Da kommen üblicherweise schnell Vorwürfe wie "Verharmlosung", "Relativierung", in erster Linie, wenn es um den nationalsozialistischen Holocaust an den Juden geht. Dass es da um Aufmerksamkeitsökonomie geht, weiß im Grunde jeder, traut sich aber keiner zu sagen.
Vor allem in der Praxis ist sowas extrem schädlich: Russland plant in der Ukraine eindeutig Genozid, was u.a. in dem Artikel "Was Russland mit der Ukraine tun sollte" von Timofey Sergeytsev in RIA Novosti konkretisiert wurde. Es werden darin eindeutig Kriegsverbrechen und Massenmorde propagiert, den Überlebenden soll jegliche ukrainische Identität ausgelöscht werden. Aktuell wird das auch schon in besetzten Gebieten mit Kriegsgräueln, Filterlagern und Verschleppung nach Sibirien umgesetzt.
Es geht also darum, einen aktuell bevorstehenden und zum Teil schon begonnenen Genozid zu verhindern, der zahlenmäßig mit der Shoah vergleichbar sein könnte, wenn er "erfolgreich" durchgeführt wird. Und genau dann, wenn man die aktuellen russischen Haltungen und Pläne mit dem Nationalsozialismus vergleicht, kommen gewisse Leute schnell mit Geschrei wegen angeblicher "Verharmlosung" und "Nazi"-Beschimpfungen. Wohlgemerkt, wo es nicht um historische Gegebenheiten geht, sondern um aktuell zu verhindernden Völkermord. Die absurden Verwendungen des "Nazi"-Begriffs in der russischen Propaganda sind noch mal ein anderes Thema.
Ein makabres Detail gibt es noch am historischen Nationalsozialismus: der industrielle Massenmord wurde gerade deswegen durchgeführt, weil man den eigenen Soldaten und Einsatzgruppen keine sadistische Mordlust zutraute, wie sie die meisten anderen Völkermorde prägt. Gerade das, was nach gängigem Dogma die Einmaligkeit ausmacht, ist also sogar Indiz, dass man von den Tätern ein hinderliches, höheres moralisches Niveau erwartete, das man durch technische und organisatorische Erleichterung zu umgehen trachtete.