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  • Axel Farr

mehr als 1000 Beiträge seit 06.05.2002

"Direkter Kollaps" vs. "Supernova"

Die Autoren hätten vielleicht noch erläutern sollen, was man unter dem "direkten Kollaps" eines Sterns im Gegensatz zu einer Supernova versteht:

Materie folgt je nach den Parametern, die vorgegeben sind (Dichte, Druck, Temperatur) einer sogenannten "Zustandsgleichung". In unserer Direkten Umgebung kennen wir das Verhalten von Materie für die Zustände "fest", "flüssig" und "gasförmig". Etwas abstrakter dann vielleicht noch für "plasma", das wird technisch z.B. für Leuchtstoffröhren erzeugt - in grober Näherung vielleicht als "elektrisch leitfähiges Gas" beschreibbar.

Wenn man sich mit Druck und Temperatur auf die Ebene eines Sterns begibt, dann gibt es dort zunächst nur den Zustand "Plasma". Dass der Stern nicht weiter "zusammensackt" liegt an der durch Kernfusion erzeugten Energie: Die arbeitet dem Gravitationsdruck des Sterns entgegen. Ist der "Brennstoff" für die Fusionsenergie erschöpft, dann beginnt der Stern "zu schrumpfen", Druck und Temperatur nehmen weiter zu - entweder bis es nochmal zu einer zusätzlichen Kernfusion mit der "Asche" aus dem alten Prozess kommt oder bis zu einer neuen Zustandsänderung, die durch eine Umwandlung der Atomkerne in eine Art "Superkern" aus Neutronen kommt. Diese Umwandlung des Sterns in einen Neutronenstern ist der Ursprung, warum es bei bestimmten Sternen zu einer Supernova kommt: Der resultierende Kern, ein Neutronenstern, kann nur bis zu einer bestimmten Grenze Atome aufnehmen, die ist nach drei Physikern "Tolman-Oppenheimer-Volkoff-Grenze" genannt und beträgt ca. 0.7 Sonnenmassen. Die Quantenmechanik definiert diese Grenze, und sie ist so beschaffen, dass der resultierende Neutronenstern eine Ausdehnung hat die noch größer als sein Schwarzschild-Radius ist - er ist also kein schwarzes Loch und kann auch keines werden.

Die Supernova mit dem extremen Ausstoß von Materie aus dem sterbenden Stern gewinnt ihre Energie faktisch aus dem Kollaps des Sterns, diese wird aber am entstehenden Neutronenstern gewissermaßen "gespiegelt" und von dessen eigener Bildungsenergie (es werden bei der Bildung des Neutronensterns starke Neutrinoemissionen ausgelöst) ins All getrieben - entgegen der extremen Gravitationskraft des Neutronensterns.

Diesen Bildungsmechanismus hat man relativ gut verstanden, man kann die Modelle auch mit dem beobachtbaren "planetarischen Nebeln" rund um existierende Neutronensterne in Einklang bringen.

Was man bisher in der theoretischen Astrophysik weniger gut kann, das ist den Mechanismus eines "direkten Kollaps" zu erklären. Einerseits gibt es ein theoretisches Limit, wie groß ein Stern überhaupt sein kann (100 - 300 Sonnenmassen werden da je nach Zusammensetzung des Sterns genannt) was eine obere Grenze setzt zu dem, was zu einem "direkten Kollaps" führen kann, andererseits gibt es aber auch Modellrechnungen bei solchen großen Sternen, wo zum Schluss nahezu nix mehr übrig bleibt ("Paarinstabilitäts-Supernova", dabei wird während des Kollaps eine so hohe Energiedichte erreicht, dass Elektron-Positron-Paarbildung gestartet werden kann, die faktisch dazu führt dass die Energie den Ort der Supernova als elektromagnetische Strahlung verlässt).

Theoretisch Berechnen kann man die Größe eines Supernova-Kerns, ab dem mit einem direkten Kollaps zu rechnen ist. Leider beißt sich das mit der oben genannten Tolman-Oppenheimer-Volkoff-Grenze (die für "kalte" Neutronen gilt), so dass man nur annehmen kann, dass sich die Mehrzahl der entstandenen Neutronen im Neutronenkern in einem extrem hochenergetischen Zustand befinden muss, aber trotzdem "nicht raus" kann. Es gibt vor allem die Idee, dass sich die Grundbausteine der Materie dann von den "up" und "down"-Quarks dabei in zusätzliche, wesentlich masse- und damit energiereichere Quarktypen umwandelt, so dass dieser "fremdartige" Neutronenstern dann eine genügend hohe Dichte aufsammeln kann, um sich sozusagen "hinter seinem Schwarzschildradius verstecken" zu können und damit zum Schwarzen Loch zu werden.

Beobachten kann man diesen Vorgang eines "direkten Kollaps" nur in engen Grenzen, mehr oder weniger indem ein sehr leuchtstarker Stern mehr oder weniger plötzlich "verlischt" und nichts Sichtbares mehr von ihm bleibt.

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