SoShy schrieb am 25.12.2021 17:05:
Und einfach mal ein Realitäts Check:
Da hätten wir also:
- 60 h Arbeitszeit gegen 40 h Arbeitszeit.
Realiter wäre zu fragen, wieviel seiner Arbeitszeit hat der Arbeiter z.B. um 1890 in der Automobilindustrie aufgewendet, um sein Lohnäquivalent zu erarbeiten und wie groß ist dessen Arbeitszeit heute? (inklusive der gesamten Sozialleistungen, einschließlich des Arbeitgeber-Anteils)
Nach 100 Jahren der Ausnutzung und einiger ständigen Schädigung der Arbeiter, geht es also heute dem Arbeiter deutlich besser als 1921. Aber wie kann das sein, wo doch dem Arbeiter ein ständiger Schaden auferlegt wird? Da stimmt doch etwas ganz gewaltig nicht. Da ist doch etwas ganz grundsätzlich falsch.
Natürlich hat die enorme Steigerung der Produktivität in den hochentwickelten Ländern zu deutlich mehr Wohlstand und Lebensqualität geführt als vor mehr als 100 Jahren. Auch werden heute breite Schichten der Menschen in der westlichen Welt an postkolonialer Ausbeutung beteiligt. Sei es durch Kaffee, Kakao, Kleidung oder billige Rohstoffe, wie Koltan, Bauxit, Lithium,....
Doch hat sich an den durch das Eigentum bestimmten Ausbeutungsverhaltnissen in der Welt etwas grundsätzlich qualtitativ geändert? Heutzutage werden von den Arbeitenden weltweit mehr als 1300 Milliardäre mit im Gegensatz zu früher unvorstellbarem Reichtum durchgefüttert. Wieviele Arbeitsstunden hat die Erarbeitung dieses Reichtums erfordert?
Die gehobenen Arbeitsproduktivität hat kaum zu weniger Armut und Ausbeutung in den nicht hochentwickelten Ländern geführt. Der arabische Frühling war doch vor allem auch ein Aufstand der Ausgebeuteten an der postkolonialen Peripherie kapitalistischer Zustände, der durch fundamentalistische Religionsvorstellungen schnell in die richtigen, weil ungefährlichen Bahnen, gelenkt worden ist.
Wo ist was falsch? Bei Marx jedenfalls nicht.
Womit ich nicht sagen möchte, der Kapitalismus sei nicht zu kritisieren. Aber so ist das - realistisch gesehen - Quatsch. Man muss zumindest den Nutzen der geschaffen wurde berücksichtigen. Ansonsten argumentiert man am Leben vorbei.
Marx bietet zunächst eine Analyse dieser Verhältnisse an. Erst dieses Verständnis führt zu einer produktiven Kritik der Verhältnisse. Alles andere geht am kapitalistischen Kern der ungerechten Verhältnisse vorbei.