Der neue (wie auch der jetzige!) öffentlich-rechtliche Rundfunk steht nicht in Konkurrenz zu den privaten Medien. Daher wird die vorrangige Bewertung nach Einschaltquoten bzw. Zugriffszahlen abgeschafft.
Das halte ich für schwierig, denn in der Praxis steht der ÖRR sehr wohl in Konkurrenz zu den Privaten. Der Zuschauer kann ja einfach umschalten, wenn ihm das ÖR-Programm nicht gefällt. Tun das allzu viele allzu regelmäßig, dann steht der ÖRR politisch auf dem Prüfstand, so schnell kann man gar nicht gucken. Über Sinn und Zweck des ÖRR wird ja bereits seit vielen Jahrzehnten immer wieder gern diskutiert, Reformvorschläge reichen von einem Abo-Modell für Interessierte (was dem ÖRR das 'Ö' nehmen und aus dem Ding letztendlich einen Privatsender machen würde - wer braucht das?) bis hin zur völligen Abschaffung.
Besonders pikant dabei ist, dass ja gerade die von den Unterzeichnern des Manifests geforderten Verbesserungen: mehr Lokales, mehr Eigenrecherche, und zwar gründlich, weg von der Oberfläche in Journalismus und Kultur, exakt die üblen Kostentreiber sind. Der ÖRR würde empfindlich teurer und gleichzeitig unbeliebter, denn Tiefgang und Popularität schließen einander aus.
Seit Beginn des Privatfernsehens in Deutschland steht der ÖRR in dem oben skizzierten Spannungsfeld. Die Strategie war bislang, Privatformate aufzugreifen und anzureichern (in den 90ern z.B. "Streit um Drei" als Alternativangebot zu "Richterin Barbara Salesch" - weniger schreiend und mit juristischen Hintergründen versehen) und Kultur mit Anspruch in Spartensender auszulagern. Das funktioniert zwar bis heute, hat aber den Charakter eines Rückzugsgefechts und bleibt ein ständiger Eiertanz - zu dem es aus meiner Sicht jedoch keine Alternative gibt.