... erhielt bei der Parlamentswahl 2014 in Mariupol knapp 40 Prozent der Stimmen, etwa 10 Prozent gingen an die ukrainischen Kommunisten, die ebenfalls die Ergebnisse des Euromaidan ablehnten." (Gulka)
Ich habe keine Ahnung woher Gulka diese Zahlen genommen hat (womöglich mal wieder von Meduza), aber die Wahlergebnisse der beiden Mariupoler Parlamentswahlkreise 57 und 58 findet man problemlos im Internet und sie weichen deutlich von Gulkas Angaben ab:
Wahlkreis 57: 61% Oppositionsblock; 6,5% KPU
> https://uk.wikipedia.org/wiki/%D0%92%D0%B8%D0%B1%D0%BE%D1%80%D1%87%D0%B8%D0%B9_%D0%BE%D0%BA%D1%80%D1%83%D0%B3_57
Wahlkreis 58: 53% Oppositionsblock; 7,2% KPU
> https://uk.wikipedia.org/wiki/%D0%92%D0%B8%D0%B1%D0%BE%D1%80%D1%87%D0%B8%D0%B9_%D0%BE%D0%BA%D1%80%D1%83%D0%B3_58
Aber selbst diese Wahlergebnisse dürften die Stimmung in der Stadt nur unvollständig wiedergeben, wenn die man Wahlbeteiligung unberücksichtigt lässt. Zu den eben erwähnten Parlamentswahlen im Oktober 2014 habe ich keine diesbezüglichen Zahlen finden können, aber bei der ersten Post-Maidan-Wahl, nämlich der Poroschenko-Präsidentschaftswahl im Mai 2014, erschienen nur 14% der Wahlberechtigten Mariupols in den Wahllokalen.
> https://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%92%D1%8B%D0%B1%D0%BE%D1%80%D1%8B_%D0%B2_%D0%9C%D0%B0%D1%80%D0%B8%D1%83%D0%BF%D0%BE%D0%BB%D0%B5
Die geringe Beteiligung bei diesen Wahlen kann man nun vergleichen mit der Beteiligung am Souveränitäts-Referendum der Donezker Volksrepublik in Mariupol 14 Tage vor dieser Präsidentschaftswahl:
> https://www.youtube.com/watch?v=p4HkyNuVAog
Verwundert es da noch, dass just in diese strategisch wichtige und widerständige Industrie- und Hafenstadt im Sommer 2014 die Neonazi-Einheiten verlegt wurden, die seitdem unter dem Namen Regiment Asow bekannt sind?
Verwundert es da, dass diese Einheiten umgehend auf dem Flughafen Mariupols ein Folterzentrum errichteten?
(Näheres dazu findet man beispielsweise in den Telegram-Kanälen bei https://t.me/ukr_leaks oder https://t.me/maximgrigoryev)
Und verwundert es da noch, dass diese Einheiten im März 2022 keinerlei Probleme damit hatten, die Stadt und einen erheblichen Teil der Bevölkerung in einem absurden Verteidigungskampf zu opfern, der militärisch keinerlei Sinn machte, weil im Moment der vollständigen Einschließung der Stadt durch russische Truppen der finale Ausgang des Kampfes ohnehin entschieden war?
Vor dem Hintergrund des eben Dargelegten verstehe ich nicht, weshalb der Autor sich so sicher ist (oder sicher sein will?), dass "die von russischen Offiziellen suggerierte "Befreiung" des Donbass selbst von den wohlgesonnenen "Befreiten" nicht als solche wahrgenommen wird".
Eine so weitreichende Einschätzung kann er doch unmöglich allein auf die Aussage einer von Meduza zitierten "Alina aus Mariupol" stützen.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (14.04.2022 23:53).