Mit dem Intendierten, Gemeinten kann man ganz einverstanden sein, an den Begrifflichkeiten aber muss noch gearbeitet werden. Vermutlich liegt das Problem im nur zum Teil tauglichen Versuch begründet, Marx oder gar Engels für den heutigen ökologischen Diskurs zu retten.
Die Zerstörung der Natur hat mithin denselben ökonomischen Grund wie die Zerstörung der Arbeitskraft: den grenzenlosen Drang des Kapitals zur größtmöglichen Ausbeutung der Arbeiter.
Umstandslos von 'Naturzerstörung' zu reden, ist missverständlich. Wie auch Netzsch selbst erwähnt, ist Natur als solche unzerstörbar. Man könnte von Naturdegradierung sprechen, da unzweifelhaft der jeweilige Endzustand im Vergleich zur Ausgangslage eine Reduktion ökologischer Komplexität darstellt, bei gleichzeitiger Zunahme der Entropie. Überhaupt kann der Entropie-Begriff, wie Riffkin in einem der älteren seiner Bücher, wenn auch nicht ganz überzeugend dargestellt hat, für die Charakterisierung der Veränderung fruchtbringend herangezogen werden.
Hier bedeutet "Ausbeutung" also weiter nichts als "Verwendung" oder "Zugriff", und das kann nicht per se als etwas Schlechtes betrachtet werden, denn ohne es wäre menschliches Leben überhaupt nicht möglich.
Das nun ist keine adäquate Beschreibung, denn der 'Zugriff' ist ein subtrahierender, es ist nachher weniger da als vorher und da die Vorräte an begehrten Stoffen nicht unendlich sind, irgendwann gar nichts mehr. Menschliche Arbeitskraft kann sich regenerieren, Phosphatvorräte z. B. nicht. Insofern wäre hier eher ein Vergleich mit einem Nazi-Arbeitslager angezeigt, als mit Lohnarbeit.
Die Menschheit schöpft aus dem Vollen als könne es nie leer werden. Dass diese Prämisse nicht zutrifft, zeigte sich in Einzelfällen schon im Altertum, etwa wenn eine komplette Insel abgeholzt war, und in jüngster Zeit immer öfter. Die Effekte dieses rücksichtslosen Aufbrauchens - im Fall von Lebewesen, etwa Fischen kann man von Überausbeutung sprechen - gehen aber über das schiere Leeren der Vorräte hinaus. Es treten systemische Veränderungen auf, die die menschlichen Lebensgrundlagen alterieren, qualitativ beeinträchtigen. Das bekannteste, aber bei weitem nicht einzige Beispiel dafür ist die Klimaerhitzung. Diese Effekte sind es, die die existenzielle Gefahr konstituieren, der sich die Menschheit zunehmend gegenübergestellt sieht und die bei Marx und Engels wohl - ich kann es nicht sicher sagen, vermute es aber stark - nicht reflektiert sind.