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Avatar von hamburgerbude78
  • hamburgerbude78

818 Beiträge seit 31.10.2019

Re: Mal wieder: Ab ins VWL-Bootcamp!

pk schrieb am 06.03.2021 12:14:

Ein konkretes Beispiel: ... Cold Calls ... Callcenter-Sklaven .... reduzierten Mindestlohn .... Wildfremden Produkte ... die wirklich kein Mensch braucht. Der einzige Zweck der ganzen Aktion ist, ihrem Auftraggebern zu Geldgewinn zu verhelfen.

Diese ganze Auslösung von "schlechten" aus den "redlichen" Bedürfnissen funktioniert auch dann nicht, wenn man ganz viele Adjektive dazuschreibt.

Es geht um Geld. Für alle Beteiligten Deines Beispieles. Auch Du bist beteiligt, denn die wollen schlussendlich Dein Geld. Geld ist auch hier kein Selbstzweck ("Geldgewinn") sondern natürlich ein Bedürfnissubstitut.

Und nein: Eine Aktionärsdividende ist kein "schlechtes Bedürfnis" wogegen Nahrung dann ein "gutes Bedürfnis" ist. Diese Betrachtung macht der Kapitalismus nicht. Er schreibt nur einen Preis dran.

Die Linken können sich noch so sehr bemühen, überall "gut" und "schlecht" dranzuschreiben. Sie
[die Linken] haben einfach das System nicht verstanden.

Die Existenz menschlicher Bedürfnisse ist nicht treibende Kraft des Kapitalismus, sondern notwendige Voraussetzung aller Produktion, wie auch immer sie gesellschaftlich gestaltet sein mag.

Ich muss Essen, also brauche ich Geld.

Nein, ist es nicht. Mit Geld als Ware kann man in der Regel relativ wenig anfangen.

Diese Ansätze, dass das Tauschmittel ja "eigentlich nichts wert ist" führen in der Regel nirgendwo hin.

Nehmen wir mal an, du hast dich im Urlaub irgendwo im Dschungel verlaufen, und das einzige Gut, das du bei dir hast, sind Geldscheine im Wert von einer Million Euro. Sind damit alle deine menschlichen Bedürfnisse befriedigt?

Für einen Mitteleuropäer auf dem Marktplatz ist der "Wert" einer Dschungelrettung eher gering. Du kannst nicht einfach konstruierte Beispiele heranziehen und dann sagen, "Schau, das Tauschmittel bringt dir nichts".

Diese Betrachtung führt nirgendwohin.

Das ist der abstrakte Hauptzweck, aus Geld mehr Geld zu machen. Das ist ziemlich tautologisch. Wozu soll aus Geld mehr Geld gemacht werden? Natürlich um aus mehr Geld noch mehr Geld zu machen, was denn sonst?

Eben nicht. Und jetzt kommen wir zum Kern des Pudels. Am Ende der Kausalkette steht immer einer, der sich das iPhone aus China kaufen will und dafür Kaufkraft in die USA transferieren muss.

"Geld des Geldes wegen" ist eine Kausalkette, der sich gerne Linke bemühen um dann so einen Schmuh wie "Mietendeckel", "Reichensteuern" und dergleichen durchzudrücken.

Bevorzugt mit - wie oben bereits erklärt - ganz vielen Adjektiven. Z.B. von den "gieriegen Vermietern", die das ja "alles nur des Geldes wegen machen".

Das ist, entschuldigung, hochgradig naiv.

Der Markt definiert nicht den Wert, sondern er setzt den Wert als gegeben voraus und verhandelt stattdessen den Preis, der nicht nur vom Wert sondern auch von anderen Marktfaktoren abhängt wie Angebot und Nachfrage.

Nein! Der Markt hat als allererste Funktion die Preisfindung. Danach kommen Dinge wie effiziente Ressourcenallokation, etc. Wert ist das, was der Markt an das Produkt oder die Dienstleistung dranschreibt.

Das funktioniert sogar seit 2008 noch, als man die Eurozone und den USD-Raum zum Staatskapitalismus umgewandelt hatte.

Wenn man nicht mal zwischen Gebrauchswert, Tauschwert und Preis zu unterscheiden weiss, wird man in der Diskussion darüber, was Wert ist und was er für die Ökonomie bedeutet, nicht weit kommen. Das war so in etwa Stand der Diskussion vor 200 Jahren.

Die Diskussion hat sich verkürzt. Heute steht ein Produkt im Laden, da ist KEINE menschliche Arbeitsstunde drin gebunden. Beispiel Lego. 100% automatisierte Fabriken.

Jegliche Betrachtung, die Marx bezüglich dieses Gutes machen würde sind buchstäblichg obsolet.

Das Produkt wurde von Robotern gebaut und wird gekauft durch Kaufkraft, die die Zentralbank in den KReislauf gepresset hat. So pervertiert ist das System mitlerweile.

Nur:
Der Kapitalismus kann auch hier noch wunderbar arbeiten.

Nein, es ist völlig normal, dass eine entwickelte Ökonomie alle paar Jahre in Krisen schlittert, das muss so sein. Das ist Naturgesetz. Das lässt sich grundsätzlich nicht vermeiden. Dass es in den reichsten Ländern der Erde unfreiwillige Obdachlose gibt, dass Leute nach 40 Jahren Arbeit wegen einer Krankheit in Hartz IV abgeschoben und zwangsenteignet werden, das ist alles völlig normal. Dass Krankenpfleger trotz 70Stundenwoche kaum genug Geld für ihre Miete haben, das muss so sein. Dass trotz immer weiter fortschreitender Technologie die Profitrate bei Waren immer weiter zusammenschrumpft und deshalb immer mehr produziert werden muss, um dieselben Gewinne zu erzeugen, das ist halt so, ist völlig gewollt und wir dzu einer glänzenden Zukunft führen.

Das sind zum Teil gesellschaftliche Themen, die mit dem Kapitalismus wenig zu tun haben. Der hat überhaupt nicht zum Ziel, dass alle glücklich sind.

Warum machen wir das dann immer noch? Warum behalten wir ein System, bei dem die Profitrate sinkt?

Antwort: Weil wir kein Besseres haben. Auch Du kennst keines.

Es hat überhaupt niemand behauptet, dass der Markt "falsche" Preise (ich übersetze das jetzt mal) erzeugen würde. Dass die Preise manchmal völlig aus dem Ruder geraten, liegt unter anderem an genau diesen inneren Widersprüchen des Kapitalismus, die du nicht wahrhaben willst.

Ich kenne all die Probleme des Kapitalismus. Monopolbildungen, sinkende Profitrate, Zinsenszinseffekt und Wohlstandsakkumulation, etc. etc.

Alles nicht gut.

Aber! Wir müssen mit einem völlig überbevölkerten Planeten es in den nächsten paar 100 Jahren durch den großen Filter schaffen und mindestens Multiplanetar werden. (Das Ziel, das Elon Musk gerade verfolgt).

Um das zu schaffen, brauchen wir ein ökonomisches Powerhouse und keinen aufgewärmten Sozialismus.

Wenn Du politisch das Ziel verfolgen würdest, dass wir jetzt sofort die Krankenpfleger/innen besser bezahlen und das (z.B.) den Beamten aus der Pensionskasse nehmen. Oder die GEZ dafür umverteilen....

Meine Stimme hättest Du!

Gruß

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