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  • Leser2015

470 Beiträge seit 19.11.2015

Wie verstehen Medienschaffende beruflich das Konzept innerer und äußerer Ehre?

Bis auf manch unnötig distanzierendes Anführungszeichen im Artikel des geschätzten Autors insgesamt ein sympathischer Ausdruck innerer Ehre.

Aus meiner Sicht als Nichtphilosoph ist zumindest im Telepolis-Forum die Welt noch halbwegs in Ordnung, sofern man höflich bleibt, das Grundgesetz beachtet und sich argumentativ um Sachlichkeit bemüht. Mich selbst störte nicht einmal Beschimpfung, etwa als Schwurbler oder noch schlimmer, gerade weil ein Pseudonym nicht in seiner persönlichen Ehre beeinträchtigt werden können sollte. Zugleich betrachte ich mich selbst als typischen Moralisten, allerdings nur im Sinne einer Zivilperson mit Anstand. Unter innere Ehre fasse ich Prinzipientreue, bei der äußeren geht es um soziale Anerkennung.

Für Medienschaffende unter Klarnamen ist gewiss alles deutlich komplizierter. Gleiches gilt für Plattformen, die Publikationsraum für Anderdenkende anbieten könnten. Wie fast überall muss das in der Menschenwürde verankerte Resozialisierungsinteresse hinter die Wahrung der äußeren Ehre als einem sozialen Anerkennungsverhältnis, das gerade im Medienbereich in Gestalt der sogenannten Blattlinie schließlich über Jahre hart erarbeitet wurde, zurücktreten.

Überraschenderweise sind politisch Linke in Kontaktschuldfragen ehrpusseliger als Rechte, die historisch den Ehrbegriff stärker thematisiert hatten. Und selbst ich als liberaler Laie würde mich mit Kriminellen höchstens heimlich im Privaten treffen, doch niemals öffentlich gesehen werden wollen. Wie könnten denn sonst die Leute über mich denken? Jeder Ehrverlust ist eine Schande, die ein Schamgefühl in mir auslöst. Sozialen Stolz möchte ich stattdessen empfinden, weshalb ich mich in der Öffentlichkeit natürlich von den falschen Leuten fernhalte.

Mit magischem Denken haben derartige Überlegungen nichts zu tun; sie entspringen nur einem realistischen Gesellschaftsverständnis. Auch boykottieren Rezipierende keine Debatten, denn in Gefahrensituationen geht Eigensicherung stets vor. Oder in Anlehnung an #besonderehelden (https://www.youtube.com/watch?v=qcGGSprHkzw) der letzten Bundesregierung gesagt: »Werde auch du zum Helden und bleibe stumm!« Natürlich kann man es anders machen, wie das aktuelle Interview von Jasmin Kosubek mit Roland Tichy belegt (https://www.youtube.com/watch?v=qBIQjUFPILk), in dem mich zwar einige Aussagen Tichys nervten, doch gewiss nicht die Prinzipientreue hinsichtlich des journalistischen Handwerks.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (28.07.2024 23:49).

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