Stimmt, aber die Regeln für die Berichterstattung sind ohnehin sehr subjektiv. Wann ist eine Gewalttat von überregionalem gesellschaftlichen Interesse? Über das aktuelle Tötungsdelikt wird eigentlich nur deshalb überall berichtet, weil die Tatverdächtigen Kinder sind. Meine eigenen ersten Gedanken, als ich die komische Pressekonferenz zufällig sah, waren: Das war entweder ein Unfall oder ein Ehrenmord, und wenn die Eltern der Kinder Neonazis oder IS-Angehörige wären, würde jetzt jedes noch so kleine Detail berichtet, weil dann die Persönlichkeitsrechte der Kinder völlig anders interpretiert würden, nämlich so, dass sie selbst vermutlich Opfer einer gesellschaftsschädigenden Ideologie geworden seien, über die genauestens zu berichten, natürlich dem Schutz der Kinder diene.
Heute glaube ich, dass meine Ehrenmordtheorie zutreffen könnte, aber weder von linksliberaler noch von rechtskonservativer Seite würde man (natürlich nur unter der Prämisse, dass meine Theorie nicht völliger Mist ist) darüber berichten wollen, obwohl dann eigentlich von überregionalem Interesse, weil einfach zu gefährlich für den eigenen Ruf. Für Linksliberale können Ehrenmorde doch nur männliche Wesen begehen, während weibliche höchstens gezwungenermaßen durch unsere patriarchalischen Verhältnisse ein falsches Ehrkonzept entwickeln mussten und ohnehin strukturell seit Jahr und Tag Gesellschaftsopfer seien –, während Rechtkonservative bei weiblicher Gewalttäterschaft psychisch darunter leiden, dass in diesen seltenen Fällen Erziehungsberechtigte versagten, also in der Jugend die Eltern und später dann die Ehemänner. Also wie darüber berichten? Am besten gar nicht, denn was denkt man sonst im Betrieb über mich.