Erleben wir nicht gerade deswegen eine Regression hin zum Glauben statt zum Wissen? [Neuber]
Die gesamte letzte Frage Neubers erzeugt den Verdacht, er habe seinem Interview-Partner nicht richtig zugehört oder wolle sich auf dessen Darstellung der Problematik nicht wirklich einlassen. Das sollte er - wenigstens probeweise - tun und vielleicht meine Paraphrasierung von Scheidlers (isolierte) Teilchen versus 'Gewebe von Energiefeldern'-Dichotomie hinzunehmen. Nämlich einer immer umfassenderen Bevorzugung formaler Welt-Aspekte bei gleichzeitiger Vernachlässigung der inhaltlichen. (siehe auch meinen Kommentar zum Buchauszug)
Natürlich hat er recht und feiert der Irrationalismus gerade auch im Netz Urständ. Das als Regression zu bezeichnen ist aber falsch, denn dafür müssten die Betreffenden rational schon einmal deutlich weiter gewesen sein, was in den allerwenigsten Fällen zutrifft. Diese Art der Irrationalität ist auch nicht die entscheidende. Sie hat auf den Gang der gesellschaftlichen Dinge keinen wesentlichen Einfluss. Die Tendenz zur Vernaturwissenschaftlichung der Welt ist ungebrochen. Es gab noch nie so viele Naturwissenschaftler wie heute, auch gewichtet nicht. Und der Glaube hat wohl kaum zugenommen, sich nur zum Teil inhaltlich verlagert.
Die entscheidende weil eigentlich wirkmächtige Irrationalität ist die systemische, die auch Scheidler anspricht. Zuvorderst die in der ökonomischen Ideologie verkapselte, das Dogma vom ewigen Wachstum, das nicht rationaler ist als die 'unbefleckte Empfängnis'.
Scheidlers Vorstellungen - die meinen recht nahe kommen - zielen nicht auf eine Entwissenschaftlichung, nur auf die Wieder in Wert-Setzung des Inhalts, im wissenschaftlichen Kontext des qualitativen. Und am wichtigsten, die Einführung eines neuen ökonomischen Anreizsystems. Wofür man wohl mit der Veränderung der Natur dessen anfangen müsste, was gemeinhin stets 'Geld' genannt wird, im Lauf der Geschichte seine Natur aber schon oft verändert hat.