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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

vorwärts in die Vergangenheit

Kurzfristig, für die nächsten Präsidentschaftswahlen, dürfte Zemmour die Chancen der Rechten eher reduzieren. Er, Le Pen plus ein noch auszusuchender Kandidat der 'Konservativen' ist wohl zu viel, das wird sich, wie die Österreicher sagen, nicht ausgehen.

Mittelfristig ist er aber Ausdruck einer gefährlichen Entwicklung. Wenn zu den traditionellen Wählerschichten de Ressemblement National weite Teile der sich als bürgerlich verstehenden Rechten hinzukommen, ist die Machtübernahme durch eine faschistoide Clique, der Bruch der schlecht instandgehaltenen bürgerlichen Dämme durchaus denkbar.

Mittlerweile gibts genug Rattenfänger-Themen, den Islam, den Zuzug Geflüchteter, die nationale Identität, die Sexualmoral, die Pandemie, die Mobilität... Die Linke ist seit '89 desavouiert, kämpft Rückzugsgefechte gegen die Machtinhaber der radikalen Mitte. Oder anders - seit der Neoliberalismus zum Zentrum des juste milieu geworden ist, hat sich ein grosser Teil der sich als links Definierenden auf gefährliche identitäre Abstellgleise abdrängen lassen, die bei den im wörtlichen Sinn gesellschaftspolitisch konservativen Proletariern, die sich allerdings ums Verrecken nicht als solche verstehen wollen, sehr schlecht ankommt. Auch die Ökologie ist kein Gewinnerthema - wer will schon hören, das bald alles den Bach runtergeht und man daher auf vieles von dem, was mit Label Freiheit ettiketiert zum Alltagsleben geworden ist, zumindest in Teilen verzichtet werden müsse. Wenn man doch schon in einen täglichen Kleinkrieg verwickelt ist, der darum geht, den mühsam verteidigten Status nicht wieder einzubüssen.

Kurz, Sündenböcke haben Hochkonjunktur, die 'Freiheit' muss mit allem, notfalls der Waffe verteidigt werden und an die Regierung gehören wieder Leute, die Zucht und Ordnung vertreten. Gute Zeiten für die Zemmours.

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