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  • Karl Sten

mehr als 1000 Beiträge seit 14.08.2015

Re: Bitte mehr davon

Artur_B schrieb am 03.07.2021 20:25:

Es wäre sehr wünschenswert, mehr über dieses Land zu erfahren, dessen Entwicklung nun die zukünftige Weltpolitik prägen wird. Informationen sind spärlich, zum einen ist da der Westen, der China mit allen Mitteln schlecht reden will.

Informationen über China sind nicht spärlich. Ist ist auch kein Problem China selber zu besuchen. Ich bin schon paar Mal beruflich und privat drüben gewesen.

Es gibt zum Einen natürlich die chinesischen Publikationen, die einen Trend zum Schönreden haben. Einzelne Personen können kritisiert werden, aber nie die Partei.

Mit älteren Auslands-Chinesen zu Reden hilft auch - wenn Du sie näher kennst kriegst Du auch so die eine oder andere Story über parteiinterne Korruption zu hören - je höher der Rank umso mehr die Korruption. Xi hat zwar ein Riesen Programm gegen Korruption am Laufen - aber es scheint primär seine parteiinternen Gegener und deren Seilschaften zu treffen. Wer böses dabei denkt.

Mit chinesischen Studenten im Deutschland ist es schwieriger, da bin ich zwei Sorten begegnet.

Da gibt es zum einen die Leistungstudenten mit staatlichen Stipendium - die sind so ziemlich alle Rotlicht bestrahlt, sehr nationalistisch und große Scheuklappen.. Die haben schon ein Studium in China abgeschlossen und dürfen ein zweites Studium im Ausland machen.

Die anderen kommen aus einer reichen Familie und haben doch einen offeneren Blick auf die Welt. Die sind meistens von denen sind an Elite Unis zu finden.

Desweiteren bekommst Du einen ziemlich guten Eindruck aus den Wirtschaftszeitungen - die Darstellungen sind meist zutreffend.

China selbst äußert sich wenig, da ist für den Ausländer eigentlich nur China daily interessant.

Für alle Barbaren und Langnasen ausserhalb des Reich der Mitte muss alles schön und erfolgreich aussehen. Propaganda halt. Nicht unwahr aber Rosinenpickerei.

Als ich vor ein paar Jahren das letzte Mal in Beijing war, war der Smog bei 300 ppm der max Wert der letzten 48 Stunden in Beijing bei 117. China hat sich viel Wachstum mit viel Umweltverschmutzung erkauft. Viele Dinge in China haben nicht die Qualität, wie man sie z.B aus Japan gewohnt ist.
Die Chinesen haben eine Händler Mentalität und es laufen viele Geschäfte auf Gegenseitigkeit. Meine Frau ist Chinesin und als wir touristische auf dem großen Basar in Istanbul waren hat sie sie beim Feilschen dem türkischen Händler die Tränen in die Augen getrieben.

Ihre Meinung: Drücke ich den Händler auf 30% des Ursprungspreis - dann ist das Geschäft OK. Drücke ich ihn auf 10% ist ein gutes Geschäft.

Wirklich aufschlussreich ist das allerdings nicht und es ist nicht in der Lage, eine Duftmarke zu setzen, wie es beispielsweise RT deutsch gelungen ist. Wir sind sehr auf Felix Wemheuer angewiesen, seine Darstellung halte ich für realistisch.

RT Deutsch ist die Rache Putin für die vielen NGO in Russland, die an seinem Stuhl sägen. :-)

Ein paar Jubelartikel über russische Leistungen und viel Hetze und Angstmacherartikel, die sich mit deutschen Themen auseinandersetzen. Viele Autoren kommen aus dem rechtskonservativen Milieu oder rechts davon. Schaut man sich die Äusserungen in den Kommentaren an ist das eine Mischpoke aus SED Veteranen und AfD Jüngern.

Die Faktenlage ist immer ausgesprochen dünn. Überschriften beinhalten oft eine scheinbare Sensation, die im Artikel selber meistens entschärft wird. Bild Niveau halt, aber mit weniger Bilder.

Die Wirtschaft meine ich verstanden zu haben. Da ist unten eine Marktwirtschaft, je weiter es nach oben geht, umso mehr ist es eine Planwirtschaft.

Das kann man so sehen. Viele Firmenchefs sind auch Parteimitglieder und damit in die Parteidisziplin eingebunden.

Die vier größten Banken der Welt sind chinesische Staatsbanken. Da, an dieser Stelle versagt die vielgescholtene Planwirtschaft keineswegs. Im Gegenteil, ein System der Investitionslenkung leitet die Gelder in wirtschaftlich gewünschte Teile der Wirtschaft. Beispielsweise jetzt in Erneuerbare.

