprint (wurde nach 4 Monaten bisher nicht erfolgreich peer-reviewed oder zur Veröffentlichung eingereicht) ist eine Auftragsarbeit der schweizer Firma "GeNeuro", deren gesamtes Geschäftsmodell sich um HERVs dreht. (1) Der Studienhauptverantwortliche und mehere andere Autoren erhielten dafür direkte finanzielle Zuwendungen von "GeNeuro".

"Professor Patrick Küry ist Co-Autor der Studie. Er arbeitet als Leiter der Arbeitsgruppe für Neuroregeneration am Universitätsklinikum Düsseldorf und sagt: Sars-CoV-2 kann das endogene Retrovirus wecken. (…) Wenn das endogene Retrovirus HERV-W geweckt wurde, dann bedeutet das Ärger."

Auch Herr Prof. Küry ist Empfänger solcher Zahlungen von "GeNeuro".

"HP, BC, JB, JP and NQ receive compensation from Geneuro-Innovation for their work. PK received consulting fees from Geneuro SA. Other co-authors do not declare conflict of interest."

"In klinischen Tests untersucht die biopharmazeutische Firma GeNeuro (Sitz in Genf) die Wirkung von spezifischen Antikörpern in der Behandlung von MS-Kranken. Dabei kommt Temelimab zum Zug, ein monoklonaler IgG4-Anti-Human-Retrovirus-Antikörper."

Und wieder bezieht man sich nur auf eine Herstellerstudie der Firma GeNeuro. Allerdings kommen weitere eigens angestellte Untersuchungen von GeNeuro bezüglich der Behandlung von entzündlichen bzw. neurodegenerativen Veränderungen mit "Temelimab" zu eher ernüchternden Resultaten.

Ich zitiere dazu aus "Efficacy and safety of temelimab in multiple sclerosis: Results of a randomized phase 2b and extension study":

"Ergebnisse: Der primäre Endpunkt wurde nicht erreicht. In Woche 48 wiesen die mit 18 mg/kg Temelimab behandelten Teilnehmer weniger neue T1-hypointense Läsionen auf (p = 0,014) und zeigten im Vergleich zur Placebo-/Vergleichsgruppe eine konsistente, jedoch statistisch nicht signifikante Verringerung der Hirnatrophie und der Abnahme des Magnetisierungstransferverhältnisses. Die beiden letztgenannten Trends hielten über 96 Wochen an. Es traten keine Sicherheitsprobleme auf.

Schlussfolgerung: Temelimab zeigte keine Wirkung auf Merkmale der akuten Entzündung, wies aber erste radiologische Anzeichen für mögliche anti-neurodegenerative Wirkungen auf. Die aktuellen Daten unterstützen die Entwicklung von Temelimab für die progrediente MS." (2)

Temelimab, ist ein humanisierter, gegen das Hüllprotein (ENV) des multiple-Sklerose-assoziierten Retrovirus (MSRV) gerichteter monoklonaler Antikörper,. MSRV ist ein Angehöriger der HERV-W-Familie der endogenen Retroviren, die circa 8 % des menschlichen Genoms ausmachen (3,4). Für gewöhnlich inaktiv, können sie durch exogene Virusinfektionen, beispielsweise auch mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV), reaktiviert und im Serum und Liquor von MS-Patienten gefunden werden. (5,6)

Fazit:

Aufgrund der derzeitigen Datenlage gibt es also keinen Grund, die Gefahren durch "Long-Covid" (es gibt aktuell auch keine einheitlichen Diagnosekriterien dafür) überhöht darzustellen oder dessen vermeintliche Auswirkungen (im Bezug auf die mögliche Aktivierung von HERVs) im Vergleich zu anderen und noch viel häufiger vorkommenden viralen Erregern besonders hervorzuheben. Weiter verbietet es sich hier auch, potenzielle Therapieoptionen zu bewerben, deren Wirksamkeit bisher nicht sicher belegt werden konnte und mit deren Anwendung stattdessen auch durchaus gesundheitliche Risiken einhergehen können.

(1) >>> https://www.geneuro.com/en/about/overview

(2) Efficacy and safety of temelimab in multiple sclerosis: Results of a randomized phase 2b and extension study >>> https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/13524585211024997?url_ver=Z39.88-2003&rfr_id=ori:rid:crossref.org&rfr_dat=cr_pub%20%200pubmed

(3) Endogenous viruses: insights into viral evolution and impact on host biology >>> https://www.nature.com/articles/nrg3199

(4) Human Endogenous Retroviruses in Neurological Diseases >>> https://www.cell.com/trends/molecular-medicine/fulltext/S1471-4914(18)30031-5?_returnURL=https%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS1471491418300315%3Fshowall%3Dtrue

(5) European study on the comparative expression of Human Endogenous Retrovirus and Epstein-Barr Virus, in Multiple Sclerosis >>> https://www.researchgate.net/publication/296178469_European_study_on_the_comparative_expression_of_Human_Endogenous_Retrovirus_and_Epstein-Barr_Virus_in_Multiple_Sclerosis

(6) Expression of endogenous retroviruses in blood mononuclear- cells and brain tissue from multiple sclerosis patients >>> https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1600-0404.1997.tb08148.x

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