"Staatseigentum erzeugt keine Beschäftigten, die sich als Eigentümer ihrer Produktionsmittel verhalten. Das ist eine wichtige Lehre der Geschichte der weltweiten Arbeiterbewegung."
Können Sie ein klares, überprüfbares Kriterium dafür angeben, dass sich ein Beschäftigter als Eigentümer seines Produktionsmittels verhält? Ohne ein solches Kriterium bleibt Ihre Behauptung (und die aus der Geschichte der Arbeiterbewegung gefolgerte Lehre) völlig vage.
"Tatsächlich macht der i-Markt auch die Beschäftigten nicht zu Eigentümern der Produktionsmittel, die sie gebrauchen, er macht diese nur zu Eigentümern ihrer erzeugten Produkte."
Das müssen Sie noch genauer beschreiben. Was sind die Produktionsmittel auf dem i-Markt? Z.B. Computer, Tools für die Entwicklung von Software, Arbeitsräume, in denen die Programmierer ihre Arbeit verrichten? Nehmen wir an, wir hätten eine vollständige Aufzählung aller IT-Produktionsmittel (dabei sollte man auch genau präzisieren, wie man hier Produktionsmittel definiert!). Ein freischaffender Programmierer benötigt für seine Arbeit alle diese Werkzeuge. Wieso ist er nicht Eigentümer dieser Werkzeuge?
Hierzu muss er investieren, um diese Werkzeuge in sein Eigentum zu überführen.
"Und aus den Ergebnissen müssen diese alle rechtlich eingegangenen Verpflichtungen erfüllen. Das zwingt diese aber, sich als Besitzer des leihweise zur Verfügung gestellten Kapitals wie Eigentümer zu verhalten."
Die Egebnisse sind, sagen wir, die Programme, die enwickelte Software, etwa bezeichnet durch SW. Selbstverständlich muss ein Programmierer, wenn er die Software SW im Auftrag erledigt, in rechtliche Verpflichtungen eingehen. Andrerseits muss er nicht unbedingt im Auftrag arbeiten, er kann die von ihm entwickelte Software ohne Aufrag auf den Markt bringen, und manche Programmierer sind dabei sogar sehr erfolgreich.
"Das vom Kollektiv der Gesellschaft bereitgestellte private Geld als Nullzinsanleihe ermöglicht erst die Gründung von Unternehmen im Organisationseigentum."
Was ist das Kollektiv der Gesellschaft? Ist Ihre Betrachtung eine Art Gedankexperimnt, bei dem Sie voraussetzen, dass das Kollektiveigentum bereits allgemein durchgesetzt sei? Wie definieren Sie Kollektiveigentum und Organisationseigentum?
"Wenn die Überschüsse aber zur Finanzierung des Gemeinwohls abgegeben werden müssen in gesellschaftliche Fonds, dann gibt es kein Interesse in den Unternehmen, den Profit künstlich zu erhöhen."
Ich verstehe, dass Sie von einer Übergangsgesellschaft sprechen. Glauben Sie, dass das Ausbleiben des Profit-Zuwachses impliziert, dass dann kein Interesse vorhanden ist, den technologischen Fortschritt weiter zu treiben? Es könnte doch sein, dass die Arbeiter (einschliesslich Wissenschaftler/Programmierer), wenn sie denn ausreichend grundversorgt wären (aus dem gesellschaftlichen Fond), aus Erkenntnistrieb die Technologie weitertreiben. Erfahrungsgemäß ist der Erkenntnistrieb und der Innovationstrieb die stärkste Kraft, Wissenschaft und Technologie voranzutreiben. In der griechischen Antike war doch ein Teil der Freien durch die Sklaven grundversorgt. Und Aristoteles und Platon - als Beispiel - haben ihre Werke als Lebensinhalt geschaffen, ohne an irgenwelche (materiellen) Zuwächse irgendeiner Art zu denken. Die Erkenntnis war Selbstzweck, und die Erkenntnis irgendwelchen anderen Zwecken unterzuordnen, war ein Zeichen der Barbaren.
"China hat die kulturelle Reife für dieses Modell noch nicht erreicht bei der Menge an Wanderarbeitern und Menschen, die ihre Arbeit als Ausbeutung erleben, eben als verlängerte Werkbank ausländischer Kapitalunternehmen."
Ich verstehe, dass Sie ein gewisses Modell entwickeln, das vielleicht als Übergang in eine neue Gesellschaft dienen kann. Das sollten Sie aber Anfang an ganz deutlich sagen, denn Ihre bisherigen Darstellung enthält doch viele Lücken! Das ist nicht als Kritik zu verstehen, denn solche Vorschläge sind sehr komplex und erfordern vieleicht sogar eine Zusammenarbeit mehrerer Interessenten, sagen wir, im Rahmen eines (freiwilligen) Arbeitskreises.
"Von einer freien Gesellschaft, die auch besser produziert und lebt, habe ich andere Vorstellungen."
In diesem Punkt unterscheiden wir uns grundlegend. Ich betrachte nicht nur den Ist-Zustand des gegenwärtigen China (da stimme ich Ihnen teilweise zu), sondern sehe vor allem das gewaltige Potential für die Zukunft. China hat Millionen Menschen aus der totalen Armut befreit, und dieser Prozess wird beschleunigt fortgesetzt. Und solange die Richtlinienkompetenz in den Händen der kommunistischen Partei liegt, glaube ich nicht, dass China in den Kapitalismus zurückfallen wird.