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Avatar von wieselxoxo
  • wieselxoxo

mehr als 1000 Beiträge seit 17.02.2011

Re: Wasser für die Mühlen

Ach je, die alte Leier, wenn jemand anderer Meinung ist, gleich in die rechte Ecke zur Afd stellen. Geht es nicht vielleicht ein klein bisschen differenzierter, und vielleicht auch mal einem Argument als Entgegnung?

Ich bin im übrigen absolut nicht der von ihm vertretenen Meinung bezüglich der Auswirkungen von Corona. Dass die Übersterblichkeit durch Corona nicht so hoch war, halte ich der guten Wirkung der Impfkampagne zugute, und nicht der Umstand, dass Corana ungefährlich gewesen wäre. Vorsicht, anektdotische Evidenz, ich habe in meinem eher beschränktem Umfeld einen Kollegen, den es ganz am Anfang vor der Möglichkeit zur Impfung erwischt hat, der ist mit 41 arbeitsunfähig geworden und hat nur noch 20% Lungenfunktion, der ist bis heute ein Pflegefall und wird es bis an sein Lebensende bleiben. Und einen toten Impfgegner in der Verwandschaft. Ich persönlich würde mich in einer vergleichbaren Situation wieder in die Schlange mit 2stündiger Wartezeit in eisiger Kälte einreihen.

Wo ich das wirkliche Problem sehe, ist die Art der Aufarbeitung der Vorgänge und der politischen Entscheidungen. Ich bin der Überzeugung, dass vielleicht nicht alles optimal gelaufen ist, die grundsätzliche Richtung aber vollkommen in Ordnung war. Warum kann man dann nicht einfach die Protokolle offenlegen, die Vorgänge nochmal bewerten und einordnen und einen Maßnahmenkatalog ableiten, der bei einer Wiederholung eine verbesserte Aktion zur Folge hat. Das ist im technischen Umfeld vollkommen üblich so, nur so wird man besser. Aber aus irgendeinem Grund kann in der Politik niemand zugeben, vielleicht nur mittelmässig und nicht gut reagiert zu haben, da wird die Ehre angekratzt. Lieber veröffentlicht man nach langer Juristerei einen umfangreich geschwärzten Text und wundert sich dann, dass man den Verschwörungstheroretikern wieder jede Menge Munition geliefert hat. Und diese dann auch gegen einen selbst verwendet wird.

Wie auch immer, ich finde er hat einen guten Punkt. Diese Moralisierung von politischen Themen könnte ich mir gut als einen Teil der Gründe für die derzeitig zu beobachtende Polarisierung in der Gesellschaft vorstellen. Es gibt in einigen Themenbereichen nur noch schwarz und weiß, und am Ende wundert man sich dann, dass manche sagen, ok, damit gehe ich jetzt nicht mehr mit und in der Folge in einer extremen Ecke landen, wo sie eigentlich gar nicht hinwollten. Wenn der Diskurs des besseren Arguments aus moralischen Gründen abgelehnt wird, verliert man einen Teil der Gesellschaft an die Populisten. Denn dann finden die Entscheidungen aufgrund von Emotionen statt, nicht mehr aufgrund rationaler Abwägungen, die Vernunft verliert. Und ich fürchte das werden wir bei den anstehenden Wahlen als schmerzhafte Konsequenz zu spüren bekommen.

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