Ja und Nein. Es hat auch viele Fehlinvestitionen in Immobiliensektor oder bei der Infrastruktur gegeben. Viele Provinzen sind massiv verschuldet. Das macht der Regierung in Beijing teilweise große Sorgen. Das Mobilnetz in den Städten ist moderner als in Deutschland, z.T. auch flächendeckend - aber es kann auch keiner gegen Funkmaste protestieren.

Manche Infrastrukturprojekte wie die Bahn nach Lhasa (Hauptstadt Tibet) sind eine ingenieur-technische Meisterleistung, sollen sich aber erst in 200 Jahren amortisieren.

Das verhindert, dass irgendwelche Konzerne, eigene oder fremde, eine Machtstellung erreichen, in der sie die Politik beeinflussen oder gar gestalten können. Sich von denen nicht auf der Nase herum tanzen zu lassen, ist erreichtes Ziel der chinesischen Politik.

Auch wenn es da viele Auswüchse durch Lobbyismus gibt – ein Feedback und Vorschläge aus der Wirtschaft sind nicht grundsätzlich falsch. In China besteht die Gefahr, das Firmen über die Klinge springen, weil die Politik plötzlich einen anderen Kurs will. Es gibt keine Investitionsssicherheit in China. Aus politischen Gründen kann jede Firma abgewürgt werden.

In China wird zu viel Macht in einer Hand konzentriert – in Demokratien gibt es durch das Check & Balance immer einen Ausgleich verschiedener Interessen – auch wenn es nicht perfekt ist.

Das ist auch die Erklärung, warum dort alles so klappt, der Bau von Krankenhäusern und Flugplätzen beispielsweise. Der Staat sagt, ich will das und das, bezahlt wird, wenn es fertig ist. Und nicht die Heerschar von Parasiten, die den Staat über den Tisch ziehen wie bei uns.

Großprojekte klappen in China, weil Bürger nur beschränkte Einspruchsrechte haben. Da gibt es keine jahrelangen Verwaltungsverfahren wegen Hamster, die ein Projekt stoppen können.
Auch Baumängel stoppen kein Großprojekt. In Deutschland konnte ein Landrat den BER ausbremsen – das ist in China nicht möglich.
Umweltverträglichkeit ist auch kein Hinderungsgrund. Falsches Baumaterial (BER Dübel) – egal. Arbeitzeitvorschriften – egal.
Die chinesische Regierung unternimmt auch wenig gegen die 996 Arbeitswoche bei den Topunternehmen. https://de.wikipedia.org/wiki/996_(Arbeitswoche)

Ich würde es gern sehen, wenn bei uns in Linkspartei und SPD "Chinesen" auftauchen würden. Kein Problem mit der Verfassung: all das, was die Chinesen da machen ist mühelos mit dem Grundgesetz vereinbar. Es muss nur beschlossen werden.

Es gibt eine Menge Dinge aus China die Probleme mit der deutschen Verfassung machen würden. Am Beispiel dieses Forums – 90 % der Forenten wären entweder im Gefängnis oder hätten einen sehr niedrigen Social Score*, weil sie Merkel oder die CDU kritisieren – ein absolutes NO GO in China ist es die Partei oder Xi persönlich zu kritisieren.
*Niedriger Social Score => keine Flüge, keine ICE Fahrten, keine Kredite mehr

Das weiß jeder - daher gibt es dann auch Umschreibungen wie Winnie Puuh für Xi. Nachdem die Zensur das geschnallt hat ist Winnie Puuh seitdem persona non grata in China.

https://www.br.de/puls/themen/netz/winnie-puuh-baer-china-zensur-meme-100.html
https://www.goldthread2.com/culture/tiananmen-square-protest-internet-memes-censored/article/3013079

Gruß Artur

Ich mag China, aber ich mach mir auch keine Illusionen über die Regierung. Die Bevölkerung steht in sehr großen Teilen hinter der Regierung (außer in den unruhigen Provinzen und Sondergebieten) und das wird sich solange nicht ändern, solange viele Chinesen wachsenden Wohlstand haben. Aber bei Bedarf wird von der Regierung auch mit nationalistischen Tönen gespielt. Das was in früher in Deutschland die Danzig Frage war ist in China das Thema Taiwan.

Die Taiwan Chinesen haben in der gleichen Zeit mehr geschaftt. Aber auch in Taiwan hat es Jahrzenhnte gedauert bis sich aus einer Diktatur eine Demokratie entwickelt hat.

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