... wenn man nur auf die CO2-Emissionen schaut, nicht aber auf die Versorgungssicherheit. Die sollte halt an erster Stelle stehen, danach erst ideologische Ziele.
Das mal vorangestellt, hätte man ja die Energiewende durchaus sinnvoll angehen können. Mein persönliches Programm zur Energiewende sähe auch etwas anders aus:
Reihenfolge Abschaltung
1. Braunkohle <- MUSS
2. Öl <- MUSS
3. Steinkohle <- MUSS
4. Atomkraft <- KANN
5. Gas <- KANN
Bei den "MUSS" ist ausschlaggebend, welche Umweltzerstörung und welche Emissionen mit dem Betrieb dieser Kraftwerkstypen verbunden ist. Da wären bei mir seit 15 Jahren die Braunkohlekraftwerke abgeschaltet, um die Umweltzerstörung wegs der Tagebaue abzustellen. Erst danach kämen Öl und Steinkohle, aber auch hier geht es weniger um Emissionen denn um die Schäden in der Umwelt.
Die beiden "KANN" sind im Sinne zu verstehen, dass sie am Netz bleiben sollten, bis sie adäquat ersetzt werden können. Die simple Rechnung, 1GW Atomkraft durch 1GW Windkraft zu ersetzen geht nicht auf. Das Verhältnis müsste eher 1:4 sein, d.h. 1GW Atomkraft wird durch 4GW Wind ersetzt. Sonnenenergie ist, solange man nicht ökonomisch oder ökologisch sinnvoll die Tagessonne in die Nacht retten kann, noch weniger ideal als der Windstrom, denn Wind kann tags und nachts wehen, auch bei Bewölkung. Solarenergie ist aber nur effektiv bei geringer Bewölkung und nur möglich tagsüber.
Jüngstens wurden wir in BaWü aufgerufen, Strom zu sparen: Begründung war, weil im Norden zu starker Wind herrschte und zu viel Windenergie anfiel, im Süden aber keine Solarenergie. Das ist aber kaum vermittelbar, wenn billige Windenergie im Überschuss zur Verfügung steht. Tatsächlich fehlen Trassen, um den Überschuss aus dem Norden INNERHALB Deutschlands in den Süden zu transportieren. Die überschüssige Energie musste ins Ausland quasi verschenkt werden (Belgien und die Niederlande hatten ja auch Überschuss), während der Süden teuren Atomstrom aus Frankreich importiert werden muss. Logisch, oder? Strom ist nicht Strom am Strommarkt.
Auch das ist ein fataler Fehler der Energiewende: Stromerzeugung und -bedarf sind nicht nur zeitlich gekoppelt, sondern auch räumlich. Vom Überschuss im Norden profitiert der Süden nicht, vom Überschuss im Süden der Norden nicht.
Hier mal die Karte installierter Kraftwerksleistung für Deutschland; erkennbar ist ein Nordsüdgefälle bei der Stromerzeugung: im Norden überwiegen Windparks, im Süden Solarparks. Und NRW hinkt bei der Energiewende 20 Jahre hinter allen anderen her. Überraschenderweise ist der Osten, trotz Braunkohlekraftwerke, bezüglich Energiewende und Versorgungssicherheit besser aufgestellt als der Westen.
https://www.umweltbundesamt.de/bild/kraftwerksleistung-in-deutschland
Wind- und Solarparks erzeugen Strom für den Momentanbedarf. Speicherung ist kaum möglich, Pumspeicherwerke sind halt irgendwann voll. Mit Akkus speichern ist ökonomisch wie ökologisch kaum sinnvoll, allein ein 80GWh-Akku, den man als 24-Stunden-Puffer für ein 3GW Solarkraftwerk einsetzen müsste, kostet das Zehnfache dessen, was das Solarkraftwerk an sich kosten würde. Das ist kaum vermittelbar. Bei Windparks wäre eine ähnlich teure Investition erforderlich. Sommersonne und Herbstwind in den Winter retten ist nicht möglich.
Wir werden also bei rund 70GW Durchschnittsbedarf in Deutschland eben auch rund 70GW Kraftwerksleistung aus konventionellen Energiequellen brauchen und können gern den Rest mit Regenerativen auffüllen, bis wir bei rund 220GW sind. Das heißt, 1/3 der installierten Kraftwerksleistung muss konventionell bleiben, 2/3 ist regenerativ. An idealen Wind- und Sonnentagen kann man dann auch mal 100% aus Erneuerbaren decken und nutzt die Konventionellen zur Regulierung von Netzfrequenz und Blindleistung. In der Winterflaute brummen halt die Konventionellen.
Und damit sowas nicht wieder passiert, dass im Norden viel billiger Windstrom anfällt, im Süden aber zum Stromsparen aufgerufen wird, weil teurer Atomstrom eingekauft werden muss mangels Trassen, muss eben auch was in die inzwischen 70 Jahre alte Infrastruktur investiert werden. Da sollte man mal auch auf die Füße treten der Blockierer: 30qm abknappsen vom Land, freiwillig, oder Lützerath. Denn das ist letztendlich das Resultat von 20 Jahren verkorkster Energiewende: ganze Landschaften werden umgegraben, weil man an der falschen Stelle gespart hat, zu nachgiebig war bezüglich der Trassenplanung usw. Man hätte ja klar benennen können: wer sein Land für ein Windrad verpachten kann, muss auch einen Mast für die Überlandleitung dulden. Tja, vertane Chance. Bezahlen müssen wir alle mit hohen Stromkosten und komischen Situationen, wie eben "Überschuss im Norden = Energiesparen im Süden".