Es gibt bei der Entwicklung der Sprache zwei sich widerstrebende Bedürfnisse: Inhalte ausdrücken zu können und gleichzeitig Aufwand zu sparen.
Es gibt noch ein drittes, über das niemand spricht, weil es den Sprachideologen nicht in den Kram passt:
Das Bedürfnis der Sprachen, sich voneinander zu unterscheiden. Genauso wie sich die Gesichter von Menschen unterscheiden müssen, damit man sie nicht verwechselt, müssen sich die Formen verschiedener Sprachen voneinander unterscheiden, damit man die Sprachen und damit die Bedeutungen nicht verwechselt.
Stell dir vor, ein englischer Satz würde genauso lauten wie ein deutscher, aber etwas anderes bedeuten, da es ja eine andere Sprache ist. Und du hättest keine Chance zu erraten, welche Sprache nun gemeint war. Dann hättest du auch keine Chance, den Inhalt zu verstehen.
Die Formenvielfalt der Grammatiken dient deshalb auch der Unterscheidung. Wenn man sich also fragt, warum ist die Grammatik der Sprache A an dieser und jener Stelle komplizierter als scheinbar nötig, dann lautet die Antwort: Nur diese Komplexität ermöglicht die Unterscheidung zur Sprache B. Daraus folgt: Je mehr Sprachen es gibt, desto komplizierter müssen sie sein! Dabei hat jede Sprache ihre spezifische Mischung aus Komplexität und Einfachheit. Im Deutschen ist Tempus einfach, Genus kompliziert. Im Englischen ist es umgekehrt.
PS: In Wahrheit ist es noch viel komplizierter (hihi) aber dazu reicht mir jetzt die Zeit nicht.