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  • OmniBus56

mehr als 1000 Beiträge seit 24.01.2002

Da fallen mir ein paar Dinge auf...

neben den Wahrheiten, die unzweifelhaft auch vorhanden sind:

Zitat: »Auf der Ebene der Individuen untergräbt die Schaffung immer
neuer Ansprüche auf soziale staatliche Leistungen nach und nach die
Moral der Gesellschaft.«

Das stimmt zwar, aber die Schaffung immer neuer Ansprüche auf
unternehmensstützende staatliche Leistungen (Steuervorteile,
Subventionen bei Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland etc.)
untergräbt nach und nach die Moral der Unternehmen. Davon ist hier
nicht die Rede.

-

Zweitens ist der (nicht sehr) unterschwellige Tenor der, dass einen
Großteil des Problems Arbeitslosigkeit mangelnde "Anregung" der
Arbeitswilligkeit ausmache.

Da geht mir der Hut hoch!

a) Ich habe noch *nie* gelesen, dass mal wieder Zigtausende bei einem
Unternehmen gekündigt haben, um sich in die "soziale Hänegmatte zu
legen", weil das ALG I und II ja so schönes Leben ermöglichten. Es
sind *stets* die Unternehmen die aus reinem Profitinteresse ihre
Mitarbeiter selbst dann auf die Straße schicken, wenn es ihnen gut
geht (das wird manchmal sogar als besonders sozial hingestellt, weil
es gut dotierte (zu versteuernde!!!) Abfindungen ermöglicht).

b) Weiß ich von keinem Mitarbeiter der Agentur für Arbeit, der sich
mit einem überquellenden Schreibtisch voller verzweifelter Schreiben
von Personalverantwortlichen herumquält, weil diese händeringend nach
Mitarbeitern suchen und sich "das faule Pack nicht aus der sozialen
Hängematte vertreiben ließe". Hingegen gibt es schon mal Sprüche von
Personalverantwortlichen wie: "Wir haben hier doch keine
Altenbetreuung" wenn ein Bewerber aus der Gruppe Ü45 stammt.

c) Ich weiß natürlich, dass es auch "faules Pack" gibt. Aber das ist
eine verschwindende Minderheit. Wenn dieser Anteil wächst, dann
deshalb, weil man nur ein gewisses Maß an Frustration erträgt.
Irgendwann nach dem x-100sten Bewerbungsschreiben oder ernüchternden
Bewerbungsgespräch finden sich die von der Gesellschaft vor lauter
"Fortschritt" und "Arbeitserleichterung" vergessenen Unqualifizierten
(die oft genau diese "weg-erleichterten" Jobs belegt hatten) mit der
Lage ab, nie mehr einen Job zu finden. Wenn man die Menschen dann zu
weiteren -mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit- sinnlosen
Vorstellungsgesprächen schicken will, kann ich deren "Leck mich..."
Einstellung verstehen.

Wie oft kann man es aushalten, "un(ter)qualifiziert" -mit anderen
Worten "unbrauchbar"- genannt zu werden, oder einen Lohn angeboten zu
bekommen, mit dem man kaum seine Miete im "sozialen Wohnungsbau"
geschweige seinen Lebensunterhalt bestreiten kann? = Deine Leistung
ist nicht mal soviel wert, wie dein bloßes menschenwürdiges(?) Leben
kostet. Da fallen mir so hässliche Worte aus den "1000 Jahren" wie
"Volksschädling" und "lebensunwertes Leben" als Beschreibung für das
daraus resultierende Selbstwertgefühl ein.

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Drittens stellt er geringe Inflationsraten als ein Wert an sich dar.
Dem ist nicht so! Inflation dämpft auch das Kapitalwachstum und
mildert dadurch die unvermeidliche Vermögensschere. Und je geringer
die Inflationsrate, desto höher die Reinvestitionsrate und um so
schneller wächst das Kapital bei den Habenden.

Ein Beispiel zur Vermögensschere:

Der *relative* Unterschied zwischen einem der nur einen Cent und
einem der 100.000 Euro sein eigen nennt ist derselbe, wie wenn der
ärmere 10 Euro und der andere 100.000.000 hat. Aber wenn beide ihr
"Vermögen" verdoppeln, wird der mit den dann zwei Cent (*praktisch*
nichts hinzugewonnen) die 100.000 Euro Zuwachs anders (weniger
dramatisch) wahrnehmen, als der mit den dann 20 Euro (*praktisch*
auch nichts hinzugewonnen) die 100.000.000 Euro Zuwachs des anderen.
Denn wir nehmen die Differenzen als Klassenunterschied wahr, nicht
die Relationen.

Und dabei sind die letzten beiden nur 10 Verdopplungszüge vom
Ausgangspunkt der ersten beiden entfernt!

Und vielleicht sind es dieselben nur etwas später... Während der
Ärmere also in 11 Verdopplungszügen praktisch keinen nennenswerten
Zuwachs erfahren hat, ist der Reichere ein Superreicher geworden.
Eine Inflationsrate in gleicher Höhe wie die Zuwachsrate hätte aber
nicht nur das Verhältnis der Beträge, sondern auch das
Kaufkraft-Verhältnis eingefroren.

Insofern hat Inflation auch einen gesellschaftpolitisch nicht zu
unterschätzenden Beruhigungsfaktor!

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Viertens: Soweit mir bekannt ist, wird die Mindestlohnregelung in GB
im allgemeinen als Erfolg dargestellt. Allerdings ist es nicht
unternehmensfreundlich zu verlangen, dass die Mitarbeiter a) vom
erarbeiteten Gewinn etwas abbekommen und b) (s.o.) ihre Miete zahlen
können. Insofern verstehe ich seine Kritik.

-

Zusammengefasst: Herr Otmar Issing zeigt eine Einstellung, die nur
jemand haben kann, der so abgesichert über den Dingen schwebt, dass
er die wahren Probleme der einzelnen Leute unten nicht mehr
wahrnimmt, sondern nur noch den "großen Überblick" zu haben glaubt.
Ich befürchte, er glaubt tatsächlich auch noch im Recht zu sein.

Fazit: Wir sollten uns nicht zu viel von "Experten" erzählen lassen,
sondern selbst denken. (War keine Kritik an Dich!)
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