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  • demokratie

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re III

Mrothyr schrieb am 25. September 2006 14:54

> Nein. Aber das, was wir in Frankreich gesehen haben, war in der
> Hauptsache Mob. Denn dort wurde durchaus die Grenze zur Gewalt
> überschritten.

Das sehe ich nicht so. Zumindest sehe ich in der Sachbeschädigung
keine Gewalt.

> Ja. Demonstration läßt sich aber nicht auf Pappkameradentragen und> Winkelementeschwenken auf der Straße reduzieren.

das zumal ist unbestritten.
> Sehr sympathisch und
> wesentlich effektiver finde ich Online-Demos (wie gegen die
> Softwarepatente), da die Betroffenen sich permanent und wesentlich
> langandauernder und wahrnehmbarer artikulieren können.

Schon, nur sind Online-Demos leider zu 100% völlig wirkungslos. Das
Internet ist nunmal virtuell. Ein sehr wichtiges
Informationsaustauschsystem, das ist unbestritten, aber zum
durchsetzten demokratischer Mehrheiten taugt es nicht, weil es
ignoriert wird.


> > Wie soll man als Bürger denn sonst verhindern, das die
> > Politk einen Kurs einschlägt der einem Teil, oder gar der Mehrheit im
> > Lande nicht gefällt?

> Normalerweise sind dafür deine gewählten Volksvertreter da. Der
> Petitionsausschuß ist ebenso ein einschlägiges Mittel, um der Politik
> seine Meinung näher zu bringen. Wenn DER MEHRHEIT im Volk der
> Regierungskurs nicht zusagt, hat die Demokratie versagt, denn in
> einer Demokratie ist eigentlich die Regierun g als Vertreter der
> Mehrheit der Volksinteressen an der macht. Merkst du, was mit an
> Demonstrationen nicht zusagt? Sie sind ein Symptom des Versagens der
> demokratischen Mitentscheidungswege (und ja, sie haben versagt, mir
> reichte ein Gespräch mit meinem völlig desinteressiertem MdB, um das
> festzustellen).

Gut. Dann komme ich dir mal entgegen. Ich gebe dir recht, solange das
politische System im Sinne des Grundgesetztes funktioniert. Ich
schätze das im moment aber nicht mehr so ein. Die politischen
Entscheidungsträger und die Parteien denen sie angehören, sind völlig
von Korruption unterwandert. Parteien lassen sich mit Wahlprogramm
'A' wählen und machen nach gewonnener Wahl dann das 100%ige
Gegenteil. Äußert Büger sich verärgert darüber, muss man sich von der
Politikerkaste anhören das man sich bitteschön doch nicht so
anstellen möchte, weil Lügen in der Politk nunmal dazugehört (Daniel
Kohn-Bendit...ehemaliger linker Revolutzer). Die Medien als
Kontrollinstanz sind ebenso fest in der Hand des Konzerne. Die Justiz
ist von der Politik abhängig(Richterpositionen werden je nach
Regierungsbeteiligung politisch verteilt).
Unet diesen Bedingungen bleibt eigentlich nur noch der Weg über die
Straße. Wenn das Grundgesetz mal wieder durchgesetzt worden ist, kann
man auch wieder so agieren wie du es beschrieben hast. Momentan ist
der Zug hierfür aber abgefahren.

> Nur wenn dieser Widerstand notwendig wird,
> haben wir eine volksfeindliche, antidemokratische Regierung - und
> damit eine Perversion des demokratischen Systems. Dann reden wir auch
> nciht mehr von Demokratie, sondern von Kampf gegen ein (beginnendes)
> diktatorisches System.

Wie ich oben bereits geschrieben habe, sehe ich diese Perversion
bereits erreicht oder zumindest fast erreicht.

> > Wie kommt man, als offensichtlich diskussionsfähiger Mensch wie du,
> > zu so einer antidemokratischen Einstellung?

> Vielleicht, weil ich nie ein Demokrat im bekennenden Sinne war? Ich
> gehe da mit Heinlein: "In einer Demokratie muß jeder Mensch ein
> Aristokrat sein" (zum Verständnis: Aristokrat im aristotelischen,
> nicht im klassenkämpferischen Sinne). Ich halte die Demokratie für
> die beste Staatsform, wenn man den gemeinwohlorientierten Kompromiß
> zwischen den Individualinteressen der Bürger sucht. Aber ich sehe
> Demokratie nicht zum Selbstzweck - und bin deswegen auch kein
> Demokrat, sondern sehe mich eher als "intelligenten Egoisten", der
> das Gemeinwohl als sinnhafte Ergänzung zu seinen individuellen
> Interessen sieht und deswegen durchaus kompromißbereit und dem
> demokratischen Politiksystem zugeneigt ist. Und deswegen halte ich
> ALLE Formen der gewaltsamen Interessendurchsetzung auf der Grundlage
> individueller Machtkonzentration - egal ob von oben oder von unten -
> per se erst mal für bedenklich.

Ok, das ist ein akzeptabeler Standpunkt. Demokratie ist auch für mich
ein gelebter Kompromiß. Vor allem ist Demokratie (in der 'echten'
direkten Form) beeinflussbar und das ist für mich der entscheidende
Punkt. Jedes politische System, das sich nicht in letzter Konsequenz
gegen seine Bürger richten wenden wird, muss jederzeit durch
Mehrheiten beeinflussbar sein. Ist dieser Punkt nicht mehr gegeben
ist das System diktatorisch und dient nur noch den singulären
Interessen Weniger.


> Dies bedeutet aber auch, daß die Staatsform einer permanenten
> Anpassung an die Realität unterliegen muß, Machtkonzentrationen
> vermieden werden müssen, politische Entscheidungen möglichst wenig
> EInfluß auf meine individuelle Freiheit nehmen und die
> Entscheidungsfindung möglichst basisnah unter EInbeziehung aller
> Betroffenen (und nur dieser) erfolgt.
> Der Fehler im System liegt für
> mich mithin in der Zentralisierung dieses Konfliktes, ind er
> Konzentration der Macht auf beiden Seiten. Insofern ist für mich das
> System antidemokratisch, aber die Artikulation durch Demonstrationen
> ebenso antidemokratisch. Denn speziell der Aspekt
> "Machtkonzentration" wird zum Problem in unserer Gesellschaft - auf
> beiden Seiten. Eine logische Folge der Vertreterdemokratie und ihrer
> Verholzung, die zu einer Polarisierung der Gesellschaft (mit allen
> negativen Folgen bis hin zur Radikalisierung) führt. Deswegen mag
> meine Haltung als "antidemokratisch" scheinen - sie ist es nicht, sie
> ist nur antizentralistisch.

Moment, wo ist den eine Demonstration eine Machtkonzentration? Bei
einer Demonstration wird doch Macht nunmal erfolgreich geteilt.
Gerade eine Demonstration lässt klar und offen erkennen, wieviel
Menschen hinter einer Meinung/Position/Idee stehen. Da wird nichts
konzentriert. Bei einer Demonstration verbinden sich häufig auch
verschiedene politische Kräfte die aber eine bestimmte Idee teilen.
Daher ist für mich die Demonstration das urdemokratische Mittel
schlecht hin, der gegen deinen Aspekt der "Machtkonzentration"
erfolgreich gegenwirkt.
Der Parlamentarismus ist Konzentration, weil in dieser
Stellvertreterdemokratie ein Parlamentarier für X-Bürger entscheiden
kann und zwar ohne direkte Folgen, wenn er gegen die zu Vertretenden
entscheidet. 

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