OmniBus56 schrieb am 14. September 2006 20:10
> Das stimmt zwar, aber die Schaffung immer neuer Ansprüche auf
> unternehmensstützende staatliche Leistungen (Steuervorteile,
> Subventionen bei Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland etc.)
> untergräbt nach und nach die Moral der Unternehmen. Davon ist hier
> nicht die Rede.
Stimmt.
> Zweitens ist der (nicht sehr) unterschwellige Tenor der, dass einen
> Großteil des Problems Arbeitslosigkeit mangelnde "Anregung" der
> Arbeitswilligkeit ausmache.
>
> Da geht mir der Hut hoch!
Mir nicht, weil es stimmt. Es ist allerdings kein Vorwurf an die
Personen, die lieber vom Staat leben. Für viele lohnt es sich
schlicht nicht zu arbeiten, da Transferleistungen höher sind. Dies
ist ganz besonders für bei gering qualifizierten der Fall, die nur
einen geringen Lohn selbst erzielen könnten. Dies ist jedoch
keinesfalls ein Vorwurf. Sie verhalten sich ökonomisch absolut
korrekt. Genau wie die Unternehmen, die Subventionen mitnehmen, wenn
sie angeboten werden. Wer diese "Geschenke" nicht nimmt, handelt
unökonomisch.
> a) Ich habe noch *nie* gelesen, dass mal wieder Zigtausende bei einem
> Unternehmen gekündigt haben, um sich in die "soziale Hänegmatte zu
> legen", weil das ALG I und II ja so schönes Leben ermöglichten. Es
> sind *stets* die Unternehmen die aus reinem Profitinteresse ihre
> Mitarbeiter selbst dann auf die Straße schicken, wenn es ihnen gut
> geht (das wird manchmal sogar als besonders sozial hingestellt, weil
> es gut dotierte (zu versteuernde!!!) Abfindungen ermöglicht).
Wie gesagt: Das kann man den Unternehmen nicht vorwerfen. Sie nutzen
nur die ihnen angebotenen Möglichkeiten. Es darf diese Möglichkeiten
gar nicht erst geben. Es ist schlicht schlechte Politik, die da
gemacht wurde.
> b) Weiß ich von keinem Mitarbeiter der Agentur für Arbeit, der sich
> mit einem überquellenden Schreibtisch voller verzweifelter Schreiben
> von Personalverantwortlichen herumquält, weil diese händeringend nach
> Mitarbeitern suchen und sich "das faule Pack nicht aus der sozialen
> Hängematte vertreiben ließe". Hingegen gibt es schon mal Sprüche von
> Personalverantwortlichen wie: "Wir haben hier doch keine
> Altenbetreuung" wenn ein Bewerber aus der Gruppe Ü45 stammt.
Arbeitgeber wissen doch ganz genau, dass es sich nicht lohnt, Jobs
auszuschreiben, die einen Lohn rechtfertigen, der unterhalb dessen
liegt, was mit Transferleistungen des Staats zu erzielen wäre. Der
private Sektor konkurriert mit den staatlichen Transfers, was das
Arbeitsangebot unweigerlich zurückdrängt. Diese Jobs werden dann ins
Ausland verlagert.
> c) Ich weiß natürlich, dass es auch "faules Pack" gibt. Aber das ist
> eine verschwindende Minderheit. Wenn dieser Anteil wächst, dann
> deshalb, weil man nur ein gewisses Maß an Frustration erträgt.
> Irgendwann nach dem x-100sten Bewerbungsschreiben oder ernüchternden
> Bewerbungsgespräch finden sich die von der Gesellschaft vor lauter
> "Fortschritt" und "Arbeitserleichterung" vergessenen Unqualifizierten
> (die oft genau diese "weg-erleichterten" Jobs belegt hatten) mit der
> Lage ab, nie mehr einen Job zu finden. Wenn man die Menschen dann zu
> weiteren -mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit- sinnlosen
> Vorstellungsgesprächen schicken will, kann ich deren "Leck mich..."
> Einstellung verstehen.
