... man sich in interpretationsfähigen Detailfragen und Meinungen verliert und damit den Blick für grundlegende Fragestellungen verliert.
Was ich konkret meine: man muss (ausgehend von einer bestimmten Problemstellung) zunächst feststellen, welche relevanten Tatsachen objektiv bekannt sind und als allgemeingültig anerkannt werden. Eine Diskussion über die Machbarkeit einer Reise zum Mars z.B. wird regelmäßig in unproduktiven Streit enden, wenn sich die Diskussionsteilnehmer nicht einmal einig sind, ob die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde kreist. Bevor also eine wie auch immer aussehende "Aufarbeitung" der "Corona-Thematik" erfolgen kann, sollte man sich zurückbesinnen (und zwar alle Seiten), was denn an allgemein anerkannten Tatsachen bekannt ist. Und ja, es wird immer Einzelmeinungen geben, die auch diese anzweifeln (z.B. wird man sicher Personen finden, die ernsthaft behaupten, dass die Sonne um die Erde kreist). Nur kann man mit diesen eben nicht direkt in eine Diskussion über die beabsichtigte Thematik (z.B. Machbarkeit einer Reise zum Mars) einsteigen, sondern muss zuvor eine gemeinsame Diskussionsgrundlage schaffen.
Gleiches gilt für die "Corona-Thematik": welche allgemein anerkannten Tatsachen liegen denn vor?
1) es gibt SARS-CoV-2
2) dieses Virus ist eine potentielle Gefahr für die Gesundheit des jeweiligen Individuums
3) überwiegend betroffen ist die Personengruppe der über-60-jährigen Menschen
4) im Allgemeinen können Impfungen zumindest dabei helfen eine bestimmte Krankheit einzudämmen / auszurotten
5) im Allgemeinen verhindert die Isolation Erkrankter die Übertragung auf Andere
6) "weitere" ...
Nachdem man nun die Diskussionsgrundlage gefunden hat, kann man in detailliertere Fragestellungen eintauchen, z.B. wie hoch ist das individuelle Risiko des Virus? Wie hoch ist das gesamtgesellschaftliche Risiko des Virus, wenn sich viele gleichzeitig damit anstecken? Ist eine Impfung im Allgemeinen gegen dieses spezielle Virus als Lösung denkbar? Ist ein konkret entwickelter Impfstoff hilfreich in der Bekämpfung des Virus? ... Hier sind im Prinzip unendlich viele Fragestellungen möglich, die sich teilweise überschneiden oder gegenseitig beeinflussen können.
Eine "Aufarbeitung" des Geschehenen kann aber in jedem Fall erst erfolgen, wenn die spezifische Frage auf Grundlage allgemein anerkannter Tatsachen so hinreichend übereinstimmend beantwortet wurde, dass bestimmte Lösungsansätze als definitiv richtig oder falsch geklärt sind. Alles andere ist lediglich eine Fortsetzung der Diskussion, jedoch keine Aufarbeitung.
Und genau deswegen kann eine generelle "Aufarbeitung" der "Corona-Thematik" (noch) nicht erfolgen, weil zu viele Fragen unbeantwortet sind. Unabhängig davon können aber Einzelaspekte "aufgearbeitet" werden. So z.B. das Thema "Impfpflicht". Diesbezüglich kommen als allgemein anerkannte Tatsachen hinzu, dass ein Deutschland temporär eine Impfung für bestimmte Berufe (kurz sog. "Gesundheitsberufe") gesetzlich verpflichtend eingeführt wurde, mit dem Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und vulnerabler Personengruppen. Die Impfpflicht für Gesundheitsberufe wurde dabei als alternativlos begründet. (Nachlesbar hier: https://dserver.bundestag.de/btd/20/001/2000188.pdf ). In der Diskussion über die Richtigkeit dieser Maßnahme kann man nun vortrefflich über die Wirksamkeit der "Corona-Impfungen" streiten. Oder man lässt es und beschränkt sich auf die unumstrittenen Tatsachen (erhöhtes Risiko durch Covid-19 für Ältere, insbesondere 60+). Und dann kommt man zu dem Schluss, dass völlig unabhängig von der Wirksamkeit der Impfungen theoretisch eine bessere Alternative zur Verfügung gestanden hätte (nämlich eine gezielte Impfpflicht für die vulnerable Personengruppe, welche sowohl den individuellen Schutz als auch den Schutz der öffentlichen Gesundheit (weil eine größere Personengruppe umfassend) besser gewährleistet hätte als die beschlossene Maßnahme). Und allein deshalb (es fälschlicherweise als alternativlos darzustellen, obwohl selbst bei Annahme der behaupteten Wirksamkeit der Impfungen eine bessere Alternative zur Verfügung gestanden hätte) liegt hier ein unbestreitbarer Fehler vor, den es aufzuarbeiten liegt. Und nochmal (um es ganz deutlich herauszustellen): der Fehler ist bereits die Darstellung als alternativlos! Jegliche weiterführende Diskussion (z.B. über die Wirksamkeit der Impfstoffe) kann diesen Fehler nicht heilen. Und hier muss die "Aufarbeitung" ansetzen.
Gefühlt besteht daran aber auf allen Seiten weniger Interesse, als vielmehr daran sagen zu können "ich hatte recht".