„Und wäre dann nicht von den Medien selbst auch ihre eigene Rolle kritisch zu beleuchten? Schließlich ist es ihre Aufgabe, Meinungsvielfalt und Kritik öffentlich zu machen. “
Was soll von den deutschen Qualitätsmedien schon groß kommen? Blätter wie Spiegel, Süddeutsche, Tagesspiegel, taz, ZEIT, FR, FAZ (die Liste ließe sich sicherlich fortsetzen) und ihre jeweiligen Online- und Bewegtbild-Ableger waren politisch nicht unerfolgreich, insoweit sie nämlich fast drei Jahre lang – als Transmissionsriemen von Regierungspolitik – für Akzeptanz von tiefen Grundrechtseingriffen sorgten. Sehr brav, aber nicht ihre Aufgabe.
Journalistisch war es ein Komplettversagen nahezu der gesamten deutschen Medienlandschaft, ÖRR natürlich eingeschlossen. Da gab es kaum Auf-den-Zahn-Fühlen, kaum professionelles Misstrauen gegenüber Autoritäten, kaum Bemühen, den Diskurskorridor breit zu halten, kurz: kaum vierte Gewalt. Ein grundtrauriges Bild.
Und da eine selbstkritische, Ross und Reiter nennende Evaluation nicht stattfindet, werden die deutschen Qualitätsmedien sich auch bei der nächsten Krise als Bewahrer der einzig gültigen Deutung gerieren können, indem sie ihre Rolle als bessere Regierungserkärer erfüllen, boulevardeske Kampagnen gegen „Schuldgruppen“ lancieren und viel Personenkult um Kurs-treue Persönlichkeiten betreiben, auf denen ihr Segen liegt.
Ich würde gerne noch ergänzen, dass es ein paar deutschsprachige Medien gab, die journalistische Distanz wahrten oder sich (z.T. spät, aber immerhin) freischwammen von Regierungsnähe und ihre Resilienz wiederentdeckten: In meiner Wahrnehmung waren das Berliner Zeitung, NZZ, Freitag und Welt. Telepolis lasse ich mal außen vor, ich will mich nicht anbiedern.