Es ist keine verschwindene Minderheit. Aber wie gesagt, sie verhalten
sich absolut korrekt. Das deutsche Sozialsystem bietet einfach keine
Anreize zu arbeiten und auch nicht für Unternehmen, für gering
qualifizierte überhaupt Jobs anzubieten, weil sie wissen, dass diese
zu gering entlohnt werden.
> Wie oft kann man es aushalten, "un(ter)qualifiziert" -mit anderen
> Worten "unbrauchbar"- genannt zu werden, oder einen Lohn angeboten zu
> bekommen, mit dem man kaum seine Miete im "sozialen Wohnungsbau"
> geschweige seinen Lebensunterhalt bestreiten kann? = Deine Leistung
> ist nicht mal soviel wert, wie dein bloßes menschenwürdiges(?) Leben
> kostet. Da fallen mir so hässliche Worte aus den "1000 Jahren" wie
> "Volksschädling" und "lebensunwertes Leben" als Beschreibung für das
> daraus resultierende Selbstwertgefühl ein.
Wie willst du denn ändern? Ein Lohn orientiert sich immer an den
Fähigkeiten der Person. Was also machen, wenn diese so gering sind,
dass der Lohn fürs Leben nicht ausreicht? Was vor allen Dingen mit
den Jobs machen, die nur dieses Qualifikationsprofil erfordern? Im
Moment verschwinden diese Jobs ins Ausland und damit überhaupt für
die gering qualifizierten Personen die Chance überhaupt einen Job zu
bekommen.
Langfristig hilft natürlich nur die Bildungspolitik, aber
kurzfristig? Die Unternehmen zwingen, mehr zu bezahlen als der Job
tatsächlich an Wertschöpfung erbringt (Mindestlohn)? Das wird nicht
funktionieren, denn dann verschwinden diese Jobs auch weiterhin ins
Ausland. Es kann nur über staatliche Ergänzungen laufen aber
wenigstens ein Teil sollte selbst erarbeitet werden. Und wenn der
Lohn dann nur 1-2 Euro pro Stunde beträgt, dann ist das halt so.
Andernfalls gäbe es diesen Job gar nicht und der Staat muss 100% des
Einkommens bezahlen. Wenn es gelingt, bei wenigstens
gleichbleibendem, mögichst aber steigendem Einkommen der gering
qualifizierten, diesen Anteil auf 70-80% zu drücken und den Rest aus
Lohn zu beziehen, wäre ein großer Schritt getan. Die Sachverständigen
haben übrigens dasselbe gefordert.
> Viertens: Soweit mir bekannt ist, wird die Mindestlohnregelung in GB
> im allgemeinen als Erfolg dargestellt. Allerdings ist es nicht
> unternehmensfreundlich zu verlangen, dass die Mitarbeiter a) vom
> erarbeiteten Gewinn etwas abbekommen und b) (s.o.) ihre Miete zahlen
> können. Insofern verstehe ich seine Kritik.
Gegen nichts wehren sich Gewerkschaften so sehr wie eine am
Unternehmenserfolg orientierte Vergütung.
> Zusammengefasst: Herr Otmar Issing zeigt eine Einstellung, die nur
> jemand haben kann, der so abgesichert über den Dingen schwebt, dass
> er die wahren Probleme der einzelnen Leute unten nicht mehr
> wahrnimmt, sondern nur noch den "großen Überblick" zu haben glaubt.
> Ich befürchte, er glaubt tatsächlich auch noch im Recht zu sein.
Das sehe ich nicht so. Sind denn nur Arbeitslose oder Menschen, die
von Sozialhilfe leben, glaubwürdig?
> Fazit: Wir sollten uns nicht zu viel von "Experten" erzählen lassen,
> sondern selbst denken. (War keine Kritik an Dich!)
Ganz im Gegenteil. Bitte endlich mal auf die Meinung der "Experten"
hören (so sie denn einigermaßen unabhängig von der Politik sind wie
z.B. Herr Issing). Die haben mehr Ahnung als die Schar von Lehrern,
Beamten, Rechtsanwälten, Gewerkschaftern etc., die unser Parlament
bilden.
> Das stimmt zwar, aber die Schaffung immer neuer Ansprüche auf
> unternehmensstützende staatliche Leistungen (Steuervorteile,
> Subventionen bei Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland etc.)
> untergräbt nach und nach die Moral der Unternehmen. Davon ist hier
> nicht die Rede.
Stimmt.
> Zweitens ist der (nicht sehr) unterschwellige Tenor der, dass einen
> Großteil des Problems Arbeitslosigkeit mangelnde "Anregung" der
> Arbeitswilligkeit ausmache.
>
> Da geht mir der Hut hoch!
Mir nicht, weil es stimmt. Es ist allerdings kein Vorwurf an die
Personen, die lieber vom Staat leben. Für viele lohnt es sich
schlicht nicht zu arbeiten, da Transferleistungen höher sind. Dies
ist ganz besonders für bei gering qualifizierten der Fall, die nur
einen geringen Lohn selbst erzielen könnten. Dies ist jedoch
keinesfalls ein Vorwurf. Sie verhalten sich ökonomisch absolut
korrekt. Genau wie die Unternehmen, die Subventionen mitnehmen, wenn
sie angeboten werden. Wer diese "Geschenke" nicht nimmt, handelt
unökonomisch.
> a) Ich habe noch *nie* gelesen, dass mal wieder Zigtausende bei einem
> Unternehmen gekündigt haben, um sich in die "soziale Hänegmatte zu
> legen", weil das ALG I und II ja so schönes Leben ermöglichten. Es
> sind *stets* die Unternehmen die aus reinem Profitinteresse ihre
> Mitarbeiter selbst dann auf die Straße schicken, wenn es ihnen gut
> geht (das wird manchmal sogar als besonders sozial hingestellt, weil
> es gut dotierte (zu versteuernde!!!) Abfindungen ermöglicht).
Wie gesagt: Das kann man den Unternehmen nicht vorwerfen. Sie nutzen
nur die ihnen angebotenen Möglichkeiten. Es darf diese Möglichkeiten
gar nicht erst geben. Es ist schlicht schlechte Politik, die da
gemacht wurde.
> b) Weiß ich von keinem Mitarbeiter der Agentur für Arbeit, der sich
> mit einem überquellenden Schreibtisch voller verzweifelter Schreiben
> von Personalverantwortlichen herumquält, weil diese händeringend nach
> Mitarbeitern suchen und sich "das faule Pack nicht aus der sozialen
> Hängematte vertreiben ließe". Hingegen gibt es schon mal Sprüche von
> Personalverantwortlichen wie: "Wir haben hier doch keine
> Altenbetreuung" wenn ein Bewerber aus der Gruppe Ü45 stammt.
Arbeitgeber wissen doch ganz genau, dass es sich nicht lohnt, Jobs
auszuschreiben, die einen Lohn rechtfertigen, der unterhalb dessen
liegt, was mit Transferleistungen des Staats zu erzielen wäre. Der
private Sektor konkurriert mit den staatlichen Transfers, was das
Arbeitsangebot unweigerlich zurückdrängt. Diese Jobs werden dann ins
Ausland verlagert.
> c) Ich weiß natürlich, dass es auch "faules Pack" gibt. Aber das ist
> eine verschwindende Minderheit. Wenn dieser Anteil wächst, dann
> deshalb, weil man nur ein gewisses Maß an Frustration erträgt.
> Irgendwann nach dem x-100sten Bewerbungsschreiben oder ernüchternden
> Bewerbungsgespräch finden sich die von der Gesellschaft vor lauter
> "Fortschritt" und "Arbeitserleichterung" vergessenen Unqualifizierten
> (die oft genau diese "weg-erleichterten" Jobs belegt hatten) mit der
> Lage ab, nie mehr einen Job zu finden. Wenn man die Menschen dann zu
> weiteren -mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit- sinnlosen
> Vorstellungsgesprächen schicken will, kann ich deren "Leck mich..."
> Einstellung verstehen.
Es ist keine verschwindene Minderheit. Aber wie gesagt, sie verhalten
sich absolut korrekt. Das deutsche Sozialsystem bietet einfach keine
Anreize zu arbeiten und auch nicht für Unternehmen, für gering
qualifizierte überhaupt Jobs anzubieten, weil sie wissen, dass diese
zu gering entlohnt werden.
> Wie oft kann man es aushalten, "un(ter)qualifiziert" -mit anderen
> Worten "unbrauchbar"- genannt zu werden, oder einen Lohn angeboten zu
> bekommen, mit dem man kaum seine Miete im "sozialen Wohnungsbau"
> geschweige seinen Lebensunterhalt bestreiten kann? = Deine Leistung
> ist nicht mal soviel wert, wie dein bloßes menschenwürdiges(?) Leben
> kostet. Da fallen mir so hässliche Worte aus den "1000 Jahren" wie
> "Volksschädling" und "lebensunwertes Leben" als Beschreibung für das
> daraus resultierende Selbstwertgefühl ein.
Wie willst du denn ändern? Ein Lohn orientiert sich immer an den
Fähigkeiten der Person. Was also machen, wenn diese so gering sind,
dass der Lohn fürs Leben nicht ausreicht? Was vor allen Dingen mit
den Jobs machen, die nur dieses Qualifikationsprofil erfordern? Im
Moment verschwinden diese Jobs ins Ausland und damit überhaupt für
die gering qualifizierten Personen die Chance überhaupt einen Job zu
bekommen.
Langfristig hilft natürlich nur die Bildungspolitik, aber
kurzfristig? Die Unternehmen zwingen, mehr zu bezahlen als der Job
tatsächlich an Wertschöpfung erbringt (Mindestlohn)? Das wird nicht
funktionieren, denn dann verschwinden diese Jobs auch weiterhin ins
Ausland. Es kann nur über staatliche Ergänzungen laufen aber
wenigstens ein Teil sollte selbst erarbeitet werden. Und wenn der
Lohn dann nur 1-2 Euro pro Stunde beträgt, dann ist das halt so.
Andernfalls gäbe es diesen Job gar nicht und der Staat muss 100% des
Einkommens bezahlen. Wenn es gelingt, bei wenigstens
gleichbleibendem, mögichst aber steigendem Einkommen der gering
qualifizierten, diesen Anteil auf 70-80% zu drücken und den Rest aus
Lohn zu beziehen, wäre ein großer Schritt getan. Die Sachverständigen
haben übrigens dasselbe gefordert.
> Viertens: Soweit mir bekannt ist, wird die Mindestlohnregelung in GB
> im allgemeinen als Erfolg dargestellt. Allerdings ist es nicht
> unternehmensfreundlich zu verlangen, dass die Mitarbeiter a) vom
> erarbeiteten Gewinn etwas abbekommen und b) (s.o.) ihre Miete zahlen
> können. Insofern verstehe ich seine Kritik.
Gegen nichts wehren sich Gewerkschaften so sehr wie eine am
Unternehmenserfolg orientierte Vergütung.
> Zusammengefasst: Herr Otmar Issing zeigt eine Einstellung, die nur
> jemand haben kann, der so abgesichert über den Dingen schwebt, dass
> er die wahren Probleme der einzelnen Leute unten nicht mehr
> wahrnimmt, sondern nur noch den "großen Überblick" zu haben glaubt.
> Ich befürchte, er glaubt tatsächlich auch noch im Recht zu sein.
Das sehe ich nicht so. Sind denn nur Arbeitslose oder Menschen, die
von Sozialhilfe leben, glaubwürdig?
> Fazit: Wir sollten uns nicht zu viel von "Experten" erzählen lassen,
> sondern selbst denken. (War keine Kritik an Dich!)
Ganz im Gegenteil. Bitte endlich mal auf die Meinung der "Experten"
hören (so sie denn einigermaßen unabhängig von der Politik sind wie
z.B. Herr Issing). Die haben mehr Ahnung als die Schar von Lehrern,
Beamten, Rechtsanwälten, Gewerkschaftern etc., die unser Parlament
bilden.